Podcaster
Episoden
11.12.2025
1 Stunde 45 Minuten
Wir beschließen unser halbwegs heiliges Jahr mit einer Wallfahrt
zum Heiligen Rock nach Trier. Wir erzählen, wie sich Trier als
besonders „heilige Stadt“ inszenierte und warum gerade diese
Reliquie zum identitätsstiftenden Symbol wurde. Dabei ordnen wir
den Heiligen Rock in die Tradition der Reliquienverehrung ein:
von Kreuzsplittern über Nägel bis zu Kleidungsstücken, die Jesus
zugeschrieben werden. Wir sprechen darüber, wie Städte mit ihren
Heiligtümern Pilger, Prestige und Geld anziehen und sich damit
ein regelrechter religiöser Wettbewerb entwickelt. Gleichzeitig
wird der Rock zum Politikum: Wie wurde die Wallfahrt im Jahre
1844 zum Auslöser für Streit, Spott und Kulturkampf?
Kreuzfund der heiligen Helena und die Frage der
Echtheit
Zunächst schauen wir auf die Legende von der heiligen Helena, der
Mutter von Konstantin dem Großen. Wir erzählen, wie sie der
Tradition nach nach Jerusalem reist, das Kreuz Jesu und weitere
Passionsreliquien findet und nach Rom bringen lässt – in
Varianten von der knappen Notiz bis zur farbig ausgeschmückten
Legenda Aurea. Wir greifen die Figur des Judas/Kyriakus auf, der
der Legende nach bei der Suche hilft, und zeigen, wie solche
Geschichten den Glauben stärken sollen, dass auch Kleidungsstücke
Jesu überliefert sein könnten. Zugleich diskutieren wir nüchtern
die Frage der historischen Plausibilität: Was berichten antike
Autoren wie Flavius Josephus, was bedeuten Zerstörung Jerusalems,
römische Politik unter Titus und Hadrian oder der
Bar-Kochba-Aufstand für die Überlieferungschancen eines Kreuzes?
Danach hält es Solveig durchaus für denkbar, das Helena
tatsächlich ein Kreuz fand, das frühe christliche Pilger als das
Kreuz Christi verehrten.
Vom mittelalterlichen Pilgermagnet zum Politikum im
Rheinland
Dann wenden wir uns der konkreten Geschichte des Heiligen Rocks
in Trier zu. Wir erklären, wie die Stadt im Mittelalter eine
ungeteilte Tunika Jesu, das „Gewand ohne Naht“, beansprucht und
damit ihren Rang als Pilgerzentrum aufwertet – nicht zuletzt im
Wettbewerb mit anderen Heiligtümern wie der Aachener
Heiligtumsfahrt oder Kreuzreliquien in Prüm. Wir erzählen, wie
der Rock bei großen Anlässen „erhoben“ und öffentlich gezeigt
wird, mit aufwendiger Inszenierung, Gerüsten, Baldachinen und
liturgischen Texten. Später kommen regelmäßige Wallfahrten hinzu,
Ablässe – etwa durch Papst Leo X. – und gewaltige Pilgerströme,
die der Region ökonomisch nutzen, aber auch heftige Kritik
provozieren. Begriffe wie „Bescheißerei von Trier“ stehen für den
Verdacht, dass hier mit Glauben Geschäfte gemacht werden. Nach
Kriegen und Revolutionen wird der Rock mehrfach ausgelagert,
unter anderem nach Ehrenbreitstein, Böhmen und Augsburg, bevor er
wieder nach Trier zurückkehrt – in eine Region, die nach dem
Wiener Kongress nun zum überwiegend protestantischen Preußen
gehört. Genau hier beginnt die Geschichte des Heiligen Rocks als
politisches Symbol im katholisch geprägten Rheinland.
Kölner und Trierer Wirren: Mischehenstreit und die
Wallfahrt 1844
In einem großen Block schlagen wir die Brücke von der
Reliquienverehrung zu den Kirchenkonflikten des 19. Jahrhunderts.
