Als die Pizza Chicago nach Würzburg brachte

Als die Pizza Chicago nach Würzburg brachte

In der dritten Folge von macht Hunger geht es um die Kochkünste Italiens: Gastrosoph Peter Peter erklärt den Erfolg der Pizza, den Sinn der Treppenblockade, die der Welt Slow Food schenkte und die Tatsache, dass die italienische Küche keine...
29 Minuten
Podcast
Podcaster
„macht Hunger“ ist ein Podcast aus dem Pragmaticus-Verlag, der Politik, Wirtschaft und die Kulturgeschichte des Essens miteinander verbindet. Podcast-Host Karin Pollack spricht mit dem deutschen Gastrosophen Peter Peter über Küche und Kochen rund um...

Beschreibung

vor 7 Monaten
In der dritten Folge von macht Hunger geht es um die
Kochkünste Italiens: Gastrosoph Peter Peter erklärt
den Erfolg der Pizza, den Sinn der Treppenblockade, die der
Welt Slow Food schenkte und die Tatsache, dass die
italienische Küche keine Klassengrenzen kennt. In den Worten
von Peter Peter: „Die italienische Küche kennt keine
Hierarchie.“

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Die Wurzeln der italienischen Küche seien aufgrund der
Geschichte Italiens bäuerlich, bürgerlich und adelig zugleich. Kein
Land in Europa, so eine These von Peter Peter, hat es geschafft,
die regionalen Besonderheiten so ausgeprägt zu
kultivieren und zu bewahren, wie die italienische.„Das
Verbindende ist vielleicht die Pasta“, so Peter. Und Tisch und
Stuhl: Anders als in Frankreich, dessen Restauranttraditionen etwas
Elitäres innewohnt, hat sich in Italien nie eine solche elitäre
Restaurantkultur etabliert. Ob Osteria, Trattoria, Ristorante oder
Pizzeria: Klassengrenzen gibt es beim Essen nicht, alle finden sich
dort ein.

Auch beim Essen selbst kennt die italienische Küche keinen Dünkel:
Eingelegtes Gemüse, Berglinsen, Schinken, oder
ein Risotto sind gleichwertig. Italien hat es auch
geschafft, dass das, was in Deutschland nur mit Beilagen und Soßen
daherkommt, auch ohne Beilagen existieren kann – ein einzelnes,
kleines!, Stück Fleisch oder Fisch zum Beispiel.

Die regionale Macht ist für Peter Peter auch die Erklärung, warum
McDonalds in Italien nicht so gut funktioniert. Lokale, in denen
man schnell etwas essen kann, gab es bereits, als der erste
McDonalds 1986 in Rom eröffnete. Dass es dann zu den
Protesten kam und die Slow Food Bewegung ihren Anfang nahm,
ist also kein Zufall.

Zum Schluss dieser Podcastfolge hält Peter Peter noch Tipps parat,
woran man in Italien ein gutes Restaurant erkennen kann.
Vorweg: Es sind die Details, Indizien finden sich unter anderem im
Besteck.

Über macht Hunger
Die Podcastreihe macht Hunger ist der Politik,
Wirtschaft und Kulturgeschichte von Gerichten,
Rezepten, Lebensmitteln und Kochkünsten jeder Küche dieser Erde
gewidmet.


Das weitere Programm von macht Hunger:

17. Oktober >> Urheberstreit – Wer hat das Patent auf
Schnitzel? In Deutschland war das Wiener Schnitzel einst
(also circa in den 1970er Jahren bis zum Ende der Sowjetunion) ein
Synonym für gutbürgerliche Küche, und es machte nichts, eine
Bratensoße darüber zu schütten. Insofern ist es nicht
verwunderlich, dass Österreich das Gericht, dessen Form auch die
des Landes ist, als sein Kulturgut zu schützen versucht. Dabei ist
das Schnitzel eigentlich ein italienisches Gericht. Oder
nicht?

31. Oktober >> Essen global – Die
Internationalisierung des Gaumens: „Der Grieche“ und „Der
Italiener“ sind „um's Eck“, man geht auch „zum Chinesen“. Kein
Tatort kommt ohne die Nachdenkpause in der Pommesbude aus, dabei
gab es Pommes – die guten! – einst nur in Brüssel. Die
Gaumenfreuden sind – Migration sei Dank – in Westeuropa
internationaler geworden. Zugleich erlebt die Welt eine
bedauerliche Standardisierung des Essens.

14. November >> Zucker, Zucker, Zucker: Oh Du süße
Inflation: Zucker, tja, kann auch ganze Wirtschaften aufblähen
und Spekulationsblasen erzeugen. Aktuell ist Zucker in Europa um 70
Prozent teurer als noch vor einem Jahr. Diese Folge von macht
Hunger widmet sich der Wirtschaftsmacht der Lebensmittel.

Über Peter Peter

Der Kulturwissenschaftler Peter Peter ist in der bayerischen
Hauptstadt München aufgewachsen, hat in Klassischer Philologie
promoviert und ist Autor zahlreicher Bücher über das Reisen und die
Kochkulturen dieser Welt. Er lehrte an der von Slow Food
gegründeten Università delle scienze gastronomiche in Pollenzo und
Colorno. Seit 2009 lehrt er für den Masterstudiengang des Zentrums
für Gastrosophie der Universität Salzburg das Modul „Weltküchen und
Kochsysteme“ und ist Mitglied der Deutschen Akademie für
Kulinaristik.


Zur Geschichte der Würzburger Pizzeria
Was 1952 in Würzburg aufmachte, war nicht einfach eine
Pizzeria. Ja, es war die erste Pizzeria in
Deutschland, und zugleich ein Zwischenergebnis einer Geschichte
von Industrialisierung, Krieg und der Anpassungsfähigkeit von
Gerichten: Nicolino di Camillo,1921 in den Abruzzen geboren
und aufgewachsen, kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit der
US-Armee nach Nürnberg. Er arbeitete eigentlich als Küchenhelfer,
schien aber auch des öfteren Pizza gemacht zu haben. Eine so gute,
dass von den Army-Kollegen fast genötigt wurde, doch seine eigene
Pizzeria zu eröffnen.

Viele der US-Soldaten kamen aus Chicago, das insbesondere
durch die Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert eine starke
italienische Community hatte. Zwar stammten die meisten Italiener
in Chicago aus dem Süden, doch die Küchen, insbesondere die
Pizza veränderte sich schnell: Aus den (römisch) dünnen,
spärlich belegten Fladen und den (neapolitanisch) dicken, spärlich
belegten Fladen wurde die Chicago Style Pizza, die üppig belegt ist
und einen dicken Teig hat. In Deutschland verlangten die
US-Soldaten genau diese Art Pizza.

1952 eröffnete die Camillo die Sabbie di Capri in Würzburg,
und sie existiert mit der Fusion-Küche bis heute. Die Capri bekam
bald im Keller eine Blaue Grotte hinzu, die das aufkommende
Italienfieber der 1950er Jahre bediente. Auch sie gibt es bis
heute.

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