Drohnenpodcast Folge 9: Mit der Drohne im Wohngebiet

Drohnenpodcast Folge 9: Mit der Drohne im Wohngebiet

14 Minuten

Beschreibung

vor 4 Monaten

Sie wollen mit Ihrer Drohne in einem Wohngebiet fliegen? Dann
sind Sie ein Mensch, der die Herausforderung liebt und keinem
Konflikt aus dem Weg gehen möchte. Das imponiert mir. Respekt.
Und es ist eine gute Gelegenheit, seine Nachbarn mal näher kennen
zu lernen – sowohl aus der Luft, als auch beim gepflegten
Austausch der Argumente am Boden.


Dabei wirken die Regeln für das Fliegen in Wohngebieten bzw. über
Wohngrundstücken gar nicht so kompliziert. Und wenn Sie eine
einfache leichte Drohne haben, geht da auch einiges. Aber der
Teufel steckt gerne im Detail bzw. im Datenschutzrecht. Aber der
Reihe nach.


Trügerisch ist zunächst das deutsche Zivilrecht. Denn danach
gehört zum Eigentum eines Grundstücks nicht nur die Oberfläche
mit Bebauung, sondern nach § 905 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
(BGB) auch die Erde darunter bis zum Erdmittelpunkt und die Luft
darüber bis in den Weltraum. Die ISS fliegt über Ihr Haus? Zack,
Abmahnung ist raus. Da könnte ja jeder kommen.


Damit da doch jeder kommen und drüber fliegen kann, lohnt es sich
§ 905 BGB noch einen Satz weiterzulesen. Da steht nämlich „Der
Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in
solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der
Ausschließung kein Interesse hat.“ Auch können nach § 903 Satz 1
BGB Gesetze und Recht Dritter gehörig in das Eigentum eingreifen.
Und da man früh erkannt hat, dass das Klein-Klein der Grundstücke
auf der Erde in der Luft zu Problemen führt, hat man den Luftraum
mit besonderen rechtlichen Regelungen ausgestattet. Der
Eigentümer des darunter liegenden Grundstücks ist da raus.


Auf den ersten Blick vor allem relevant sind die EU
Drohnenverordnung und die deutsche Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO).
Für einige Piloten kann ich es jetzt einfach machen: Sie haben
eine Drohne über 4 kg und unter 25 kg (also Klasse C3 oder C4)
oder eine alte Drohne ohne Klasseneinteilung, aber über 250
Gramm? Dann brauchen Sie hier nicht mehr weiterlesen, zuschauen
oder zuhören. Für Sie geht es hinaus aufs Feld mit einem
Mindestabstand von 150 Metern zum Wohngebiet, da Sie in der
Kategorie OPEN A3 fliegen. Aber auf dem Land ist es auch schön.
Oder Sie haben eine Drohne zwischen 900g und 4 kg (C2-Drohne) und
kein EU Fernpilotenzeugnis A2? Dann gilt für Sie dasselbe. Mit
Fernpilotenzeugnis A2 kann das Wohngebiet wieder ihre Hoot
werden. Allerdings müssen Sie 30 Meter Abstand zu Menschen
halten, im Langsammodus 5 Meter.


Sie merken, am schönsten wohnt es sich mit Drohnen der Klasse C0
und C1 mit einem Gewicht unter 900g. Und wenn es eine Drohne bis
250 Gramm ist und diese keine Kamera und kein Mikrofon an Bord
hat, dann haben Sie es noch besser. Dann haben Sie nicht nur
keinen Stress mit Übertragung von Fotos und Videos, sondern
dürfen sogar nach § 21h Abs. 3 Nr. 7 LuftVO ziemlich frei über
Wohngrundstücken fliegen. Nur, wer hat denn so eine abgespeckte
Drohne und guckt dieses Video, hört diesen Podcast oder liest
dieses Buch? Keiner. Das gehört nun also zu dem unnützen Wissen,
das für immer in Ihrem Kopf gespeichert ist und gerade in diesem
Moment das Geburtsdatum eines ihrer Freunde verdrängt hat.
Hoffentlich hatten Sie den im Kalender notiert.


Die LuftVO regelt übrigens das einzelne Wohngrundstück und die EU
Drohnenverordnung das Wohngebiet. In den meisten Fällen ist das
wahrscheinlich nicht weiter relevant. Aber zumindest muss in der
Kategorie OPEN A3 nicht auch noch ein Abstand von 150 Metern zu
einem bewohnten alleinstehenden Bauernhof gehalten werden. Der
ist dann zwar ein Wohngrundstück, aber kein ganzes Wohngebiet.


