096 — Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert

096 — Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert

»Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen?« Wer könnte diese Frage besser beantworten als der Gesprächspartner der heutigen Episode? Vince Ebert ist Diplom-Physiker und Kabarettist seit über 25 Jahren. In der ARD moderierte er jahrelang...
60 Minuten
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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

Beschreibung

vor 1 Woche

»Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie beizukommen?« Wer
könnte diese Frage besser beantworten als
der Gesprächspartner der heutigen Episode?


Vince Ebert ist Diplom-Physiker und Kabarettist seit über 25
Jahren. In der ARD moderierte er jahrelang die Sendung „Wissen
vor Acht“. Seine Bücher sind Bestseller und verkauften sich über
eine Million Mal. Außerdem ist er ist einer der gefragtesten
Vortragsredner Deutschlands.


Wie kommt es, dass sich Vince Eberts Weg von Naturwissenschaft
und Physik ins Kabarett und zum beliebten Vortragsredner,
"Hofnarren" (wie er es selbst bezeichnet) entwickelt hat? Ist
eine solide naturwissenschaftliche Ausbildung eine gute Basis für
die meisten Anforderungen, die die moderne Gesellschaft stellt?


»Ich habe nach dem Studium als Unternehmensberater gearbeitet.
Als Physiker verstehen sie von Beratung genauso wenig wie wie ein
BWLer auch, dafür in der Hälfte der Zeit.«


Steht heute zu häufig Wunschdenken vor Fakten, und hilft das
naturwissenschaftliche Denken bei diesen Problemstellungen? Aber
können wir die Welt wirklich rational erfassen? Welche Rolle
spielen emotionale Bewertungen in der modernen Welt? 


»The only law of history is the law of unintended consequences«,
Niall Ferguson


Darf ein Politiker/Manager die Komplexität der Welt benennen oder
muss er sie ignorieren? Muss er Sicherheit versprechen, wo keine
ist? Was macht einen guten und (das könnte eine gänzlich andere
Frage sein) erfolgreichen Politiker/Manager aus?


Die Liste der gefeierten Manager und Unternehmer, die nur wenige
Jahre später bankrott oder verurteilt sind, ist groß und reicht
von Jeffrey Skilling und Bernie Ebbers bis zu Elizabeth Holmes
und Sam Bankman-Fried. Haben wir Schwierigkeiten damit,
Führungspersönlichkeiten differenziert zu betrachten?


Andererseits hat die Covid-Krise nahegelegt, dass nur die wenigen
Experten, die differenziert und selbstkritisch gehandelt haben,
wie etwa der Schwede Anders Tegnell, ihre Vertrauenswürdigkeit
nicht verloren haben. Vielleicht hat aber auch die Covid-,
Energiewende- und Wirtschaftskrise die Situation verändert?


»Es ist lange Zeit nicht aufgefallen, wenn man Mist gebaut hat.«


Welche Rolle spielt (vermeintlicher) Perfektionismus im Versagen
der letzten Jahre in zahlreichen Krisen? Gibt es in der komplexen
Welt gibt es keine perfekten Lösungen, sondern immer nur
Abwägungen von Dilemmata?


Retten wir die Welt, wenn wir alle Ressourcen auf eine (wie
ausgewählte?) Krise richten? Sind wir als moderne Gesellschaft
nicht in der Lage breiter zu denken und wie kann man auf die Idee
kommen, dass man auf eine kommende Katastrophe als Gesellschaft
gut vorbereitet ist, wenn man zuvor Wirtschaft und Gesellschaft
beschädigt? Reaktion auf fast alle kommenden Krisen benötigt
funktionierende Strukturen, Kompetenz und Ressourcen.


»Der Satz, wie müssen mehr verzichten, stammt ironischerweise
immer von Menschen, die sowieso keine wirtschaftlichen Probleme
haben.«


Sind viele der aktuelle populären Aktivisten eher para-religiöse
Bewegungen? Alle religiösen »Tugenden« sind zu finden:


Verzicht,

Propheten,

man kann erlöst werden, indem man rituelle Handlungen
vollzieht,

Sinngebung erfolgt aus der Bewegung

und man ist überzeugt absolute Wahrheiten zu verkünden?



Erleben wir in der öffentlichen und politischen Diskussion einen
destruktiven Effekt durch übertriebene Moralisierung?


Was ist das neue Programm von Vince Ebert und wie spricht es die
aktuelle Situation der Gesellschaft an?


»Wir waren früher in Diskussionen schon weiter.«


Es war früher auf der Bühne, im Film, in der Kunst viel mehr
möglich. Warum machen wir in den letzten Jahren erhebliche
Rückschritte? Wieso polarisieren selbst vernünftige, normalen
Aussagen? Ist die Gesellschaft gar nicht gespalten, sondern nur
die Rezeption kleiner und an sich wenig relevanter, aber
lautstarke Randgruppen?


