Beschreibung

vor 10 Jahren
Aquagener Pruritus ist eine stark einschränkende Begleiterscheinung
der Polycythemia Vera. Er ist gekennzeichnet durch ein stark
juckendes, stechendes, kribbelndes oder brennendes Gefühl nach
Wasserkontakt mit der Haut. Sichtbare Veränderungen zeigen sich
nicht. Da er die Lebensqualität betroffener Patienten stark
einschränkt und für einen Großteil der chronischen Beschwerden der
Polycythaemia Vera verantwortlich ist, ist ein besseres Verständnis
dieser Erscheinung für eine bessere Behandlung dringend
erforderlich. Obwohl der aquagene Pruritus zuerst vor mehr als 40
Jahren beschrieben wurde, ist nur sehr wenig über die
Pathophysiologie und Prävalenz bekannt. Ebensowenig ist bekannt
über den Charakter, seinen Einfluss auf die Lebensqualität oder die
optimale Therapie. Auch wenn der Juckreiz in manchen klinischen
Studien, die die Polycythaemia Vera betreffen erwähnt wird, wird er
überraschenderweise bei der Bewertung der klinischen Wirksamkeit
von Medikamenten bisher noch vernachlässigt. Andere Marker, wie die
Prävention thromboembolischer Komplikationen, Kontrolle des
Hämatokrit oder Reduktion einer Splenomegalie werden üblicherweise
als wichtigere Parameter der therapeutischen Wirksamkeit erachtet.
Folglich wurde bislang der Einfluß des aquagenen Pruritus auf die
Lebensqualität und damit die Notwendigkeit einer Behandlung
weitgehend ignoriert. Deshalb haben wir uns entschlossen, die
klinischen Eigenschaften des aquagenen Pruritus sowie seinen
Einfluß auf die Lebensqualität an einer großen Kohorte deutscher
Patienten mit Polycythaemia Vera mittels eines Patientenfragebogen
zu untersuchen. 301 der 441 untersuchten Patienten litten an
aquagenem Pruritus. Bei 64,8 % dieser Patienten trat er im
Durchschnitt 2,9 Jahre vor der Diagnose der Polycythaemia Vera auf.
Nur bei 15,4 % führte dies zu einer hämatologischen Untersuchung.
Aquagener Pruritus tritt hauptsächlich am Körperstamm und den
proximalen Extremitäten auf. Die meisten Patienten beschreiben ihn
als Juckreiz (71,8 %), der Rest als kribbelnde, stechende oder
brennende Empfindung. 44 Patienten (14,6 %) klassifizierten den
Pruritus als "unerträglich". Patienten mit aquagenem Pruritus
erzielten im EORTC-Lebensqualität-Fragebogen erniedrigte Werte
bezüglich des Globalen Gesundheitsstatus. Sie litten auch mehr
unter Fatigue, Schmerzen und Dyspnoe. Nur 24 % der Patienten
erhielten eine gegen den aquagenen Pruritus gerichtete Therapie.
Meist wurden Antihistaminika verschrieben, die die Symptome in gut
der Hälfte der Fälle besserten. Bei 5,6 % der Fälle konnte eine
PV-spezifische Therapie (Aderlässe, Zytoreduktion) eine
Symptomfreiheit bewirken. Zusammenfassend ist der aquagene Pruritus
ein ernstzunehmendes Symptom bei Patienten mit Polycythaemia Vera,
das schwierig zu behandeln ist. Die Einführung der neuen
JAK2-Inhibitoren könnte jedoch neue Therapiemöglichkeiten eröffnen.

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