Kai Diekmann über "Bild", Boulevard-Mechanismen und den Tod.

Kai Diekmann über "Bild", Boulevard-Mechanismen und den Tod.

"Ich war Bild": Ex-Bild-Chefredakteur Kai Diekmann im Interview von Markus Trantow
48 Minuten
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Beschreibung

vor 11 Monaten
Kai got the Feeling: “Mitunter schmerzt” Kai Diekmann die
Entwicklung, die “Bild” unter seinen Nachfolgern genommen hat. “Ich
würde mir wünschen, dass Bild mit eigenen Schlagzeilen glänzt und
nicht ständig in nicht so hübschen Schlagzeilen steht”, sagt der
Rekord-Chefredakteur von Springers Boulevard-Blatt zum Auftakt der
turi2 Markenwochen im Podcast-Interview. Mit öffentlichen
Ratschlägen hält sich der Mann, der seine Autobiografie mit “Ich
war ‘Bild'” überschrieben hat, im Gespräch mit turi2-Chefredakteur
Markus Trantow aber zurück. Das gilt auch für Ratschläge in
Richtung seines früheren Konzernchefs, der zuletzt damit leben
musste, dass peinliche SMS- und Chat-Nachrichten veröffentlicht
wurden. “Mathias Döpfner braucht meinen Rat nicht. Aber wenn mein
Rat gefragt ist, stehe ich zu Verfügung.” Für den Chef des
Konzerns, in dem “Bild” erscheine, sei es schwieriger, zu
argumentieren, dass Privates privat bleiben müsse. Manchmal sei
“Privates eben auch politisch”. In seinen über 30 Jahren bei
Springer und 16 Jahren als “Bild”-Chefredakteur habe er keine
“solchen Nachrichten” erhalten oder Einflussnahme des Verlags auf
seine Arbeit erlebt – mit einer Ausnahme: Damals wollte ein neuer
Anzeigenleiter ein unfallfreies Werbeumfeld für einen neuen
Automobil-Kunden schaffen. Diekmann berichtet, wie er diesen Wunsch
mit einer ganzen Seite voller Autounfälle gekontert hat. Außerdem
geht es in dem Gespräch um die Mechanismen des Boulevards, etwa
Absprachen zwischen Redaktion und Protagonistinnen über die
Freigabe von Zitaten hinaus, Diekmanns Liebe zur Marke “Bild” und
seine Freundschaft mit Helmut Kohl. Die Begegnung mit dem Leichnam
des Altkanzlers habe sein “Verhältnis zum Tod komplett verändert”.
“Wir machen als Gesellschaft einen Fehler, indem wir den Tod aus
unserem Alltag wegindustrialisiert haben”, findet Diekmann heute.
Früher als Reporter, als “Bild”-Chef und im Privaten habe er den
Anblick von Toten immer vermeiden können. Über die Feinde, die er
sich in seinem Journalistenleben gemacht hat, wolle Diekmann sich
nicht definieren: “Ich bin kein Streithammel”, sagt er und nennt
sich “im Grunde meines Herzens harmoniesüchtig”. Dennoch habe er
sich “für die richtige Sache” und für die Marke “Bild” gerne
gerauft. Auch müsse er als Gesicht der mächtigsten Medienmarke in
Deutschland damit leben, dass es immer Menschen gebe, die ihm “in
herzlicher Abneigung verbunden” seien. Heute blickt Diekmann als
PR-Unternehmer auf die Medienlandschaft. Er wundert sich, dass
manche bekannte Mandate seiner Agentur Storymachine, die
üblicherweise über ihre Kunden schweigt, skandalisiert würden:
Unternehmen, die sich bei ihm melden, bräuchten eben oft Hilfe. Er
vergleicht seine Arbeit mit dem Beruf seines Vaters, der als
Strafverteidiger “Mörder und Verbrecher” verteidigt hat, und mit
dem oft blutigen Job eines Unfallchirurgen.

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