“Gendern kann nerven und zugleich sinnvoll sein” – Judith Barbolini über Polarisierung und gute Nachrichten.
37 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Aufreger-Sterne: Gendern triggert viele Menschen, weil es
gesellschaftliche Probleme an die Oberfläche bringt, sagt Judith
Barbolini vom Rheingold-Institut im turi2 Clubraum. Sie hat vor
Kurzem eine Studie geleitet, die gezeigt hat, dass mehr als die
Hälfte der jungen Menschen in Deutschland von Sternchen,
Unterstrichen und der Debatte im Allgemeinen genervt ist.
Geschlechtergerechte Sprache führe einen "Stellvertreterkrieg"
gegen Probleme wie Rassismus oder Sexismus, sagt die
Studienleiterin. Zudem können vor allem Männer die Bedeutung des
Genderns noch nicht richtig einschätzen. Sie fühlen sich dadurch
"in ihren Domains beschnitten" und haben das Gefühl, "aus ihren
Rollen gedrängt" zu werden. Barbolini fühle sich seit der
Untersuchung vom generischen Maskulinum nicht mehr angesprochen,
erzählt sie Aline von Drateln und Markus Trantow. Über manche Worte
stolpere die Studienleiterin allerdings noch, beispielsweise über
"Gästin". Es höre sich in ihren Ohren noch "falsch" an und sei
damit eher "ein Störer als ein Zeichen für Toleranz". Sollten
Medien und Unternehmen nun gendern oder nicht, fragt der
Chefredakteur von turi2. "Es kommt drauf an", entgegnet Barbolini.
Bei dem Thema gebe es keine klare Handlungsanweisung, da das
Gendern selbst noch keine klaren Regeln hat. Allerdings komme
geschlechtergerechte Sprache bei jungen Menschen prinzipiell gut
an: "Auch wenn es einen nervt und ärgert, heißt das nicht, dass man
es nicht als sinnvoll erachten kann." Vor allem im Jobkontext
gehöre es mittlerweile "zum guten Ton". Das Trio spricht im Podcast
auch über die aktuelle Nachrichtenlage, in der fast ausschließlich
negative Schlagzeilen dominieren. Das verstärkt die
"Lähmungserscheinungen" der Pandemie, weil wir das Gefühl haben,
"dass wir uns gar nicht mehr freuen dürfen", sagt Barbolini.
Trantow bestätigt, dass er sich in einer dauerhaften
"Alarmstimmung" befindet. Moderatorin Aline von Drateln sieht das
Grundproblem in der Journalistenausbildung, in der der Leitspruch
"only bad news are good news" vermittelt wurde. Alle sind sich
einig, dass Medien Handlungsanweisungen geben müssen, um positiv
durch die Krise zu kommen. Ähnlich sieht es beim Umgang mit der
russischen Bevölkerung aus. Trantow findet, die Sanktionen gegen
Russland dürften sich nicht gegen die Kultur und das Volk selbst
wenden. "Wir sollten die Tore zur russischen Zivilgesellschaft weit
öffnen", damit ein Austausch stattfinden kann. Er findet es falsch,
wenn beispielsweise russische Künstlerinnnen oder Komponisten aus
Orchestern verbannt werden. Drateln stimmt zu, sagt aber: Bei einem
Auftritt der Sopranistin und Putin-Anhängerin Anna Netrebko könnte
sie nicht "mit gutem Gewissen in der Pause Piccolo schlürfen". Der
turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem
prominenten Gast die Themen der Woche. Kommende Woche ist Verena
Gründel zu Gast, die Chefredakteurin des Branchenmagazins "Werben
und Verkaufen".
gesellschaftliche Probleme an die Oberfläche bringt, sagt Judith
Barbolini vom Rheingold-Institut im turi2 Clubraum. Sie hat vor
Kurzem eine Studie geleitet, die gezeigt hat, dass mehr als die
Hälfte der jungen Menschen in Deutschland von Sternchen,
Unterstrichen und der Debatte im Allgemeinen genervt ist.
Geschlechtergerechte Sprache führe einen "Stellvertreterkrieg"
gegen Probleme wie Rassismus oder Sexismus, sagt die
Studienleiterin. Zudem können vor allem Männer die Bedeutung des
Genderns noch nicht richtig einschätzen. Sie fühlen sich dadurch
"in ihren Domains beschnitten" und haben das Gefühl, "aus ihren
Rollen gedrängt" zu werden. Barbolini fühle sich seit der
Untersuchung vom generischen Maskulinum nicht mehr angesprochen,
erzählt sie Aline von Drateln und Markus Trantow. Über manche Worte
stolpere die Studienleiterin allerdings noch, beispielsweise über
"Gästin". Es höre sich in ihren Ohren noch "falsch" an und sei
damit eher "ein Störer als ein Zeichen für Toleranz". Sollten
Medien und Unternehmen nun gendern oder nicht, fragt der
Chefredakteur von turi2. "Es kommt drauf an", entgegnet Barbolini.
Bei dem Thema gebe es keine klare Handlungsanweisung, da das
Gendern selbst noch keine klaren Regeln hat. Allerdings komme
geschlechtergerechte Sprache bei jungen Menschen prinzipiell gut
an: "Auch wenn es einen nervt und ärgert, heißt das nicht, dass man
es nicht als sinnvoll erachten kann." Vor allem im Jobkontext
gehöre es mittlerweile "zum guten Ton". Das Trio spricht im Podcast
auch über die aktuelle Nachrichtenlage, in der fast ausschließlich
negative Schlagzeilen dominieren. Das verstärkt die
"Lähmungserscheinungen" der Pandemie, weil wir das Gefühl haben,
"dass wir uns gar nicht mehr freuen dürfen", sagt Barbolini.
Trantow bestätigt, dass er sich in einer dauerhaften
"Alarmstimmung" befindet. Moderatorin Aline von Drateln sieht das
Grundproblem in der Journalistenausbildung, in der der Leitspruch
"only bad news are good news" vermittelt wurde. Alle sind sich
einig, dass Medien Handlungsanweisungen geben müssen, um positiv
durch die Krise zu kommen. Ähnlich sieht es beim Umgang mit der
russischen Bevölkerung aus. Trantow findet, die Sanktionen gegen
Russland dürften sich nicht gegen die Kultur und das Volk selbst
wenden. "Wir sollten die Tore zur russischen Zivilgesellschaft weit
öffnen", damit ein Austausch stattfinden kann. Er findet es falsch,
wenn beispielsweise russische Künstlerinnnen oder Komponisten aus
Orchestern verbannt werden. Drateln stimmt zu, sagt aber: Bei einem
Auftritt der Sopranistin und Putin-Anhängerin Anna Netrebko könnte
sie nicht "mit gutem Gewissen in der Pause Piccolo schlürfen". Der
turi2 Clubraum diskutiert jeden Freitag um 12 Uhr mit einem
prominenten Gast die Themen der Woche. Kommende Woche ist Verena
Gründel zu Gast, die Chefredakteurin des Branchenmagazins "Werben
und Verkaufen".
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