Folge 2 - Archaïscher Torso Apollos (Rainer Maria Rilke)

Folge 2 - Archaïscher Torso Apollos (Rainer Maria Rilke)

11 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

In der zweiten Folge steht Rilkes berühmtes Gedicht 'Archaischer
Torso Apollos' im Fokus und die Frage, wie die überraschende
Schlusszeile zu verstehen ist.





Archaïscher Torso Apollos


Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,
darin die Augenäpfel reiften. Aber
sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,
in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug
der Brust dich blenden, und im leisen Drehen
der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen
zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz
unter der Schultern durchsichtigem Sturz
und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern
aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.

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