Wie schafft Sachsen die Verkehrswende, Herr Günther?

Wie schafft Sachsen die Verkehrswende, Herr Günther?

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) stellt die Sinnhaftigkeit des A4-Ausbaus in Frage. Im Podcast spricht er außerdem über die "Kenia"-Koalition und umstrittene Abschiebungen.
41 Minuten
Podcast
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Beschreibung

vor 2 Jahren
Zweifel an der Sinnhaftigkeit des A4-Ausbaus hat Sachsens
Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) geäußert. "Das
Verkehrsproblem wird man nicht lösen können mit immer mehr Spuren",
sagt Günther in der neuesten Ausgabe des Podcasts "Politik in
Sachsen". Man habe sich zwar im Koalitionsvertrag mit CDU und SPD
auf den sechsspurigen Ausbau der Autobahn zwischen Dresden-Nord und
Bautzen-Ost geeinigt. "Deswegen werden wir nicht dagegen
anarbeiten", so Günther. "Aber die Lösung der Probleme ist es
nicht." Die Verlagerung von Schwerlastverkehr auf die Schiene sei
vielmehr ein Lösungsansatz. Der sechsspurige Ausbau der Autobahn
sei ohnehin "eine Frage von Jahrzehnten, eh der kommt", warnt
Günther vor allzu hohen Erwartungen an eine schnelle
Verkehrs-Besserung auf der stark befahrenen und unfallträchtigen
Strecke. "Die Frage ist doch: Investiere ich jetzt in ein System,
von dem ich jetzt schon weiß, dass es eigentlich falsch ist und
immer mehr und mehr dort hinein. Oder investiere ich mal langsam in
die Systeme, die tatsächlich die Probleme an der Wurzel greifen",
sagt Günther. Dazu gehöre für ihn ein anderes Mobilitäts-,
Logistik- und Fertigungssystem. Ein nachhaltigeres System sei
gefragt. "Vieles, was da von A nach B hin- und hergekurvt wird,
müsste vielleicht gar nicht von A nach B, quer durch Europa im
Zickzack gekurvt werden, sondern es geht auch darum, wie wir
bestimmte Wertschöpfungsketten in der Wirtschaft wieder
regionalisieren können", fordert Günther, auch den Klimaschutz zu
berücksichtigen. "Das wird dann langfristig den Menschen helfen,
die dann vielleicht mal wirklich staufrei mit ihrem Pkw diese
Autobahn benutzen wollen." Seinem Empfinden nach würden die Grünen
in Deutschland und auch in Sachsen zunehmend als "Problemlöser"
wahrgenommen. Von den Grünen werde erwartet, Lösungen zu suchen und
anzugehen für Probleme, die "jahrzehntelang ausgesessen, nicht
angegangen" worden sind. "Wo wir immer die Botschaft bringen
müssen, dass so ein schwerer Tanker, sich nicht von heute auf
morgen in eine andere Richtung bewegen lässt." Die gemeinsame
Arbeit in der "Kenia"-Koalition bezeichnete Günther als
"ordentlich". Es gebe natürlich "verschiedene Blickwinkel". "Diese
Koalition ist vor allem eine Arbeits-Koalition", sagte Günther. Er
könne sich durchaus eine schwarz-grüne Koalition in Sachsen und auf
Bundesebene vorstellen. "Es geht um Themen, ich bin froh, dass das
Lager-Denken vorüber ist", sagte Günther. Die kürzlich von
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) öffentlich geäußerte
pauschale Grünen-Kritik, wies Günther als Griff in die
"Mottenkiste" zurück. "Wie kann denn jemand, der jahrelang
bestimmte Themen wie die Energiewende schlichtweg ausbremst, sich
jetzt beschweren, dass einer das Thema beherzt angreift", so
Günther. "Diese Stereotypen funktionieren nicht mehr." Zum
koalitionsinternen Streitfall um die nächtliche Abschiebung einer
neunköpfigen georgischen Familie aus Pirna bekräftigte Günther
seine Kritik am Vorgehen in diesem Fall. "Wir stehen nicht nur für
ein weltoffenes Sachsen, sondern für einen bis ins Letzte
menschlichen Umgang miteinander", sagt der stellvertretende
Ministerpräsident. Dies sei auch im Koalitionsvertrag
festgeschrieben. "Wir leben in einem Rechtsstaat, aber neben
formal-juristischen Dingen, gibt es da noch eine menschlich
Komponente." Ob er für die nach Tiflis ausgeflogene Familie
Imerlishvilli noch eine Chance auf baldige Rückkehr nach Sachsen
sieht? "Das sehe ich eher sehr skeptisch", sagt Günther. Er könne
auch nicht ausschließen, dass weitere Familien auf diese Weise aus
Sachsen abgeschoben werden. Wichtig sei aber, dass es mehr
Lösungsmöglichkeiten geben müsse für Familien, die so gut
integriert sind wie die georgische Großfamilie. "Denn eigentlich
suchen wir hier doch händeringende solche Leute", sagt Günther.

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