Doch nochmal zurück zu § 21 Abs. 3 Nr. 7 LuftVO. Es gibt noch
eine weiter Ausnahme für Flüge in einer Höhe von mindestens 100
Metern über Wohngrundstücken, wenn:
die Luftraumnutzung über dem betroffenen Wohngrundstück zur
Erfüllung eines berechtigten Betriebszwecks erforderlich ist,
öffentliche Flächen oder Grundstücke, die keine Wohngrundstücke
sind, für den Überflug nicht genutzt werden können und die
Zustimmung des Grundstückseigentümers oder sonstigen
Nutzungsberechtigten nicht in zumutbarer Weise eingeholt werden
kann, alle Vorkehrungen getroffen werden, um einen Eingriff in den
geschützten Privatbereich und in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung der betroffenen Bürger zu vermeiden; dazu zählt
insbesondere, dass in ihren Rechten Betroffene regelmäßig vorab zu
informieren sind, der Betrieb nicht zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr
Ortszeit stattfindet und nicht zu erwarten ist, dass durch den
Betrieb Immissionsrichtwerte nach Nummer 6.1 der Technischen
Anleitung zum Schutz gegen Lärm überschritten werden.

Der Hobbypilot beim spaßigen Sonntagsausflug ist da raus. Hat man
einen Betriebszweck und der Überflug über Wohngrundstücke ist
unvermeidlich, geht es daran, die Klinken der Nachbarschaft zu
putzen: „Guten Tag, darf ich mit Ihnen über etwas im Himmel
reden… also… Drohnen?“ Protipp zur Deeskalation: Nicht gleich mit
einer Mavic Pro um sechs Uhr morgens starten.


Jetzt haben wir über so viele Einschränkungen geplaudert, dabei
ist § 21h LuftVO so positiv formuliert, dass einem warm ums Herz
wird: „Die Benutzung des Luftraums durch unbemannte Fluggeräte
ist frei…“ „Der Betrieb in den nachfolgenden geografischen
Gebieten ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig: … über
Wohngrundstücken…“. Klingt super. Allerdings lernt der Jurist
immer, Gesetze auch zu Ende zu lesen. Und da findet sich die
wahrscheinlich für die meisten relevanteste Voraussetzung: „…wenn
der durch den Betrieb über dem jeweiligen Wohngrundstück in
seinen Rechten betroffene Eigentümer oder sonstige
Nutzungsberechtigte dem Überflug ausdrücklich zugestimmt hat“.
Kurz gesagt, ich darf außerhalb der oben genannten, völlig
unrealistischen Vorrausetzungen nur in Wohngebieten fliegen, wenn
der Eigentümer oder Mieter bzw. Besitzer unter meiner Drohne
ausdrücklich zugestimmt hat. In vielen Fällen wird man das selbst
sein. Und erfasst ist dann der Luftraum über dem Grundstück bis
zur Grenze der Nachbarn. Cool. Das klingt ja einfach, sofern man
nicht an der Autobahn, Bahngleisen, Millitärgebiet,
Naturschutzgebiet, Bundeswasserstraße oder ähnlichem wohnt.


Ich will ja kein Spielverderber sein, aber leider gibt es da noch
eine Kleinigkeit zu bedenken. Und ich bin nur der Überbringer der
Nachricht. Denn da gibt es noch den Datenschutz, Recht am eigenen
Bild, Persönlichkeitsrechte und das Urheberrecht. Denn auch wenn
man über seinem eigenen Grundstück fliegt, kann die Kamera
natürlich die Nachbarschaft erfassen.


Hinsichtlich des Urheberrechts können wir es kurz machen. Dazu
habe ich vor einigen Wochen eine Folge (Drohnenpodcast Nr. 3)
gemacht, die zeigt, dass nach einem aktuellen Urteil die
Panoramafreiheit bei Drohnenflügen höher als der eigene Kopf
nicht automatisch gilt. Das ist schade, weil die Panoramafreiheit
sonst vieles für Fotografen in Deutschland einfacher macht. Nach
dem neuen Urteil ist zumindest die Verwendung von Fotos und
Videos von urheberrechtlich geschützten Bauwerken problematisch.
Das sind nach dem Urteil vor allem Abbildungen von Kunst im
öffentlichen Raum, bei dem der Urheber noch nicht 70 Jahre
verstorben ist. Ob das auch auf sonstige architektonische Werke
anwendbar ist wie der hässliche Beton-Bungalow der Nachbarn?
Hoffen wir das Beste bei Folgeurteilen.