Zunächst erklären wir die Kölner Wirren: den Streit um Mischehen
zwischen Katholiken und Protestanten im Königreich Preußen, die
Rolle des Theologen Georg Hermes und des Erzbischofs Clemens
August Droste zu Vischering, der verhaftet wird. Wir zeigen, wie
sich hier das Ringen zwischen Rom und dem preußischen Staat
zuspitzt – ein Vorspiel zum späteren Kulturkampf. Danach wechseln
wir nach Trier zu den „Trierer Wirren“ um Bischof Wilhelm
Arnoldi, der 1844 die große Heilig-Rock-Wallfahrt organisiert.
Wir erzählen, wie Hunderttausende nach Trier pilgern, wie
Predigten von Heilungen und Wundern berichten und wie die
Wallfahrt zu einem Medienereignis wird. Gleichzeitig formiert
sich Widerstand: Liberale Katholiken und Protestanten sehen
Täuschung, Aberglauben oder politisch motivierte Frömmigkeit,
während konservative Kreise das Ganze als geistliches
Großereignis feiern. So wird Trier zum Schauplatz eines
Kulturkampfs im Kleinen – mitten im Vormärz.
Johannes Ronge und der
Deutschkatholizismus
An diesem Punkt tritt Johannes Ronge auf den Plan. Wir schildern,
wie der schlesische Priester in einem offenen Brief an Bischof
Arnoldi die Heilig-Rock-Wallfahrt als „Götzendienst“ und bewusste
Irreführung armer Gläubiger angreift. Wir verfolgen, wie dieser
Brief erst regional, dann reichsweit verbreitet wird, wie er in
Leipzig gedruckt und von Akteuren wie Robert Blum unterstützt
wird und zu einem publizistischen Paukenschlag wird. Ronge wird
exkommuniziert, doch um ihn herum bilden sich Gemeinden, die sich
von Rom lösen – der Beginn des Deutschkatholizismus. Wir
erklären, wie diese Bewegung Heiligenkult, Papsttum und Beichte
kritisiert und eine nationale, „vernünftige“ Form des
Christentums propagiert, eng verbunden mit liberalen und
demokratischen Kreisen im Vormärz. Wir greifen auch Figuren wie
Hans Blum auf und zeigen, wie die Debatten um den Heiligen Rock
direkt in die politische Dynamik der Revolution von 1848
hineinreichen – bis hin zu späteren Auseinandersetzungen, in
denen dann Otto von Bismarck eine zentrale Rolle spielt.
Spätere Wallfahrten mit und ohne Ablass
Zum Schluss schauen wir in einem Bogen über das 19. und 20.
Jahrhundert bis in die Gegenwart. Wir erzählen von späteren
Heilig-Rock-Wallfahrten 1891, 1933, 1959, 1996 und 2012, von
wechselnden politischen Kontexten – Kaiserreich,
Nationalsozialismus, Bundesrepublik – und von der Frage, wie
viele Menschen jeweils nach Trier kommen. Zuletzt sogar
evangelische Christen, denen der Verzicht auf den sonst üblichen
Ablass die Hemmungen nehmen sollte.
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27.11.2025
1 Stunde 45 Minuten
In dieser Folge setzen wir unser Gespräch über das Böse fort und
wenden uns Vorstellungen von Besessenheit und Exorzismus in
Bibel, Kirchengeschichte und Gegenwart zu. Ausgangspunkt ist ein
Gebet zum heiligen Erzengel Michael, mit dem wir uns symbolisch
„rüsten“, bevor wir an unsere vorige Folge über Hölle und Teufel
mit Dante Alighieri anschließen.
