Hölderlin - Der Zeitgeist

Hölderlin - Der Zeitgeist

80 Sekunden

Beschreibung

vor 10 Monaten

Der Zeitgeist


Zu lang schon waltest über dem Haupte mir,
    Du in der dunkeln Wolke, du Gott der
Zeit!
          Zu
wild, zu bang ist's ringsum, und es
                Trümmert
und wankt ja, wohin ich blicke. 


Ach! wie ein Knabe, seh' ich zu Boden oft,
    Such' in der Höhle Rettung von dir, und
möcht',
          Ich
Blöder, eine Stelle finden,
                Alleserschütt'rer!
wo du nicht wärest. 


Laß endlich, Vater! offenen Aug's mich dir
    Begegnen! hast denn du nicht zuerst den
Geist
          Mit
deinem Strahl aus mir geweckt? mich
                Herrlich
ans Leben gebracht, o Vater! — 


Wohl keimt aus jungen Reben uns heil'ge Kraft;
    In milder Luft begegnet den
Sterblichen,
          Und
wenn sie still im Haine wandeln,
                Heiternd
ein Gott; doch allmächt'ger weckst du 


Die reine Seele Jünglingen auf, und lehrst
    Die Alten weise Künste; der Schlimme
nur
          Wird
schlimmer, daß er bälder ende,
                Wenn
du, Erschütterer! ihn ergreifest.

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