#12 Was passiert, wenn man seine Muttersprache verliert? Autorin Carolina Schutti zu Gast beim “K”

#12 Was passiert, wenn man seine Muttersprache verliert? Autorin Carolina Schutti zu Gast beim “K”

Das K - Der Tiroler Podcast für Kunst und Kultur
30 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren
Carolina Schutti ist eine der spannendsten Autorinnen des Landes.
In unserer Mai-Ausgabe sprechen wir über ihren aktuellen Roman,
ihre Lesung beim Bachmannpreis, die Vorzüge Innsbrucks und wie wir
Menschen mit Scherbenhaufen umgehen. Sie ist Trägerin des
Literaturpreises der Europäischen Union, Autorin von sechs Büchern,
die in mehrere Sprachen übersetzt wurden und war letztes Jahr eine
der Auserwählten, die bei den Tagen der Deutschen Literatur
vorgelesen haben. Carolina Schutti ist längst kein Geheimtipp mehr
und eine der interessantesten Stimmen der heimischen Literatur. Im
Gespräch mit dem K erzählt uns die Innsbruckerin, wie man über
Literatur sprechen sollte, wie man die Sprache verliert und
wiederfindet und warum Neubeginne eine gefährliche Sache sind. Als
Carolina Schutti sich für das K ans Mikro setzt, ist sie
“tiefenentspannt”. Immerhin hat sie gerade ihren faszinierenden
neuen Roman “Der Himmel ist ein kleiner Kreis” veröffentlicht.
Durch die Einschränkungen der Reisefreiheit hat sich im Leben der
häufig reisenden Schriftstellerin einiges grundlegend verändert.
“Ich habe eine tiefe Verbundenheit zu kargen Landschaften. Ich sehe
in Schönheit in der Abwesenheit von allem Überfluss”, erzählt die
Schriftstellerin über die Schauplätze ihrer Bücher. “Der Himmel ist
ein kleiner Kreis” regte Carolina Schutti an, zwei Arten von
Freiheit zu unterscheiden. Wäre die Freiheit gerade unbegrenzt,
dann würde Carolina gerade am liebsten nach Italien reisen.
Carolinas Roman “Einmal muss ich über weiches Gras gelaufen sein”
handelt vom Verlust der Sprache – etwas, das die Autorin am eigenen
Leib erfahren hat. “Ich bin Zufallstirolerin”, sagt sie. Ihre aus
Polen stammenden Eltern haben bis zu ihrem fünften Lebensjahr
ausschließlich polnisch mit ihr gesprochen. Heute versteht und
spricht sie die Sprache nicht mehr. Eine ähnliche Erfahrung machte
Literaturnobelpreisträger Elias Canetti, über den Carolina
promovierte. Seinen Sprachverlust dokumentierte er im
autobiografischen Band “Die gerettete Zunge”. Carolina ist im
Olympischen Dorf in Innsbruck aufgewachsen und findet, dass sich
Innsbruck seitdem grundlegend verändert hat. Sie schätzt die Stadt
heute als Ort der Kultur und der greifbaren Natur. “Ich brauche die
Natur um mich wie die Luft zum Atmen”. Für eine Grundsatzdiskussion
sorgte ein Text von Carolina, den sie bei den letztjährigen Tagen
der Deutschen Literatur vorlas. Auch wenn ihre Literatur
weltumspannend ist, schätzt Carolina als Literaturwissenschaftlerin
die regionale Literaturgeschichte. Auf Spaziergängen um den
Mühlauer Friedhof (wo Georg Trakl und Ludwig Ficker begraben
liegen) sammelt sie Inspiration und schnappt frische Luft. Ihre
Geschichten beschreibt Carolina gerne als “Scherbenhaufen”: “Unsere
Welt wäre viel besser, wenn wir mit Graustufen umgehen könnten.”
Zum Schluss diskutieren wir darüber, ob Neubeginne etwas Gutes sind
und ob Carolina einen Corona-Roman schreiben wird.

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