Biblische Dämonenerzählungen und frühe
Taufexorzismen
Anhand verschiedener neutestamentlicher Erzählungen über Jesus
und „Dämonen“ sprechen wir darüber, wie eng damals Krankheit,
gesellschaftliche Ausgrenzung und Besessenheitsvorstellungen
miteinander verknüpft sind. Wir erinnern an Geschichten, in denen
Dämonen Jesus ansprechen, beim Namen genannt werden und in eine
Schweineherde fahren, und überlegen gemeinsam, wie diese Texte
funktionieren, ohne sie vorschnell medizinisch oder nur
symbolisch „aufzulösen“.
Von dort aus schlagen wir eine Linie in die frühe Kirche: Wir
greifen auf Tertullian zurück, der heidnische Götter als Dämonen
versteht, und auf Origenes, der die Anrufung des Namens Jesu
betont. In den Erzählungen über Antonius den Großen bei
Athanasius von Alexandrien werden Kämpfe mit Dämonen Teil eines
asketischen Ideals; wir kontrastieren das kurz mit anderen
Heiligenbildern.
Ein Schwerpunkt liegt auf dem Taufexorzismus: Wir lesen Stellen
bei Augustinus von Hippo und anderen Quellen, in denen
beschrieben wird, wie Taufbewerber:innen durch Gebet, Anhauchen
und Ausblasen „gereinigt“ werden, bevor sie getauft werden. Wir
zeigen, wie sich diese Praktiken in fränkischen Riten fortsetzen,
in denen Wasser, Salz und Öl exorziert werden und ganze Gemeinden
in der Fastenzeit in kollektive Exorzismen einbezogen sind.
Der große Exorzismus und das Rituale
Romanum
Im nächsten Schritt klären wir, was die Kirche überhaupt unter
Exorzismus versteht. Ausgehend vom Codex Iuris Canonici
unterscheiden wir zwischen „kleinen" Taufexorzismen und dem
„großen Exorzismus“ über Einzelpersonen, der nur mit
bischöflicher Erlaubnis von eigens beauftragten Priestern
durchgeführt werden darf. Wir sprechen darüber, dass Exorzismus
als sakramentale Handlung verstanden wird, in der die Kirche im
Namen Jesu um Befreiung von der Macht des Bösen bittet.
Daran anschließend nehmen wir das Rituale Romanum in den Blick,
in dem seit 1614 die maßgeblichen Exorzismusformeln gesammelt
sind. Wir lesen längere Ausschnitte aus dem großen Exorzismus und
klären den Unterschied zwischen depräkativer Bitte um Gottes
Beistand und der imprekativen diekten Ansprache des Dämons. Dabei
wird für uns spürbar, wie belastend der Text ist – und
gleichzeitig, wie sehr er davon ausgeht, dass die Kirche dem
Teufel im Kampf gegenübersteht.
Glaube, Wunder und Aufklärung: Johann Joseph
Gaßner
Ausgerechnet im Zeitalter der Aufklärung zieht der Pfarrer Johann
Joseph Gaßner als Exorzist und Wunderheiler viel Aufmerksamkeit
bekam. Er sah in den meisten Krankheiten Dämonen am Werk und
heilte Gläubige durch seinen Segen.. Seine Praxis wird zum
Streitfall zwischen Aufklärung, medizinischer Deutung,
kirchlicher Kontrolle und volkstümlicher Frömmigkeit – inklusive
Konflikten mit Bischöfen und weltlichen Herrschern.
Leoninische Gebete, Konzilsreformen und der Fall
Anneliese Michel
Dann wenden wir uns den sogenannten „Leoninischen Gebeten“ nach
der Messe zu und der Legende, Papst Leo XIII. habe nach einer
Vision das Gebet zum Erzengel Michael formuliert. Wir erzählen,
wie diese Gebete im 19. und 20. Jahrhundert im Kontext des
politischen Ringens um den Kirchenstaat unter Pius IX. und später
neu gedeutet unter Pius XI. stehen – bis hin zu Bezügen zu
Russland und Marienerscheinungen.
Im Anschluss sprechen wir über die Liturgiereform des Zweiten
Vatikanischen Konzils: neue Messordnung, Landessprache,
veränderte Kommunionpraxis und die Spannungen zwischen denen, die
darin eine Erneuerung sehen, und jenen, die einen Bruch mit der
Tradition wahrnehmen.
