Warum sind in Sachsen die Corona-Proteste so stark, Herr Vorländer?

Warum sind in Sachsen die Corona-Proteste so stark, Herr Vorländer?

Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer analysiert die Ursachen und den politisch ungeschickten Umgang mit Corona-Protest in Sachsen.
57 Minuten
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Beschreibung

vor 3 Jahren
Seit einigen Wochen sind Hunderte von Menschen immer wieder
montagabends auf Sachsens Straßen unterwegs, um gegen die
Verschärfung von Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. "Die Politik
hat es schwer in solchen extremen Krisenzeiten", sagt der Dresdner
Politikwissenschaftler Hans Vorländer im Podcast "Politik in
Sachsen" zu dem wachsenden Phänomen. Vorländer sieht durchaus auch
politische Fehler, die dazu geführt haben. "Man fährt auf Sicht.
Hinzu kommt, dass einige Entscheidungen nicht immer ganz plausible
sind", kritisiert er auch Fehler der sächsischen Landesregierung.
"Es wird dauernd etwas verändert. [...] Wenn es am Freitag noch
heißt Bergmannsparaden und Weihnachtsmärkte werden von der
Schließung ausgenommen, montags tritt die neue Verordnung in Kraft,
aber dienstags sagt die Politik wieder etwas anderes, dann ist das
keine ganz klare und stringente Kommunikation." Da könne man schon
ein "bisschen irre werden", sagt der Politikwisschaftler, der an
der TU Dresden das Zentrum für Verfassungs- und Demokratieforschung
leitet. Zudem habe es die Landesregierung versäumt, in der Pandemie
einen Krisenstab einzurichten, der die Landkreise, Landräte und
Kommunen stärker einbezieht. Dies hätte ein einheitlich Agieren
ermöglichen können. "Was da passiert, ist für das politische
Erscheinungsbild, aber auch für die Umsetzung von Maßnahmen einfach
hinderlich", kritisiert Vorländer, was stattdessen passiert ist.
Dass sich ausgerechnet in Sachsen so viele Menschen während der
Pandemie in Verschwörungstheorien flüchteten, erklärt Vorländer mit
der Sehnsucht nach Sicherheit. "Die Menschen erleben den Verlust
der Kontrolle über ihr Leben in Krisenzeiten hautnah", sagt
Vorländer. "Darum suchen sich nach Gewissheit und dann kommt man
auf diese vermeintlich letzten Ursachen und flüchtet sich, um sich
selbst einigermaßen Sicherheit zu geben, in eine
Verschwörungserzählung." Für Vorländer sei das "menschlich
nachvollziehbar," in demokratietheoretischer Hinsicht aber "eine
fatale Entwicklung." Seiner Einschätzung nach fehle noch immer eine
aktive, stabile gesellschaftliche Mitte, die sich auch stärker
artikuliere. "Wir müssen aufpassen, dass sich die Menschen nicht
gänzlich entfremden von der Demokratie", warnt der
Politikwissenschaftler und mahnt: "Daran müssen fast alle
mitwirken."

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