SG #015: Allerheiligen
Der erste Schnee ist hier in München schon letzte Woche gefallen.
Immer wenn es langsam kalt wird und der Winter beginnt, freue ich
mich. Denn das bedeutet, dass Allerheiligen bevorsteht. Ich gebe
zu, nicht viele Menschen hier in Deutschland freuen sic...
6 Minuten
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Beschreibung
vor 18 Jahren
Der erste Schnee ist hier in München schon letzte Woche gefallen.
Immer wenn es langsam kalt wird und der Winter beginnt, freue ich
mich. Denn das bedeutet, dass Allerheiligen bevorsteht. Ich gebe
zu, nicht viele Menschen hier in Deutschland freuen sich auf
diesen Tag. Es ist ein katholischer Feiertag, der immer am 1.
November begangen wird. Und eigentlich steckt dahinter ein sehr
trauriger Anlass: Man denkt an die Toten.
Ich möchte Euch nun aber mal erzählen, wie das in meiner Familie
aussieht. Vor über 25 Jahren ist mein Opa gestorben. Ich war
damals ein kleines Kind. Wie es der Brauch und die Tradition
will, sind meine Eltern und ich damals am 1. November an das Grab
meines Opas gefahren. Und so machen wir es seitdem jedes Jahr.
Der Tag beginnt bei uns damit, dass wir uns im Elternhaus meiner
Mutter treffen. Dort kommt die ganze Familie zusammen, drei
Generationen, aus ganz Deutschland. Wir gehen zusammen Mittag
essen, und danach ziehen wir uns besonders warm an. Wir spazieren
hinüber zum alten Friedhof und besuchen erst einmal andere
Gräber. Die Gräber von Verwandten oder Freunden. Dort stehen
jeweils deren Familien, und man spricht kurz miteinander. Dann
stellt man sich an das eigene Familiengrab. In katholischen
bayerischen Gemeinden wie der, in die ich immer fahre, steht
beinahe an jedem Grab jemand. Dann beginnt ein Gottesdienst. Ein
Pfarrer spricht und betet, eine Blaskapelle spielt traurige
Lieder. Dann werden die Gräber gesegnet, der Pfarrer geht mit
Weihwasser über den Friedhof.
Nach einer Stunde ist man durchgefroren. Man geht nach Hause und
wir sitzen dann noch bis spät abends beisammen. Wir trinken
Kaffee, essen Kuchen und essen später zu Abend. Es ist für mich
ein wunderschöner Tag, denn zum einen finde ich es wichtig, an
die Toten zu denken, zum anderen ist es der einzige Tag im Jahr,
an dem die ganze Familie zusammen ist.
In Bayern hat man an diesem Tag übrigens frei. Man muss nicht
arbeiten. Wir haben viele religiöse Feiertage hier.
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg15kurz.pdf
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