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06.09.2025
38 Minuten
NfE e.V. im Gespräch mit Monika Sus, Professorin an der
Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau und Expertin
im Team Europe Direct Poland
Mit Karol Nawrocki hat Polen einen Präsident ins Amt gewählt, der
von der rechtskonservativen PiS-Partei unterstützt worden war.
Polens Premierminister Donald Tusk hatte bei den Wahlen auf einen
langjährigen Vertrauten seiner Partei Bürgerplattform (PO)
gesetzt, den liberalen Warschauer Bürgermeister Rafal
Trzaskowski. Mit ihm im Präsidentenamt sollte endlich der Weg
frei gemacht werden für die lange versprochenen Reformen. Es ist
anders gekommen. Die Kohabitation zwischen der
Mitte-Links-Regierung unter Tusk und einem rechtskonservativen
Präsidenten geht in eine neue Runde. Eineinhalb Jahre bereits
musste die Regierung unter Tusk mit dem PiS-Präsidenten Andrzej
Duda klarkommen.
„Wir werden Präsident Duda noch vermissen“, sagt die
Politikwissenschaftlerin Monika Sus. Auch wenn dieser der
Regierung von Tusk alles andere als zugetan gewesen sei und sein
Veto-Recht eingesetzt habe, so habe er doch in seiner 10jährigen
Amtszeit eine Wertschätzung für das hohe Staatsamt gezeigt. Mit
Nawrocki, so prognostiziert Sus, wird das Regieren für
Premierminister Tusk noch schwieriger werden. Auch weil niemand
so genau weiß, was von Navrocki zu halten ist. Er ist ein
politisch völlig unbeschriebenes Blatt. Auf jeden Fall müsse die
Regierung Tusk - ein Bündnis aus Liberalen, Linken und
Bauernpartei - jetzt in die Gänge kommen, ihre inneren Konflikte
überwinden und zeigen, dass sie trotz Gegenwind aus dem
Präsidentenamt in der Lage ist, ihre Reformvorhaben umzusetzen,
so die Expertin.
Im heutigen Gespräch nimmt uns Monika Sus mit in den polnischen
Wahlkampf und erläutert, warum Nawrocki vor allem bei den jungen
männlichen Wählern punkten und letztlich mit den Stimmen der
rechtslibertären Partei Konfederacja gewinnen konnte. Zum einen
sei der Blick der jüngeren Generation auf die EU und auch auf
Deutschland wesentlich kritischer als bei der
Vorgängergeneration, zum anderen habe die Unzufriedenheit der
Wähler mit der Regierung von Donald Tusk eine entscheidende Rolle
gespielt. Sie prognostiziert, dass schon bei den nächsten Wahlen
das (Dauer)Duell zwischen PiS und Bürgerplattform Geschichte sein
wird, weil es an den politischen Rändern jetzt neue, junge und
dynamische Parteien gibt. Die Zeit, in der die beiden älteren
Herren Donald Tusk und Jaroslav Kaczynski die politische Bühne
exklusiv bespielten, sei vorbei.
Der polnische Präsident kann zwar nicht selber autoritär
regieren, aber er kann Gesetze per Veto blockieren und die
Regierung in ihrer Außen- und Europapolitik als zu nachgiebig
darstellen. Der Vorwurf der Nachgiebigkeit insbesondere gegenüber
Deutschland zielt vorrangig auf Donald Tusk, der seit vielen
Jahren vom PiS-Chef Kaczynski als „deutscher Agent“ diffamiert
wird. Wie soll in einer solchen Atmosphäre das deutsch-polnische
Verhältnis vorankommen? Monika Sus sagt: Indem man von deutscher
Seite Polens Premier zur Seite springt und zum Beispiel dafür
sorgt, dass das Denkmal für die polnischen Opfer der
NS-Herrschaft endlich realisiert wird. Und indem man den
polnischen Nachbarn ganz einfach in allen grenzüberschreitenden
Formaten und Entscheidungen mitdenkt. Dann hätte es Nordstream 2
vermutlich nicht gegeben.
In der polnischen Sicherheitspolitik wird es mit dem neuen
Präsidenten keinen Reset geben. Auch er will, dass die Amerikaner
in Europa bleiben. Insofern kann die Nähe des neuen Präsidenten
zu Donald Trump auch eine Chance sein, sagt Monika Sus. Denn ohne
die USA wird es nicht gehen. Aber eben auch nicht ohne
Deutschland und Polen, ohne die sich Europa angesichts der
veränderten Bedrohungslage nicht wird verteidigen können. Hier
sieht sie gute Chancen für künftige Kooperationen zwischen beiden
Ländern.
