Speak Like A Child: Rolf Kühn

Speak Like A Child: Rolf Kühn

44 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Die „FAZ“ spricht vom „Gentleman an der Klarinette“, die „Welt“
nennt ihn „Deutschlands coolsten Jazzer“. Ganz sicher war er
dessen weltläufigster Repräsentant. Mehr noch, er hat zuletzt die
Geschichte dieser Gattung verkörpert wie kaum jemand sonst, auch
nicht in Amerika.


Denn - bitte festhalten - wer konnte reklamieren, sowohl mit
Benny Goodman und Ornette Coleman als auch mit Michael Brecker
und Christian Lillinger gespielt zu haben? Wer konnte mit einer
so grandiosen Anekdote aufwarten, nach dem Verlust des
Hausschlüssels bei der Nachbarin geklingelt zu haben (einer
Nachbarin namens Billie Holiday) als Rolf Kühn? Von 1956 bis 1962
hat er in New York City gelebt.


Geboren ist er in Köln. Die meisten seiner Aufnahmen für das
legendäre Label MPS hat er in der Domstadt produziert. Ein
kölscher Jung aber ist er nicht, aufgewachsen ist er in Leipzig.
Dort hat ihn eine Frau 1947 zum Jazz geführt, die Pianistin Jutta
Hipp (1925-2003).


Hauptpartner war bis zuletzt sein 14 Jahre jüngerer Bruder, der
Pianist Joachim Kühn.


Sein Instrument, die Klarinette, übte er zwei Stunden täglich,
„mindestens“; lange Jahre im RIAS, in den letzten beiden Jahren,
pandemie-bedingt, im Badezimmer seiner Wohnung. Kostete ihn das
Überwindung? „Niemals! Überwiegend ist die Neugierde: was kann
man noch alles mit diesem Instrument machen?“


Auf einzigartige Weise hat er sich damit sowohl in der
Jazz-Tradition als auch in der -Avantgarde behauptet. Selbst
Ausflüge in die „Funktionsmusik“ (er hat für „Tatort“ und
„Derrick“ komponiert und das Musical „Hair“ auf Deutsch
adaptiert) haben seinem Ruf nicht geschadet.


Mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war er per Du.
Gleichwohl, im Gegensatz zu Manfred Schoof, Klaus Doldinger, den
Brüdern Albert und Emil Mangelsdorff wurde ihm das
Bundesverdienstkreuz nicht verliehen; außer dem Kulturpreis einer
Berliner Lokalzeitung und dem Echo Jazz


(2001) hat er eine wirklich nennenswerte Auszeichnung
erstaunlicherweise nicht erhalten, auch die renommierteste
Auszeichnung des deutschen Jazz, der Albert Mangelsdorff-Preis,
blieb ihm verwehrt.


Rolf Kühn, geboren am 29. September 1929 in Köln, ist am 18.
August 2022 in Berlin gestorben. Er wurde 92 Jahre alt.


Das Gespräch mit Rolf Kühn fand am 5. Dezember 2021 in seiner
Wohnung in Berlin-Charlottenburg statt.


Fotocredits: Rolf Kühn Gregor Fischer, picture alliance

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