15. Mai - Getauft mit dem Heiligen Geist.

15. Mai - Getauft mit dem Heiligen Geist.

6 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren

In Gottesdiensten, in denen ich einen Menschen taufen darf, lasse
ich gern theatralisch das Wasser in das große goldene Taufbecken
unserer Kirche plätschern. Dafür habe ich einen großen
Messingeimer. Meist werde ich dabei nass. Überall auf dem Boden
sind Wassertropfen. Aber irgendwie mag ich das. Es soll doch zu
sehen sein, was da gleich kommt. Erlebbar. Gehört. Gespürt.


Und während ich das Wasser in das Taufbecken gieße, erzähle ich
vom Wasser. Ohne das es kein Leben gibt. In dem wir im Bauch
unserer Mutter schwammen. Das wir täglich brauchen. Und nutzen
(an dieser Stelle frage ich die Kinder gern, ob sie heute schon
Zähne geputzt haben. Die Antwort ist dabei nicht so wichtig.
Lustiger sind jedes Mal die nervösen Blicke der Mütter.). Ich
erzähle von unseren Tränen, die wir weinen vor Traurigkeit. Aber
auch Freude und Glück. Ich erzähle von stürmischen Wassern, in
denen wir versinken können. Und ich erzähle vom Wasser des
Lebens. Das ist das Wasser, mit dem wir taufen. Und während
dessen plätschert es. Das Wasser.


Dann kommen die Familien nach vorn. Meist mit einem kleinen Kind
auf dem Arm. Sind nervös, weil sie Angst haben etwas falsch zu
machen. Dabei können sie das gar nicht. Denn wir sind doch im
Haus Gottes! Aber das wissen sie oft nicht. Ich versuche, ihnen
die Angst zu nehmen. Auch das sehe ich als meine Aufgabe als
Pastorin. Es gibt Wichtigeres im Leben und erst recht im
Gottesdienst, als angespannt zu sein und keine Fehler machen zu
wollen. Ich erkläre alles ganz genau. Und sage: So schön, dass
wir hier sind. So schön, dass dies ein geschützter Raum ist, wo
es nicht schlimm ist, wenn etwas schief geht.


Seit der Pandemie taufen die Eltern in meinen Gottesdiensten
selbst. Ich spreche die Taufworte. Die Eltern geben dem Kind das
Wasser auf die Stirn und segnen es. Einmal hat eine sehr große
Vaterhand das ganze Kind nass gemacht. Das fand die Mutter nicht
so lustig. Es hatte auf jeden Fall etwas sichtbar bleibendes. Ein
anderes Mal war ich mir nicht sicher, ob die Stirn des Kindes
wirklich Wasser abbekommen hatte. Manche Kinder schreien wie am
Spieß. Das ist den Eltern dann unangenehm. Ich mache dann einen
Witz. Das erleichtert sie. Manche Kinder schlafen währenddessen.
Und wieder andere wollen einfach nur mit dem Wasser im Becken
spielen.


Alles soll sein dürfen. Alles Raum haben. Denn das Wasser, mit
dem wir taufen, das ist nicht einfach nur Wasser. Ja, klar, es
ist im Prinzip Wasser. Kein besonderes Wasser. Nichts besonders
heiliges. Aber mit dem Versprechen Gottes, da wird es zu etwas
Besonderem. Im Taufgeschehen wird uns Gottes Gnade zugesagt. Wir
werden ein neuer Mensch. Ja, sogar Kinder. Nicht, weil sie von
irgendwelchen Sünden reingewaschen werden. Sondern weil wir alle
in der Taufe von Gott als seine Kinder angenommen werden. Und als
solche durch unser Leben gehen dürfen. Mit dem Heiligen Geist
getauft. Gesehen. Angenommen. Geliebt.


Und was geschieht mit dem Wasser nach der Taufe? Das kippe ich in
die Erde zu den Blumen hinter unserer Tür. Der Tür, durch die wir
unsere Verstorbenen zum Friedhof begleiten. Leben überall.

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