Podcaster
Episoden
23.11.2022
18 Minuten
Thermisch angetriebene Absorptionskälteanlagen sind ein wichtiger
Baustein für die kältetechnische als auch für die wärmetechnische
Versorgung, wenn man diese Systeme intelligent koppelt. Sie
bieten beispielsweise die Chance, die bisher ungenutzte Abwärme
sinnvoll zu nutzen.
In diesem Podcast erläutert Dr. Mathias Safarik,
Hauptbereichsleiter der Angewandten Energietechnik am ILK
Dresden, welchen Beitrag die thermische Kälteerzeugung in der
Energiewende leisten kann, wo noch Handlungsbedarf besteht und
welche wissenschaftlichen Herausforderungen er sieht.: Zum
Beispiel wie diese Systeme an die erneuerbaren Energien angepasst
werden müssen und ab welcher Kälteleistung überhaupt eine
Absorptionskälteanlage interessant ist?
https://www.ilkdresden.de/leistungen/forschung-und-entwicklung/projekt/thermische-kaelteerzeugung-absorptionskaeltetechnik
https://www.ilkdresden.de/leistungen/forschung-und-entwicklung/projekt/seethermie-studie-jetzt-frei-verfuegbar
https://www.ilkdresden.de/leistungen/produkte-und-prototypenbau/projekt/vakuum-fluessigeis-technologie
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01.07.2022
24 Minuten
Herzlich Willkommen zur vierten Folge „Wissenschaft
praktisch erklärt“
Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe möchten wir neueste
Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten des ILK
Dresden vorstellen.
Heute sprechen wir über Wärmepumpen, Sektorenkopplung und
Energiewende.
Die Energiewende ist seit vielen Jahren in aller Munde. Die
Sektorenkopplung bezeichnet die umfassende Vernetzung aller
Sektoren der Energiewirtschaft und Industrie. Also den Austausch
von Energie, um wirklich alle fossilen Brennstoffe wie Gas, Kohle
und Benzin zu ersetzen. Den Wärmepumpen kommt dabei mit der
strombasierten Wärmeerzeugung eine ganz besondere Bedeutung
bei.
Das ILK Dresden arbeitet seit Jahrzehnten an der Verbesserung der
Wärmepumpen und deren Integration in Anwendungen.
Mein Name ist Uwe Franzke. Ich bin der Geschäftsführer des ILK
Dresden.
Ich begrüße unseren heutigen Gast ganz herzlich – Herrn Markus
Müller.
Er arbeitet im Bereich Kälte- und Wärmepumpentechnik des ILK seit
über 20 Jahren
Seine Themengebiete im ILK u.a.:
Wärmepumpen
Kälteanlagen/Prüfstände
Wärmeübertragung
Herzlich willkommen!
Herr Müller, wir werden heute über die Forschungsarbeiten zu den
Wärmepumpen sprechen und wollen den Podcast unter die Überschrift
stellen:
„Beiträge der Wärmepumpen zur Sektorenkopplung“
Was genau sind Wärmepumpen?
Obwohl der Begriff in aller Munde ist, stelle ich immer wieder
fest, dass viele Leute nicht genau wissen, was eine Wärmepumpe
ist, wie sie funktioniert und was die wichtigsten Randbedingungen
sind. Wir Ingenieure verwenden sehr gern Analogien, wenn wir
etwas erklären wollen. So will ich die Wärmepumpe mal mit einer
Wasserpumpe vergleichen, die Wasser aus einem Brunnen an die
Oberfläche befördert, um z.B. den Garten zu bewässern. Dazu kurz
der eigentlich triviale Hinweis, dass im Brunnen auch Wasser da
sein muss, dass ich hochpumpen kann.
Da es den sogenannten Energieerhaltungssatz gibt – d.h. Energie
kann nicht erzeugt werden oder verschwinden, sondern nur
umgewandelt werden, betrachten wird die Wärme als Energieform,
die von einem niedrigen Temperaturniveau, also z.B. kalte
Außenluft oder Erdwärme, auf ein hohes Temperaturniveau gepumpt
wird. Hierzu wird elektrische Energie benötigt. Die technische
Einrichtung dafür ist eine Kältemaschine bzw. Wärmepumpe, die aus
einem oder mehreren Verdichtern und Wärmeübertragern besteht, in
denen ein sogenanntes Kältemittel zirkuliert. Je nach der
Temperaturdifferenz zwischen dem kalten und warmen
Temperaturniveau ist die elektrische Antriebsenergie nur ein
Bruchteil der gepumpten Wärme, hängt aber wie bei der Wasserpumpe
auch immer von der Höhe, also dem Temperaturhub, ab.
