Der Pygmalion-Effekt – Die stille Macht der Erwartungen

Der Pygmalion-Effekt – Die stille Macht der Erwartungen

6 Minuten

Beschreibung

vor 2 Monaten

Der Pygmalion-Effekt beschreibt ein psychologisches Phänomen, das
auf den ersten Blick simpel wirkt, in seiner Wirkung jedoch
tiefgreifend ist: Erwartungen formen Realität.
Was eine Person von einer anderen denkt, ob bewusst oder
unbewusst, beeinflusst deren Verhalten, Motivation und Leistung –
und wird so zu einer Art unsichtbarem Drehbuch, nach dem beide
Beteiligten handeln.


Der Begriff geht zurück auf das berühmte Experiment von
Robert Rosenthal und Lenore Jacobson (1968).
Lehrkräften wurde damals mitgeteilt, bestimmte Schüler hätten ein
besonders hohes Entwicklungspotenzial. Tatsächlich war die
Auswahl rein zufällig. Doch im weiteren Verlauf zeigten genau
diese Kinder bessere Leistungen. Die Erklärung: Die Lehrerinnen
und Lehrer behandelten sie mit mehr Aufmerksamkeit, Vertrauen und
Ermutigung. Das stärkte wiederum das Selbstvertrauen der Kinder,
was zu besseren Ergebnissen führte.


Dieses Phänomen zeigt zwei Gesichter:




Pygmalion-Effekt (positiv): Hohe Erwartungen
führen zu besseren Ergebnissen.




Golem-Effekt (negativ): Niedrige Erwartungen
führen zu schlechteren Ergebnissen.




Daneben existiert eine innere Variante, die
Galatea-Wirkung: Was ein Mensch von sich selbst
erwartet, prägt sein Handeln ebenso stark wie die Erwartungen von
außen.


Erwartungen äußern sich selten direkt. Viel öfter wirken sie
subtil:




Im Business: Führungskräfte, die
Mitarbeitenden viel zutrauen, geben ihnen anspruchsvollere
Aufgaben, hören genauer zu und bieten mehr Unterstützung. Das
motiviert, stärkt Eigeninitiative und führt zu besseren
Ergebnissen.




Im Privaten: Eltern, die ihren Kindern
Vertrauen schenken, erziehen selbstbewusstere Kinder. In
Partnerschaften wirkt Vertrauen wie ein emotionales
Sicherheitsnetz, das Nähe und Wachstum ermöglicht.




Doch auch das Gegenteil ist wahr. Niedrige Erwartungen können zu
Misstrauen, Kontrollverhalten und mangelnder Förderung führen –
und damit die negativen Prophezeiungen bestätigen.




Motivation und Leistungsbereitschaft:
Vertrauen von Führungskräften steigert Engagement.




Selbstvertrauen und Eigeninitiative:
Positive Erwartungen übertragen sich direkt auf die
Selbstwahrnehmung.




Teamdynamik: Ein Klima gegenseitigen
Vertrauens fördert Kooperation und Konfliktfähigkeit.




Lern- und Entwicklungskultur: Realistische,
hohe Erwartungen regen an, Kompetenzen auszubauen und
Innovationen voranzutreiben.






Überforderung: Unrealistische Erwartungen
können Stress, Druck und Burnout auslösen.




Ungerechtigkeit: Unbewusste Vorurteile
führen zu Ungleichbehandlung und Spaltung im Team.




Negativspiralen: Niedrige Erwartungen nehmen
Chancen, was wiederum schlechte Leistung bestätigt.




Abhängigkeit: Wenn Selbstvertrauen nur aus
externer Anerkennung gespeist wird, leidet die innere
Motivation.






Selbstvertrauen in Beziehungen: Zuspruch
stärkt den Glauben an die eigenen Fähigkeiten.




Persönliche Entwicklung: Positive
Erwartungen laden dazu ein, Neues auszuprobieren.




Bessere Kommunikation: Wer Vertrauen
signalisiert, hört anders zu und spricht konstruktiver.




Resilienz: Positive Erwartungen können in
schwierigen Zeiten Kraft spenden.






Überforderung: Zu viel Druck – etwa durch
unrealistische Leistungsforderungen – kann schädlich sein.




Enttäuschung und Konflikte: Erwartungen, die
unerfüllbar sind, führen zu Frust.




Stereotype Rollenbilder: Starre
Zuschreibungen engen Entwicklungsmöglichkeiten ein.




Selbsterfüllende negative Prophezeiungen:
Misstrauen erzeugt Distanz, die den Misserfolg
wahrscheinlicher macht.




Damit Erwartungen ihre positive Wirkung entfalten, braucht es
drei Grundprinzipien:


Transparenz: Erwartungen müssen klar formuliert
werden. Vage Zuschreibungen („stark“, „schwach“) helfen nicht –
konkrete Aussagen über gewünschtes Verhalten schon.


Unterstützung: Hohe Erwartungen wirken nur, wenn
sie von Ressourcen, Feedback und realistischen Strukturen
begleitet werden.


...





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