Hartmut Stocker und Holger Wicht zu Affenpocken: Was wir wissen. Was jetzt wichtig ist.

Hartmut Stocker und Holger Wicht zu Affenpocken: Was wir wissen. Was jetzt wichtig ist.

1 Stunde 3 Minuten
Podcast
Podcaster
Queer.de präsentiert den queeren Podcast mit Nollendorfblogger Johannes Kram

Beschreibung

vor 1 Jahr
Der Infektiologe Hartmut Stocker und der Sprecher der Deutschen
Aidshilfe Holger Wicht sprechen über den MPX-Ausbruch in der
schwulen Community, die Ansteckungsgefahr beim CSD und notwendige
Präventionsmaßnahmen. In Köln werden an diesem Wochenende wieder
Hunderttausende zum CSD erwartet. Manche Menschen bleiben
allerdings auch zuhause. Denn Corona ist nicht einfach
verschwunden, der Anschlag in Oslo hat neue Ängste geweckt, und
dann gibt’s ja nun auch noch die Affenpocken. Über 1.000 Fälle
meldete das RKI am 1. Juli aus allen 16 Bundesländern, bei den
Infizierten handelt es sich fast ausnahmslos um schwule Männer.
Pride-Veranstaltungen seien „wirkungsvolle Gelegenheiten" für das
MPX-Virus, um "junge, sexuell aktive und hochmobile Leute" zu
befallen, warnt selbst die WHO. Wie sicher ist der CSD? Das ist nur
eine von vielen Fragen, die Johannes Kram den Gästen seines neuen
QUEERKRAM-Podcasts stellt. Mit Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik
für Infektiologie am Berliner St. Joseph Krankenhaus, und Holger
Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe, spricht er eine
Stunde lang über den weltweiten MPX-Ausbruch, neue medizinische
Erkenntnisse, die Balance zwischen Stigmatisierungsgefahr und
gezielter Ansprache der sexpositiven schwulen Szene und wie der
noch knappe Impfstoff am besten verteilt werden sollte. Ein
„zufälliger Startpunkt“ (Wicht) und „reines Zufallsgeschehen“
(Stocker) sei es, so betonen beide, dass sich die Infektionen
aktuell überwiegend unter homo- und bisexuellen Männern mit
wechselnden Sexpartnern verbreiten. „Wenn das Virus erstmal in
einer Gruppe drin ist, dann geht es rund“, erklärt der
DAH-Pressesprecher. Anderthalb Monate nach dem Auftreten der ersten
Fälle hat der Chefarzt neue, wichtige Erkenntnisse. Zum einen komme
es immer wieder zu sogenannten Superinfektionen mit anderen
Krankheitserregern, zum anderen habe er Patienten mit äußerst
schmerzhaften Analentzündungen. Gerade an der Eintrittsstelle des
Virus in den Körper beobachte er besonders heftige
Pocken-Reaktionen mit späterer Vernarbung. Bei einer Infektion etwa
am Mund werde „das nicht wieder hübsch“. Für manche Betroffene
seien die Affenpocken eine wortwörtliche „pain in the ass“,
bestätigt Holger Wicht. Bedeutet das ein Comeback des Kondoms? „Das
Kondom reduziert das Risiko an bestimmten Stellen, aber es ist
keine Garantie, dass man sich nicht infiziert“, stellt der Wicht
klar. „Kondome schützen deine besten Teile“, wird Hartmut Stocker
deutlicher. Beide setzen auf Aufklärung und wollen, dass Menschen
ihre eigenen Risikoabwägungen und Entscheidungen treffen. Wicht
etwa, so erzählt er im Podcast, verzichtet aktuell auf Besuche in
der Sauna. Von der kompletten Schließung schwuler Dampfbäder oder
Darkrooms, wie auch teilweise aus der Community gefordert wird,
halten die beiden Experten überhaupt nichts. Schneller Sex lasse
sich nicht verbieten, schon gar nicht im Zeitalter von Grindr,
warnt der DAH-Sprecher und verweist auf die Erfahrungen aus der
Aidskrise. Der Affenpocken-Ausbruch ließe sich mit solchen
Maßnahmen auch gar nicht mehr stoppen, ergänzt der Chefarzt. Auch
beim Pride-Wochenende an diesem Wochenende in Köln setzen die
beiden Podcast-Gäste auf persönliche Risikoabwegung. „„Lasst euch
nicht den Spaß verderben. CSDs sind nicht infektiös. Es kommt
darauf an, was man tut“, sagt Wicht. Aber kann man denn nun jemand
mit nacktem Oberkörper auf der Parade noch unbedenklich umarmen?
Auch darüber diskutieren der DAH-Pressesprecher und der Chefarzt,
die sich in vielen, aber nicht allen Punkten einig sind, und sich
vor allem mit klaren Verhaltensregeln schwertun. Es gibt viele
Zwischentöne, es geht um zahlreiche weitere Aspekte im Umgang mit
den Affenpocken, darunter Scham und Ausgrenzung, aber auch um die
nicht gerade wenigen offenen Fragen. Ein absolut informatives und
hilfreiches Gespräch, um die Lage selbst besser einschätzen und
eigene Abwägung treffen zu können. - Micha Schulze, queer.de, 2.
Juli 2022

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