Georg Uecker über Häme in der Community und eine bizarre Medienjagd

Georg Uecker über Häme in der Community und eine bizarre Medienjagd

1 Stunde 5 Minuten
Podcast
Podcaster
Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Beschreibung

vor 3 Jahren
Georg Uecker spricht mit Johannes Kram so offen wie nie zuvor über
die Reaktionen auf seine HIV-bedingte optische Veränderung, sein
Leben als "schwuler Klassensprecher" der Nation und den
"Nachholbedarf" bei queeren Figuren im TV. Stell dir vor, du stehst
mit deinem Auto an der roten Ampel, als sich plötzlich ein Fotograf
auf die Kühlerhaube wirft und dich durch die Windschutzscheibe
knipst, um endlich ein Bild von dir und deinem eingefallenen
Gesicht in einem Boulevardmedium veröffentlichen zu können. Georg
Uecker musste sich das nicht vorstellen, er hat es so erlebt. Als
Trauzeuge nach der Hochzeit seines besten Freundes Thomas Hermanns
2008 in Berlin. "Es war eine sehr schwierige, eine schreckliche
Zeit", berichtet Uecker im neuen QUEERKRAM-Podcast mit Johannes
Kram über die Zeit mehrere Jahre nach der Doppeldiagnose
Morbus-Hodgkin-Krebs und HIV. Er hatte den Krebs in einer
qualvollen Therapie längst besiegt, das HI-Virus mit Medikamenten
unter die Nachweisgrenze gezwungen – doch als Nebenwirkung seiner
Gesundung zeigte sich der enorme Fettverlust im Gesicht, der sein
Aussehen drastisch veränderte und für viel Getuschel, Häme und
Spekulationen sorgte Uecker spricht über seine erste Freude, ein
schlankeres Gesicht zu haben, wie er die weitere Veränderung
versuchte einfach auszublenden und schließlich den richtigen
Zeitpunkt verpasste, sie selbstbestimmt in den Medien zu
thematisieren. Bereits in seiner Autobiografie "Ich mach' dann mal
weiter!" schrieb Georg Uecker 2018 über seine Erkrankung und die
Reaktionen in der Öffentlichkeit. Im QUEERKRAM-Podcast öffnet er
sich nun noch weiter. Das Interesse der Öffentlichkeit sei legitim,
sagt der Schauspieler im Gespräch mit Johannes Kram, das sei nun
mal der Preis der Karriere. Und doch berichtet er von schweren
Verletzungen. Etwa als in einer Berliner Schwulenkneipe zwei Gäste
so laut über ihn redeten, dass er es hören sollte: "Hast du den
Uecker gesehen?", meinte der eine. "Ich dachte, der wäre schon
tot", sagte der andere. Es gehe nicht um ihn persönlich, stellt
Uecker klar. Er sei besorgt, wie die schwule Community teilweise
miteinander umgehe. In der Szene habe er schon eine Häme erlebt
"schlimmer als die böse Nachbarin aus dem Kaff, aus dem ihr
geflohen sind". Richtige und wichtige Worte des "schwulen
Klassensprechers" der Nation, mit der er seine Rolle bei der
"Lindenstraße" zusammenfasst. Natürlich geht es im
QUEERKRAM-Podcast auch über die kürzlich abgesetzte ARD-Soap, in
der Uecker 34 Jahre lang den schwulen Arzt Carsten Flöter spielte.
Mit Johannes Kram reflektiert er die wegweisende Bedeutung der
ersten homosexuellen Figur im deutschen TV – und sieht auch 30
Jahre nach seinem legendären schwulen Fernsehkuss einen
qualitativen "Nachholbedarf" an LGBTI-Charakteren. Georg Uecker,
das zeigt sich nach dem fesselnden Gespräch, ist ein queerer
Pionier, der in Deutschland noch viel zu wenig gewürdigt wurde. Was
vielleicht auch am "mangelnden historischen Bewusstsein" der
Community liegen könnte, das im gut einstündigen Podcast ebenfalls
zum Thema wird. queer.de vom 8.5. 2020

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