Mit einer kWh Strom kann ich also mehrere kWh Wärme für die
Beheizung oder Erzeugung von warmem Wasser bereitstellen. Wichtig
dabei ist zu beachten, dass ich die Wärmemenge auf dem niedrigen
Niveau auch zur Verfügung habe – wie in meinem Beispiel vorhin,
das Wasser. Und da kommt dann schon die Sektorkopplung ins
Spiel.
Wie genau geschieht die Integration der Wärmepumpen in
die Sektorenkopplung?
Der Begriff Sektorenkopplung meint heute meistens die Verknüpfung
der Bereiche Elektroenergie, Wärme, Kälte, ggf. noch Verkehr –
und dies aus Angebots- und Nachfragesicht, was also auch die
Speicherung mit einbezieht. Insbesondere im Hinblick auf
erneuerbare Energien, die bekanntermaßen sehr ungleichmäßig zur
Verfügung stehen, ist es notwendig, intelligente Strategien zu
entwickeln. Die Wärmepumpe als Schnittstelle zwischen
Elektroenergie und Wärme kann hier einen großen Beitrag leisten.
Zum Beispiel kann Wärme erzeugt und gespeichert werden, wenn
ausreichend Strom zur Verfügung steht und dann genutzt werden,
wenn gerade Flaute ist. So könnte nach und nach das Verbrennen
von Öl und Gas durch erneuerbaren Strom ersetzt werden.
Was war Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen?
Ich bin in der klassischen Kältetechnik gestartet. Kältemaschinen
und Wärmepumpen sind eigentlich die gleichen Maschinen – nur das
ich bei der Kältemaschine die kalte Seite nutze, z.B. entziehe
ich im Kühlschrank dem Innenraum Wärme, und bei der Wärmepumpe
die warme Seite, also da, wo die Maschine Wärme abgibt. Ich sehe
die Wärmepumpe als Schlüsseltechnologie, um eine „fossilfreie“
Wärmebereitstellung zu ermöglichen.
Welche gesamtgesellschaftlichen Möglichkeiten bietet die
Berücksichtigung der Wärmepumpe bei der
Energiewende?
Abgesehen von der Verbrennung von nachwachsenden Rohstoffen wie
Biogas oder Holz ist die Wärmepumpe eine elegante und sehr
effiziente Einrichtung zur Bereitstellung von Wärme. Dies
betrifft den großen Sektor der Gebäudebeheizung, aber auch in der
Industrie wird viel Wärme benötigt, die irgendwann komplett aus
erneuerbaren Energien kommen muss. Sogenannter grüner Wasserstoff
aus erneuerbarem Strom kann meiner Meinung nach nur einen kleinen
Teil dieser Anwendungen versorgen.
Wichtig dabei ist, dass der Strom zum Antrieb der Wärmepumpen
natürlich aus regenerativen Quellen stammen muss. Und hier liegen
die größten Herausforderungen, denn wenn auch noch der Verkehr
elektrifiziert werden soll, dann benötigen wir ein Vielfaches des
bisher erzeugten regenerativen Stroms. Je effizienter die
Wärmepumpe, umso weniger Strom benötige ich aber.
Sie untersuchen seit vielen Jahren die Leistungsparameter
von Wärmepumpen. Gibt es da deutliche
Verbesserungen?
Es ist immer wieder erstaunlich, welche Verbesserungen über die
letzten Jahre bei der Effizienz von Wärmepumpen erreicht wurden.
Momentan erreichen sehr gute Wärmepumpen etwas über 50% des
theoretisch überhaupt nur erreichbaren Effizienzwertes, des
sogenannten Carnot-Gütegrades. Die größten Verluste entstehen
dabei im Verdichter und in den Wärmeübertragern, welche die
wichtigsten Bauteile einer Wärmepumpe darstellen. Sich immer
weiter dieser theoretischen Grenze anzunähern, ist unsere
Aufgabe. Aber auch die Verbesserung der Randbedingungen – also
möglichst warme Wärmequellen zu nutzen und im Gegenzug die
Nutztemperaturen soweit es geht zu drücken (Stichwort
Fußbodenheizung als Niedertemperatursystem) ist eine Aufgabe zur
Effizienzsteigerung von Wärmepumpenanlagen.
Welche Probleme sehen Sie bei der Anwendung im
System?
Die Ausbauziele der Bundesregierung sehen in den nächsten Jahren
die Installation von 6 Millionen Wärmepumpen vor. Neben der
Herstellung muss das auch für die Installation gut organisiert
sein. Wichtig ist, dass die Installateure möglichst gut für die
Einbindung in das Wärmequellen und –senkensystem geschult sind.
Prinzipiell ist eine Wärmepumpe wie eine normale Heizung, aber es
gibt aus meiner Sicht mehr Dinge, die ich bei der Installation
falsch machen kann.
