#148 Timm Duffner - Radikal soziales Müsli

#148 Timm Duffner - Radikal soziales Müsli

46 Minuten

Beschreibung

vor 1 Jahr

Wer gibt Menschen mit Suchtgeschichte, Ex-Knackis,
Alleinerziehenden und Menschen mit Migrationshintergrund schon
eine Chance auf Arbeit? Die hässliche Wahrheit ist: Wer
mehr als ein solches „Vermittlungshemmnis“ hat, bleibt in aller
Regel überall draußen. Überall? Nein! In Lüneburg steht eine
Müslirösterei, die extra gegründet ist, um Menschen eine Chance
zu geben. Timm Duffner ist einer der Gründer von HEYHO. Er sagt:
Wir stellen keine Menschen ein, um Hafer zu rösten, wir rösten
Hafer, um Menschen einzustellen.  


Timm hat eine Karriere im Lebensmittelmarkt hinter sich, war
Deutschlandchef von Ben & Jerry’s. Hier liegt eine Wurzel von
HEYHO. Über das Eis kannte er die Greyston Bäckerei, die Ben
& Jerry’s mit Brownies beliefert. Die Bäckerei ist berühmt
für ihre Open Hiring-Policy: Jede Person, die einen Job will,
bekommt eine Chance zu arbeiten. Es gibt weder Hintergrunds- noch
Vorabprüfungen. Wenn eine Stelle frei wird, bekommt sie die
nächste Person auf der Warteliste, ohne dass Fragen gestellt
werden. Die drei Gründer von HEYHO hatten – unabhängig
voneinander – genau diese Geschichte im Kopf. Einmal diese
Gemeinsamkeit realisiert, haben sie drei Tage später ihr
Unternehmen gegründet. Mit dabei die Selbstverpflichtung:
Mindestens ein Drittel der Belegschaft hat „multiple
Vermittlungshemmnisse“. Inzwischen ist die Quote längst
höher.  


HEYHO ist ambitioniert. Nicht nur sollen sie die
Integration vollbringen, an der fast alle sozialen und
öffentlichen Angebote scheitern: Menschen wieder echte Teilhabe
zu ermöglichen. Timm will mit HEYHO darüber hinaus einen
Arbeitsplatz schaffen, der allen guttut. Für Menschen, die über
Jahre lautstarke Standpauken als einzige Form des
Feedbackgesprächs kennengelernt haben. Für Menschen, die zusehen
mussten, wie der frisch unterzeichnete Arbeitsvertrag vor ihren
Augen zerrissen wurde. Für Menschen, denen wir als Gesellschaft
über Jahre und teils Jahrzehnte nachdrücklich vermittelt haben,
dass sie nicht dazu gehören. Und wenn wir schon dabei sind, für
alle anderen im Unternehmen auch.  


Timm berichtet: Einzelne Mitarbeiter stehen
täglich schon eine halbe Stunde vor Toresöffnung vor der Firma,
weil sie sich auf ihre Arbeit freuen. Welches Unternehmen kann
das bitte von sich behaupten? Bewerber kommen auch ohne
langwierige Suche in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Profitabel
ist HEYHO ohnehin. Ist HEYHO damit ein Lernprojekt für
funktionierende Teilhabe und auch Modell für eine zukunftsfähige
Arbeit? Diskutieren wir es.  


Gutes Müsli können sie jedenfalls
auch.  


Zu Gast: Timm Duffner, Gründer der sozialen
Müslirösterei HEYHO

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