Diese Auseinandersetzungen bilden den Hintergrund im Fall
Anneliese Michel. Wir erzählen ihre Biografie in groben Linien,
sprechen über ihre gesundheitlichen Probleme und ihre intensive
Frömmigkeit, über Wallfahrten und vermeintliche Erscheinungen.
Wir greifen die Rolle des Jesuiten Adolf Rodewick und des
Exorzisten Arnold Renz auf, der den großen Exorzismus nach dem
Rituale Romanum durchführte, und schildern die langen Reihen von
Exorzismussitzungen. Anneliese Michel starb schließlich infolge
extremer Unterernährung, die Exhumierung, die Gerichtsprozesse
und die Fragen nach Verantwortung, Seelsorge und Krankheit, die
uns dabei nicht loslassen.
Reformen des Exorzismus und mediale Bilder des
Bösen
Im Anschluss schauen wir auf kirchliche und theologische
Reaktionen: auf Kommissionen, in denen Bischöfe, Theologen,
Ärzt:innen und Psycholog:innen über Kriterien für Exorzismen
beraten, und auf die Überarbeitung des Exorzismusritus, die 1999
in einem neuen Buch mündete. Wir erklären, dass darin deprekative
Gebete stärker betont werden und die direkte Anrede des Dämons
vorsichtiger gehandhabt wird, ohne dass der alte Ritus
vollständig verschwindet – ein Spannungsfeld, das innerkirchliche
Konflikte auslöst.
Ein großer Befürworter des alten Rituale war Gabriele Amorth. Als
Exorzist des Bistums Rom war er Mitbegründer und langjähriger
Vorsitzender der Internationalen Vereinigung der Exorzisten. Zum
Schluss dieses Blocks geht es um die mediale Verarbeitung: um den
Horrorfilm „Der Exorzist“ und den Film „Exorzist des Papstes“ mit
Russell Crowe, die auf Amorth Bezug nehmen – und um die Frage,
wie sehr solche Bilder unsere Vorstellungen von Teufel und
Besessenheit prägen.
Gegenwart, Freikirchen und Luthers Rat
Zum Schluss schlagen wir einen Bogen in die Gegenwart. Wir
sprechen darüber, dass Exorzismen nicht nur ein katholisches
Thema sind, sondern auch in evangelikalen und pfingstlichen
Milieus vorkommen, und erzählen von Freikirchen, die auf TikTok
und YouTube Live-Exorzismen zeigen. Luther dagegen befand, dass
man den Teufel am besten verspottet und auslacht, weil er
Verachtung nicht ertragen kann.
Die Goldene Schindel
Wir sind beim Podcaster-Quiz „Die Goldene
Schindel“ dabei! Das ist ein Wettbewerb von unabhängigen
Geschichtspodcasts im DACH-Raum. Die ersten vier Folgen sind
bereits online.Die fünfte Runde ist am 27.
November mit Solveig.
Übertragen wird das Ganze live auf Twitch, auf
dem Kanal von Historia
Universalis
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13.11.2025
1 Stunde 26 Minuten
In dieser Folge sprechen wir darüber, wie das Böse gedacht und
erklärt wurde – und welche Rolle Dämonen und der Teufel darin
spielen. Wir verfolgen, wie sich die Vorstellung von Dämonen und
Teufel von der Antike über das frühe Christentum bis in die
Neuzeit verändert hat.
Vom antiken Dämon zum christlichen Teufel
Wir beginnen mit dem alten Begriff „Dämon“, der in der Antike
noch nichts Böses meinte. In der griechischen Welt waren Dämonen
Mittlerwesen zwischen Göttern und Menschen – nicht gut oder
schlecht, sondern Teil einer durchlässigen spirituellen Ordnung.