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28.02.2025
44 Minuten
Was passiert gerade in den USA? Schockwellen richten sich gegen
die Bürokratie in Washington. US-Präsident Donald Trump
zertrümmert mit seinen „executive orders“ die unparteiische
Verwaltung wie z.B. USAID, aber auch die von Behörden wie der
Bundespolizei und des Justizministeriums. Zur Senkung der
Staatsausgaben hat Trump ein Gremium mit dem Namen DOGE
(Department of Government Efficiency) gebildet, das an das Weiße
Haus angeschlossen ist. Von dort treibt Elon Musk den Umbau des
Staatsapparats voran - inklusive Massenentlassungen.
Testet der US-Präsident die Grenzen seiner präsidialen Macht aus?
Oder sehen wir hier die ersten Zeichen eines Umbaus der
amerikanischen Demokratie? Gilt Trump doch die Verwaltung als
„Staat im Staat“ (deep state), den es zu bekämpfen gilt. Sind
Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz für die
Trump-Administration also obsolet? Und welche Gesetze und Normen
sind sie überhaupt noch bereit zu befolgen?
Diese Art von Staatsaneignung folge einem bestimmten Drehbuch
sagt Cathryn Clüver Ashbrook, welches die „Heritage Foundation“
in ihrem „Project 2025“ ausformuliert habe. Der
Verwaltungsapparat solle sukzessive übernommen und ein
Machtübergewicht der Exekutive hergestellt werden. Besondere
Aufmerksamkeit müsse daher den Chefstrategen hinter Donald Trump
gelten, denn diese bereiteten alles vor für eine Zeit nach Trump.
Wer also sind diese Strippenzieher auch der „Heritage
Foundation“? Welche Rolle spielt die Maga-Bewegung? Welche die
republikanische Partei? Wer stellt sich dem Ganzen entgegen?
Darüber spreche ich mit Cathryn Clüver Ashbrook von der
Bertelsmann-Stiftung in Berlin. Seit 2022 ist sie dort Senior
Advisor und eine der profiliertesten Kennerinnen der US-Politik
und der transatlantischen Beziehungen.
Frau Clüver Ashbrook war gerade aus den USA zurückgekehrt und auf
dem Weg zur Münchner Sicherheitskonferenz, als unser Gespräch
stattfand. Die Aufnahme entstand deshalb unter
Kaffeehausbedingungen, weshalb ab und zu typische
Hintergrundgeräusche zu hören sind. Dies bitte ich zu
entschuldigen.
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08.06.2024
38 Minuten
Alexey Gresko gehört zum Nawalny-Team und arbeitete für diesen in
der Millionenstadt Jekaterinburg - 1700 km von Moskau entfernt
und östlich des Urals gelegen. Er kennt mit Alexej Nawalny nicht
nur die Gallionsfigur der russischen Opposition, sondern auch die
bekannten Regimegegner Leonid Volkov, Ilja Jaschin und Wladimir
Kasa-Mursa. Als Nawalnys Anti-Korruptions-Fonds 2021 verboten
wird, hat das auch für Gresko dramatische Folgen:
Hausdurchsuchungen, Haft und das Leben im Versteck. Heute lebt
Gresko dank eines humanitären Visums mit seiner Familie im
südbadischen Freiburg. Dann der Schock über Nawalnys Tod im
Februar dieses Jahres. Was wird aus Nawalnys Kampf für ein
besseres, ein freieres Russland? Wer kann ihn im derzeitigen
Russland überhaupt führen? Im Gespräch mit NfE e.V. erzählt
Gresko von den kleinen, anonymen Aktionen des Widerstands in
Russland. Eine politische Opposition im eigentlichen Sinne gibt
es nicht mehr, Gresko nennt die mutigen Menschen lieber
Widerstandskämpfer. Ihre Aktionen zeigten nicht nur ihm im
Ausland, sondern auch der russischen Gesellschaft, dass trotz
anderslautender Kreml-Propaganda längst nicht alle Russinnen und
Russen hinter Putin und seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine
stehen. Für Gresko sind sie momentan die einzigen
Hoffnungszeichen für ein anderes, ein freieres Russland.