Wie hat sich der Begriff der Freiheit von etwa John Stuart Mill
bis heute verändert? Haben wir Angst vor Freiheit und wollen den
Staat bis in unser privates Leben entscheiden lassen?


Wie lange ist diese Vollkasko-Mentalität noch haltbar?


»Politiker behandelnd uns als wären wir 10 jährige Kinder, aber
viele von uns - das ist die bittere Wahrheit - wollen auch wie 10
jährige Kinder behandelt werden.«


So kann aber eine komplexe Gesellschaft nicht funktionieren. Was
dazu kommt: Derjenige, der etwas mit eigenem Risiko schafft wurde
langsam aber stetig zum Feindbild aufgebaut.


»Wir Deutsche können mit Freiheit schlecht umgehen.«


Mit Vollkasko-Mentalität und dem Glauben an unsere unbesiegbare
Überlegenheit werden wir die Zukunft nicht bewältigen.


»Vor zwanzig Jahren hat China noch kopiert, inzwischen haben sie
diese Stufe überschritten […] Es ist bei vielen Leuten in
Deutschland immer noch nicht angekommen, dass wir in einer
immensen Wirtschaftskrise stecken.«


Es scheint, wir leben hier in mehreren Realitäten und große Teile
der Elite kapseln sich in von der Realität immer stärker
entkoppelten Enklaven ab.


Vince Ebert kritisiert diese Entwicklungen auch in seinem Artikel
»Vor Theoretikern wird gewarnt«. Häufig wird der Eindruck
vermittelt, wenn es am akademischen Reißbrett steht, ist es auch
möglich — und das stimmt schlicht nicht.


Ist es folglich überraschend, dass viele Menschen Vertrauen in
Expertise verloren haben, oder eher ein positives Zeichen, daß
Veränderung fordert? Gibt es einen wesentlichen Unterschied
zwischen Wissen und Expertise? Ist ein wesentlicher Teil des
Problems, dass es für akademische Eliten kein »Skin in the Game«
gibt, sprich: falsche Vorhersagen haben zwar für die Gesellschaft
große Folgen, aber nicht für den falschen Propheten?


»Wenn man nur im Elfenbeinturm sitzt, kann man bestimmte Faktoren
einfach nicht abschätzen.« und dies gepaart mit »Theoretischer
Arroganz — wenn ich diese Faktoren nicht in meiner
Machbarkeitsstudie drinnen habe, dann existieren sich auch
nicht.«


Im Umfang der Nutzungsbedingungen einer simplen App hat man
früher Staatsverträge gemacht.


»Wir versuchen immer mehr uns vor Risiken abzusichern, und merken
überhaupt nicht, dass das überhaupt das größte Risiko ist.«


Zurückkommend auf das Dürrenmatt-Zitat. Ist der heutigen Welt nur
mehr mit der Komödie beizukommen und besteht die Gefahr in den
Zynismus abzugleiten?


Zum Abschluss: Vergessen Sie nicht, das neues Programm von Vince
Ebert: Vince of Change zu besuchen!


Referenzen


Andere Episoden


Episode 92: Wissen und Expertise Teil 2

Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit
Prof. Ehrmann und Prof. Sommer

Episode 90: Unintended Consequences (Unerwartete Folgen)

Episode 88: Liberalismus und Freiheitsgrade, ein Gespräch mit
Prof. Christoph Möllers

Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David
Zimmermann

Episode 81: Energie und Ressourcen, ein Gespräch mit Dr. Lars
Schernikau

Episode 80: Wissen, Expertise und Prognose, eine Reflexion

Episode 76: Existentielle Risiken

Episode 74: Apocalype Always

Episode 62: Wirtschaft und Umwelt, ein Gespräch mit Prof.
Hans-Werner Sinn



Vince Ebert


Vince Ebert Webseite

Vince Ebert Programm/Tour

Vince Ebert, Lichtblick statt Blackout: Warum wir beim
Weltverbessern neu denken müssen, dtv (2022)

Vince Ebert, Unberechenbar: Warum das Leben zu komplex ist,
um es perfekt zu planen

Vor Theoretikern wird gewarnt, Rowohlt (2016)



Fachliche Referenzen


ReasonTV, The Truth about Swedens Covid-Policy (2023)

Niall Ferguson on Regulation (2023)

John Stuart Mill, On Liberty, Projekt Gutenberg (1859)

Konrad Paul Liessmann, Lauter Lügen, Paul Zsolnay Verlag
(2023)

Thomas Sowell, Intellectuals an Society, Basic Books (2012)

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