Im Christentum verändert sich dieses Bild grundlegend. Dämonen
werden nun als feindliche Mächte verstanden, als Kräfte des
Bösen, die den Menschen in Versuchung führen oder ins Unglück
stürzen. Wir sprechen darüber, wie aus der neutralen Bezeichnung
ein Synonym für das Böse wurde – und wie eng diese Entwicklung
mit dem Glauben an Krankheit, Besessenheit und Sünde verknüpft
war.
Dämonen im Neuen Testament
Wir betrachten die Evangelien, in denen Dämonen in vielen
Erzählungen auftauchen. Jesus treibt Dämonen aus, heilt Menschen
und konfrontiert das Böse direkt. Dabei wird deutlich, dass die
Vorstellungen von Besessenheit und Heilung Teil des damaligen
Weltbildes sind. Wir fragen, wie diese Texte zu verstehen sind:
als Symbolik, als Ausdruck antiker Vorstellungen oder als
Berichte realer Erfahrungen. Im Gespräch wird klar, wie tief der
Glaube an dämonische Mächte das Denken der frühen Christen
geprägt hat.
Vom heidnischen Gott zum Dämon
Ein wichtiger Wendepunkt: die Auseinandersetzung mit den
Religionen der Antike. Die frühen Christen sahen in den
heidnischen Göttern keine neutralen Wesen, sondern dämonische
Gegner. Was zuvor als göttlich galt, wurde zu einer Bedrohung.
Wir sprechen darüber, wie dieser Perspektivwechsel half, die
eigene Glaubenswelt abzugrenzen – und wie heidnische Kulte
dadurch zu einem Teil der Dämonologie wurden.
Satan, Luzifer und die gefallenen Engel
Im Zentrum steht der Teufel selbst: seine Gestalt, seine
Herkunft, seine Entwicklung. Im Alten Testament erscheint Satan
zunächst als Ankläger im göttlichen Hofstaat; erst später wird er
zum Gegenspieler Gottes. Die Vorstellung vom Sturz der Engel
führt uns zur Idee der gefallenen Wesen, die durch ihren
Ungehorsam zu Dämonen werden. Luzifer – der Lichtträger, der sich
gegen Gott erhebt – steht sinnbildlich für diesen Umbruch. Aus
dem Engel wird der Herrscher der Finsternis. Wir sprechen
darüber, wie diese Bilder die Vorstellung vom Bösen prägten – und
wie sie bis heute nachwirken.
Der Teufel in Literatur und Theologie
Ein großer Teil der Folge widmet sich den literarischen Bildern
des Teufels. Dante Alighieri entwirft in seiner Göttlichen
Komödie die neun Höllenkreise – eine Ordnung des Bösen, in der
jede Sünde ihren Platz hat. Der Teufel wird hier zu einer
festgelegten Figur, gefangen im Eis, fern von der göttlichen
Wärme. Die Vorstellung des Limbus – des Ortes zwischen Himmel und
Hölle – wird wird auch in der Kirche lange tradiert und
schließlich verworfen.
Die Goldene Schindel
Wir sind beim Podcaster-Quiz „Die Goldene
Schindel“ dabei! Das ist ein Wettbewerb von unabhängigen
Geschichtspodcasts im DACH-Raum. Die erste Folge ist bereits
online; die weiteren Termine sind: am 17., 18., 19. sowie
am 27. November. Wir sind dabei – am
19. mit Daniel, und am 27. November
übernimmt Solveig.
Übertragen wird das Ganze live auf Twitch, auf
dem Kanal von Historia
Universalis
Zum Ausblick: In zwei Wochen bleiben wir beim
Thema und sprechen über den Exorzismus.
Bis dahin hört doch (nochmal) die Folge "Hexen &
Antike Magie" an: Wir waren zu Gast bei "Alle Zeit der
Welt".
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09.10.2025
1 Stunde 50 Minuten
Rom im Jahr 897: Auf dem päpstlichen Thron sitzt ein Mann, der
seit Monaten tot ist.