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14.04.2024
41 Minuten
Die Lage ist mehr als angespannt in Nahost und mit dem
Drohenangriff des Iran auf Israel weiter eskaliert. Bislang
hatten die von Iran geförderten und ausgerüsteten Milizen seit
dem 7. Oktober 2023 ihre Schlagkraft beweisen können, ohne dass
Teheran selbst groß aktiv werden musste. Die Arbeitsteilung der
„Achse des Widerstands“, wie das Mullah-Regime sein Bündnis aus
israelfeindlichen Regierungen und Milizen wie Hamas, Hisbollah
und Huthis nennt, funktionierte. Und doch lenkt der Gaza-Krieg ab
vom eigentlichen Patron hinter den Milizen.
Er lenkt auch ab von einem ganz anderen Drama. Seit Jahren
benutzt das Mullah-Regime seine Geiseldiplomatie als
außenpolitisches Druckmittel, um eigene Staatsangehörige
freizupressen, aber auch um politisch Druck auszuüben. Unter
fadenscheinigen Vorwürfen geraten vor allem Doppelstaatler, die
ebenfalls eine iranische Staatsangehörigkeit haben, ins Visier
der Sicherheitskräfte. Das Schicksal dieser Menschen spielt eine
erhebliche Rolle bei der Frage nach dem Umgang mit Iran.
Vertreter der iranischen Diaspora fordern seit langem eine
härtere Gangart auch der Bundesregierung. So auch Mariam Claren,
deren Mutter seit 2020 in den Händen des Mullah-Regimes und im
berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran inhaftiert ist.
Im Gespräch mit NfE e.V. berichtet Mariam Claren über die 200
Tage Isolationshaft, den Scheinprozess und die Verurteilung ihrer
Mutter. Die heute 69jährige Nahid Taghavi, Architektin aus Köln,
zog als Aktivistin, Frauenrechtlerin und Regime-Gegnerin die
Aufmerksamkeit der Revolutionsgarden auf sich. Zu mehr als zehn
Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, dient die Deutsche dem Regime
seitdem als Faustpfand für ihre sogenannte Geiseldiplomatie. Was
aber macht die deutsche Regierung, um ihre Staatsangehörigen aus
der Geiselhaft herauszuholen? Diese Frage treibt die Tochter um,
denn Mariam Claren kann keine erfolgreiche Strategie erkennen.
Während es mehreren europäischen Staaten und den USA im letzten
Jahr gelungen ist, Staatsbürger frei zu bekommen, ging
Deutschland leer aus. Mit deutlichen Worten kritisiert sie die
deutsche Leisetreterei und fordert, Irans Staatsverbrechen
öffentlich zu machen.
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24.11.2023
42 Minuten
Die Grenze zwischen Serbien und dem Kosovo ist zu einer
gefährlichen Bruchlinie in Europa geworden. Nach umstrittenen
Kommunalwahlen im Mai 2023 in mehrheitlich serbischen Gemeinden
in Nord-Kosovo gab es teils gewaltsame Proteste, sogar
Kfor-Soldaten wurden attakiert. Für Serbien bleibt das Kosovo
eine serbische Provinz, die ihr die Kosovaren 1999 mithilfe der
Nato entrissen haben. Serbiens Kriegsrhetorik ist heute auf einem
neuen Höhepunkt und Gerald Knaus mahnt, dies sehr ernst zu
nehmen. Seiner Ansicht nach müsste auf territoriale Konflikte in
Europa eine wahrhaft europäische Antwort erfolgen - eine Antwort,
in der Grenzen ihre Bedeutung verlieren. Stichpunkte: Binnenmarkt
und Schengenraum. Doch das Gegenteil ist der Fall. Den
EU-Beitrittsprozess der sechs Westbalkanstaaten bezeichnet Knaus
als "absurdes Theater", der zu Apathie und Zynismus führe.
Eindringlich wirbt er daher für ein doppeltes Versprechen
vonseiten der EU an diese Staaten. Bei entsprechenden, von der
EU-Kommission bestätigten Reformen sollten sie binnen fünf Jahren
nicht nur dem Binnenmarkt, sondern auch dem Schengenraum
beitreten können. Damit wären sie noch lange keine
(Voll)Mitglieder mit Vetorecht, aber die Menschen hätten ein
erreichbares Zwischenziel vor Augen. Und könnten Druck auf ihre
Politiker machen, diese Reformen auch umzusetzen. Für Gerald
Knaus ist klar: Es liegt an der EU, den Westbalkan zu verlieren.
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Über diesen Podcast
Im neuen Podcast von NfE aus Stuttgart geht es um Europa und die EU
sowie um aktuelle politische und gesellschaftliche Themen. Hier
finden Sie Gespräche mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten,
die alle mit Europa und der EU zu tun haben. Gleichzeitig lernen
Sie den Menschen hinter Funktion und Amt kennen.
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