Das geraubte Bild: „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann (Teil 2) / Lesekuren 31.2
37 Minuten
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Beschreibung
vor 10 Monaten
Mit freundlicher Genehmigung des S. Fischer-Verlages, Frankfurt
am Main
Dies ist die zweite von zwei Lesekuren zu Thomas Manns Roman
„Lotte in Weimar“.
„Ein Gedicht […] ist eigentlich gar nichts. Ein Gedicht, wissen
Sie, ist wie ein Kuß, den man der Welt gibt. Aber aus Küssen
werden keine Kinder.“ Ihr Lebtag fragt sich Charlotte Kestner,
geb. Buff, warum sich Goethe mit einem bloßen Kuss zufrieden
gegeben hat. Und warum ausgerechnet er, der sie und ihre kleine
Welt 1772 in Wetzlar so durcheinander gebracht hat, so schnell so
groß geworden ist und mit ihm, das Bild der jungen Frau, die sie
gewesen war… Denn der Roman „Die Leiden des jungen Werthers“
machte Goethe 1774 über alle Maßen berühmt. Das Getratsche über
die Wetzlarer Verhältnisse wurde laut und Lotte wurde quasi in
die Literaturgeschichte gezerrt, ob sie wollte oder nicht. 1816,
44 Jahre später, besuchte sie ihre Schwester in Weimar. Aus
diesem kleinen Ereignis schuf Thomas Mann einen großen Roman.
Gleichzeitig war ihm die Vereinnahmung Goethes durch den
Zeitgeist und das deutschtümelnde Pathos der Nationalsozialisten
in den 1930er Jahren so unerträglich, dass er etwas dagegensetzen
musste. „Lotte in Weimar“ ist ein hochartifizieller Roman, in dem
sich Thomas Mann in sechs Kapiteln Kreis um Kreis dem Weimarer
„Zentralgestirn“ nähert und dann im berühmten 7. Kapitel in
Goethes Kopf hineinspringt. Erst im 8. Kapitel kommt es zur
Begegnung zwischen der inzwischen 63-jährigen Charlotte Kestner
(geb. Buff) und Johann Wolfgang Goethe. Eine Lieblingsszene bei
Tisch: „Während sie sich so mit etwas kleiner Stimme äußerte,
hörte er, den Kopf gegen ihren Teller geneigt, Verständnis
nickend zu, indem er zu ihrer Beschämung einige Brösel und
Kügelchen, zu denen sie in Gedanken ihr Brot zerkrümelt, einzeln
mit dem Ringfinger auftupfte und sie zu einem ordentlichen
Häufchen zusammenlegte.“
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Links
Den Roman „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann gibt es als
Taschenbuch (S. Fischer). Es gibt aber auch die famose Edition
mit Kommentarband, ebenfalls bei S. Fischer erschienen:
https://www.fischerverlage.de/buch/reihe/thomas-mann-grosse-kommentierte-frankfurter-ausgabe-werke-briefe-tagebuecher
Das Hörbuch, gelesen von Gert Westphal:
https://www.der-audio-verlag.de/hoerbuecher/lotte-in-weimar-mann-thomas-978-3-7424-3352-7/
Weitere Folgen auf: www.lesekuren.de
Bild/Icon: Das Icon wurde von Katharina Hoheisel
entwickelt auf Grundlage von: André Édouard Marty, Sur La Digue –
Sonnenhut von Marthe Collot, Illustration aus La Gazette Du Bon
Ton, 1925.
Musik: „Vogel als Prophet“ von Robert Schumann
aus „Waldszenen“, Op. 82. Einspielung: Wilhelm Backhaus (1958),
vgl.: https://www.youtube.com/watch?v=K9bJnc0tSck
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