Papst Formosus – einst Bischof, Diplomat und
Pontifex – wurde aus seiner Gruft geholt, in päpstliche Gewänder
gekleidet und vor ein kirchliches Gericht gezerrt. Ein Diakon
übernimmt seine Verteidigung. Sein Ankläger ist sein Nachfolger:
Stephan VI. und daher steht auch das Urteil in
diesem Schauprozess schon vor Beginn fest, denn solange der
verstorbene Formosus als Papst zählt, ist Stephans Wahl illegal.
Das makabre Schauspiel geht als Leichensynode in
die Geschichte ein.
Rom in Aufruhr – zwischen Kaisern, Königen und
Kirchenrecht
Die Ewige Stadt steht zu dieser Zeit am Beginn einer dunklen Zeit
- des Saeculum obscurum. Die Macht des
karolingischen Schutzherrn schwindet und italienische Familien
gewinnen an Einfluss. Formosus musste zwischen ihnen lavieren:
Als Papst stand er zwischen dem ostfränkischen König
Arnulf von Kärnten, den er in Rom zum Kaiser
krönte, und den einflussreichen Herzögen von Spoleto. Bereits
Formosus' Vorgänger hatte jedoch die Widonen als
mächstigstes Haus zu seinen neuen Schutzherrn und Lambert
von Spoleto zum Kaiser gemacht. Wollte Stephan VI. also
hier wieder die Seite wechseln?
Papst Stephan richtet sich selbst
Der Vorwurf an den verstorbenen Formosus lautet, er habe Eide
gebrochen, Ämter doppelt bekleidet und sich unrechtmäßig des
Stuhl Petri bemächtigt. Nach dem Urteil der Synode reißt man dem
Leichnam die päpstlichen Gewänder vom Leib, schneidet seine
Schwurfinger ab und wirft ihn schließlich in den Tiber. Nichts
soll fortan an seine Existenz erinnern. Die Vorgänge waren
offenbar bereits für viele Zeitgenossen schwer zu ertragen und
Stephans Vorwürfe gegen Formosus fallen auf ihn selbst zurück.
Nach nur zwei Monaten im Amt wird Stephan eingekerkert und
schließlich getötet.
Rücknahme, Gegenschlag, Wiederholung
Auf Stephans Tod folgt die Rehabilitierung des Formosus.
Theodor II. ist kaum drei Wochen im Amt und
schafft es doch, das Urteil aufzuheben. Der Leichnam des Formosus
wird geborgen und erneut im Petersdom beigesetzt. Papst
Johannes IX. bestätigt diese Entscheidung und
lässt die Protokolle der Leichensynode verbrennen. Doch
Sergius III. schlägt sich erneut auf die
Gegenseite und lässt den Leichnam des Formosus erneut verstümmeln
und in den Tiber werfen. Statt seiner gedenkt Sergius lieber dem
Richter der Leichensynode und ehrt Stephan VI. mit einem Epitaph
im Dom. So kommt es, dass Luitprand von
Cremonain seiner Antapodosis Stephan und Sergius
verwechselt.
Der Bischof und seine Braut
Was nach Wahnsinn klingt, war in Wahrheit eine Reaktion auf ein
juristisches Problem. Solveig zeigt, dass hinter
dieser grotesken Handlung kein kollektiver Irrsinn stand, sondern
ein Versuch, kirchenrechtliche Ordnung wiederherzustellen.
Formosus war einst Bischof von Porto, bevor er Papst wurde – ein
Verstoß gegen das Translationsverbot, das einem
Bischof untersagte, in ein anderes Bistum zu wechseln. Das ist
der Kern der Anklage durch Stephan VI. Denn der hatte dasselbe
Problem: Stephan war bereits Bischof von Anagni, bevor er Papst
wurde und sorgte sich offenbar um seine Legitimität als Pontifex.
Der nachträgliche Prozess gegen den Toten diente also dazu, das
alte Bistum loszuwerden: Formosus hatte Stephan zum Bischof
geweiht. Wenn dessen Papstum illegal war, dann wurden auch seine
Weihen ungültig und Stephans Wahl rechtmäßig.
