Folge 1330: SEPTEMBER 5 - Entscheiden unter mörderischem Zeitdruck
Der erste Eindruck direkt nach dem Kino
15 Minuten
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Beschreibung
vor 9 Monaten
Nachrichtenjournalist:innen entscheiden oft unter enormen
Zeitdruck – es gibt zu wenig Informationen und viel zu wenig
Zeit, um eine „richtige“ Entscheidung zu treffen. Dieses Dilemma
der Aktualität, der Rausch der Atemlosigkeit, das ist das Thema
von Tim Fehlbaums Film SEPTEMBER 5. Der Film schildert konsequent
aus der Perspektive der ABC-Sportnachrichtenredaktion die
Geschichte des Olympia-Attentats in München 1972, der Geiselnahme
und Ermordung der jüdischen Sportler. Während das Team auf der
einen Seite einfallsreich sein muss, um Live-Bilder des
Geschehens zeigen zu können, brechen auf dem Flur hinter dem
Regieraum Diskussionen zwischen den Verantwortlichen auf: Dürfen
wir eine Erschießung live übertragen? Helfen die Live-Bilder der
Terroristen, weil die Aktionen der Polizei zu sehen sind? Müssen
wir wirklich auf eine zweite Bestätigung für die breaking news
warten?
Tim Fehlbaum gelingt es, die 21 Stunden der weltweit ersten
Liveübertragung eines Attentats fast komplett im dunklen
Regieraum zu zeigen, als Kammerspiel vor einer Wand von
Monitoren, so atemlos im Rausch der aktuellen, sich
überschlagenden Ereignisse, dass dem Publikum die 90 Minuten
Laufzeit vorkommen wie 30 Minuten. Fehlbaum hat als Regisseur
hinter der Kamera einen Regisseur vor der Kamera im Regieraum
stehen – das ergibt eine Menge dramaturgischer Möglichkeiten, die
er sehr geschickt nutzt. Botenberichte zum Beispiel, über
Telefon, über das Radio, Schnitt über Anweisungen am Regiepult,
entscheidende Szenen über einen Monitor, die Gleichzeitigkeit der
Ereignisse über mehrere Monitore im Bild. Bewundernswert, dass in
der knappen Lauflänge weitere Motive Platz finden: die deutsche
Vergangenheit oder dass Frauen nicht ernst genommen werden. Ganz
stark übrigens Leonie Benesch als Übersetzerin, die mehrmals die
Initiative ergreift.
Im Podcast direkt nach dem Film diskutieren wir unter anderem,
wie der Film damit umgeht, dass die Berichterstattung für 900
Millionen wichtiger ist als die Sorge um die Geiseln und die
Meinungen gehen bei uns durchaus auseinander, was denn die
eigentliche Aufgabe der Journalist:innen ist. Schaut Euch den
Film auf jeden Fall im englischsprachigen Original an. Am
Mikrofon direkt nach dem Kino: Bettina, Katharina, Kathrin und
Thomas.
P.S. Wer sich für Journalismus im Film interessiert, sollte einen
Blick werfen auf journalismusfilme.de von
Patrick Torma, auch mit einer Filmkritik über September 5. Die
Podcastreihe Himmelfahrtskommando in der ARD
Audiothek erzählt die Geschehnisse aus der Perspektive eines
Polizisten.
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