Der richtige Spaß kommt jedoch bei der Frage auf, was mit den
Persönlichkeitsrechten der Nachbarn ist. Die Antwort ist einfach,
die sind geschützt. Wobei es nicht nur um die Personen selbst
geht, sondern auch Daten geschützt sind, die mit ihnen in
Verbindung stehen. So kann auch das Auto vor der Garage, das
Vorhandensein eines Gartenpools oder die Position des Wohnzimmers
geschützt sein. Ob dabei ausschließlich die
Datenschutzgrundverordnung, das Kunsturhebergesetz und/oder das
verfassungsrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht zur
Anwendung kommt? Darüber kann man trefflich streiten. Und
streiten wollen wir doch nicht. Macht nur schlechte Stimmung. Da
versuche ich lieber in diesem Mienenfeld ein paar Grundannahmen
zu vermitteln.


Zunächst kann festgehalten werden, dass das Machen von Fotos oder
Videos weniger Regularien unterliegt als das Veröffentlichen.
Aber auch das Fotografieren und Filmen kann schon rechtlich
problematisch sein, wenn hierdurch die aufgenommene Person unter
Druck gesetzt wird und Angst haben muss, dass die Aufnahmen
weiterverwendet werden. Da kommt es sehr auf den Einzelfall an.
Die direkte Aufnahme des entblößten sonnenbadenden Nachbarn aus
wenigen Metern gehört sicherlich zum geschützten Bereich. Das
Überblicksbild aus 120 Metern ist da eher unproblematischer. Und
dazwischen? Versuchen Sie es am besten zunächst mit gesundem
Menschenverstand und der Frage, wie sie umgekehrt das Aufnehmen
finden würden. Hilft Ihnen das vor Gericht weiter? Nein. Aber es
hilft zumindest dabei, die gröbsten Verstöße zu verhindern. Und
Ärger bekommen Sie in der Regel in der Nachbarschaft nur, wenn
sich ein Nachbar beschwert. Übrigens kommt es nicht zwingend
darauf an, ob Sie tatsächlich die Kamera aktiviert haben. Schon
die potentielle Möglichkeit kann relevant sein, wenn sich dadurch
jemand bedrängt fühlt.


Beim Veröffentlichen der Aufnahmen nimmt die Regelungsdichte zu.
In vielen Fällen wird man da um die Einwilligung der Betroffenen
nicht herumkommen. Zumindest wenn sie erkennbar sind. Und wie
schon geschrieben, können auch die Gartengestaltung, KFZ-Wahl
oder Hausausstattung zu den von der Datenschutzgrundverordnung
geschützten Daten gehören. Ausnahmen von dem
Einwilligungserfordernis kann es geben, wenn Sie Versammlungen
aufnehmen (die eher selten in Wohngebieten stattfinden), Menschen
nur Beiwerk zu etwas Größerem bzw. der Natur sind oder Bildnisse
aus dem Bereich der Zeitgeschichte (siehe § 23 KunstUrhG)
erfolgen. Ggf. mache ich hierzu mal eine eigene Folge, da dies
nicht nur Wohngebiete betrifft.


Kurz gesagt, Fliegen über dem eigenen Grundstück (oder bei
anderen mit deren Einwilligung) ist mit leichten Drohnen oft vom
Luftverkehrsrecht her kein Problem. Werden dabei aber Nachbarn in
Person oder deren markantes Hab- und Gut aufgenommen, so sollte
man die lieber vorher informieren. Sollen die Aufnahmen
veröffentlicht werden (dafür reicht schon das Posten bei
Instagram), dann sollte man die Einwilligung einholen. Je weniger
Persönliches auf den Aufnahmen heraussticht, um so
wahrscheinlicher ist es, dass es keinen interessiert. Aber
selbst, wenn Sie Recht haben, hält das den aufgebrachten Bürger
nur selten davon ab, sich zu beschweren und gar die Polizei zu
rufen. Dann doch besser vorher Verständnis erzeugen. Aber ich
habe gut reden, hier am MacBook.

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