Flurfunk verbindet – Bezüge zu früheren
Folgen
Die Leichensynode hat Bezüge zu mehreren früheren Folgen, in
denen wir bereits einige der Personen und die obskure Zeit des
Frühmittelalters besprochen haben:
52 - Konklave - Machtkampf und heiliger Geist
48 - Irene von Athen und das Zwei-Kaiser-Problem
23 - Non habemus papessam
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11.09.2025
1 Stunde 57 Minuten
Wir beginnen diese Folge mit einer kleinen Zeitreise in unsere
westfälische Heimat. Münster, die Stadt der Fahrräder, des
Friedenssaals und des studentischen Treibens – doch im 16.
Jahrhundert war sie der Schauplatz einer religiösen Revolution,
die in einer Katastrophe endete. Wir wollen wissen: Wie konnte
ausgerechnet hier ein sogenanntes „neues Jerusalem“ entstehen –
und warum ist es so blutig untergegangen?
Von der Reformation zur Radikalisierung
Ausgangspunkt war die Reformationszeit. Während Martin Luther
theologisch für Aufbruch sorgte, radikalisierten sich andere. Die
Täuferbewegung, die auf die Erwachsenentaufe
setzte, verstand sich nicht nur als religiöse Alternative,
sondern als Gegenentwurf zur bestehenden Ordnung. Mit Predigern
wie Jan Matthys und später Jan van Leiden erreichte diese
Strömung Münster – und kippte die Stadt in einen Strudel von
Fanatismus.
Der Traum vom „neuen Jerusalem“
Wir sprechen darüber, wie die Täufer 1534 die Macht übernahmen
und Münster zur „Gottesstadt“ erklärten. Besitz sollte
gemeinschaftlich werden, es gab Visionen von Gleichheit und
Gerechtigkeit. Doch schon bald zeigte sich die Kehrseite: Jan van
Leiden ließ sich zum „König von Zion“ krönen, führte die
Polygamie ein und errichtete eine autoritäre
Herrschaft. Mit Getreuen wie Bernhard Knipperdolling und Bernhard
Krechting entstand eine Mischung aus religiösem Wahn, Zwang und
Terror.
Hunger, Belagerung, Gewalt
Bischof Franz von Waldeck setzte alles daran, seine Stadt
zurückzuerobern. Eine monatelange Belagerung begann, während die
Bewohner Münsters hungerten. Wir diskutieren, wie Angst,
Propaganda und Gewalt den Alltag bestimmten – und wie das
Täuferreich langsam in sich zusammenbrach. Als 1535 die Mauern
fielen, endete die Herrschaft blutig: Jan van Leiden und seine
Gefolgsleute wurden grausam hingerichtet, ihre Körper zur
Abschreckung in eisernen Körben an der Lambertikirche
aufgehängt.
Erinnerung an eine Warnung
Bis heute hängen Nachbildungen dieser Körbe dort – ein sichtbares
Zeichen dafür, wie schnell religiöser Eifer in Tyrannei
umschlagen kann. Wir fragen uns: Was bleibt vom Täuferreich? Für
uns ist es kein romantisches Kapitel der Geschichte, sondern ein
warnendes Beispiel dafür, wie gefährlich Heilsversprechen und
totalitäre Utopien sein können.
Die Hintergrundmusik zu den Zitaten sind Choräle des 16.
Jahrhunderts aus dem Evangelischen Gesangbuch, eingespielt von
Aurel von Bismarck und abrufbar auf Wikipedia.
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Wir sind Daniel und Solveig und begeistern uns für Geschichte. Wir
haben lange zusammen im Museum gearbeitet und Führungen gemacht. Im
Mittelpunkt unserer Folgen stehen Menschen, ihre Lebenswelt und die
Frage, warum sich unsere Sicht auf frühere Epochen immer wieder
verändert. Jeden Monat erzählen wir Euch eine unserer
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