Groß- bzw. Industriewärmepumpen können in dieser Hinsicht anders
betrachtet werden. Da diese Projekte von speziellen Anlagenbauern
errichtet werden, kommt hier dem Konzept und der Planung eine
besondere Rolle zu. Hier haben wir im ILK eine besondere
Kompetenz entwickelt.
Bis zu welcher Leistungsgröße sind Wärmepumpen
interessant?
Die kleinsten Wärmepumpen sehe ich im Bereich von ca. 1 kW
Leistung, etwa vergleichbar mit Klimageräten für einen
Einzelraum. Großwärmepumpen etwa für die Versorgung von
Fernwärmenetzen haben Leistungen von mehrere Megawatt. Es gibt
also praktisch keine technische Grenze. Man muss aber immer die
speziellen Randbedingungen beachten – insbesondere, ob sinnvolle
Wärmequellen zur Verfügung stehen.
Gibt es besondere wissenschaftliche
Herausforderungen?
Neben der Weiterentwicklung der einzelnen Komponenten der
Wärmepumpe, wie Verdichter, Wärmeübertrager oder Expansionsorgan,
sehe ich vor allem die Herausforderung, für den großen Bereich
der Wärmebereitstellung in der Industrie, insbesondere im höheren
Temperaturbereich, z.B. bei der Dampferzeugung, effiziente und
zuverlässige Wärmepumpen zur Verfügung zu stellen.
Wenn die letzten Effizienz-Prozente herausgeholt werden sollen,
kommen Details eine hohe Bedeutung zu. Beispielhaft seien hier
die Auswahl des Kältemittels oder die spezielle Anpassung der
Maschine an die Quellen- und Senkentemperaturen genannt. Die
Nutzung von vielfach vorhandenen Abwärmequellen ist wichtig, aber
nicht immer ganz leicht. Auch die Sicherheitsproblematik,
insbesondere bei den umweltfreundlichen Kältemitteln, ist immer
wieder ein Thema.
Wo sehen Sie die Wärmepumpen in 20 Jahren?
Ich denke, in 20 Jahren wird die Wärmepumpe die Verbrennung von
fossilen Brennstoffen zur Wärmebereitstellung weitgehend
verdrängt haben. Die aktuellen globalen Entwicklungen zeigen ja
gerade recht deutlich, dass es höchste Zeit wird, hier
signifikant voran zu kommen.
Zusammenfassung
Wärmepumpen sind ein wichtiger Baustein für die
heizungstechnische Versorgung von Gebäuden und technologischen
Prozessen. Die Verbindung von natürlichen Kältemitteln und Strom
aus erneuerbaren Energien schafft ein Heizungssystem mit der
geringsten ökologischen Belastung. Wertvolle Energieträger,
wie z.B. Wasserstoff, können dadurch für andere Anwendungen im
Bereich der Schwerindustrie bereitgehalten werden.
Gesamtgesellschaftlich eine Win-Win-Situation!
Herzlichen Dank für die Vorstellung Ihrer Forschungsarbeiten und
weiterhin viel Erfolg!
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11.01.2022
16 Minuten
Im Gespräch: Prof. Uwe Franzke | Dr.-Ing. habil. Matthias H.
Buschmann
Nanopartikel – Chance oder Gefahr?
Nanopartikel spalten die Gesellschaft. Auf der einen Seite gibt
es unzureichend erforschte gesundheitliche Risiken. Auf der
anderen Seite bieten sie scheinbar ungeahnte Möglichkeiten durch
die deutlich anderen physikalischen Eigenschaften.
Das ILK Dresden hat an verschiedenen Themen geforscht, um sowohl
das Verhalten von Nanopartikeln besser zu verstehen als auch die
Möglichkeiten der Anwendung zur Effizienzsteigerung bei der
Wärmeübertragung kennenzulernen.
Heutiger Gast ist Herr Dr.-Ing. habil. Matthias H. Buschmann. Er
hat an der TU Dresden Strömungsmechanik / Thermodynamik studiert
und anschließend promoviert. Gegenstand seiner Promotion waren
„turbulente Wandgrenzschichten“. Heute beschäftigt er sich
am ILK Dresden mit Strömungsmechanik, Wärme- und Stoffübertragung
und mit Nanofluiden.
Was genau sind
Nanopartikel?
„Nanopartikel sind, wie ihr Name schon sagt, sehr, sehr klein.
Wir bewegen uns in der Größenordnung von 1 Millionstel eines
Millimeters. Das klingt erstmal sehr klein, wenn wir jedoch uns
Wassermoleküle anschauen, die circa 0,3 Nanometer im Durchmesser
groß sind, sind die Partikel, die wir am ILK Dresden betrachten,
schon wieder relativ groß, denn sie haben 100 Nanometer. Diese
Partikel können auf unterschiedlichen Wegen hergestellt werden.
Vorrangig sind es Metalle oder Oxide, wie zum Beispiel
Siliziumoxid oder Metalle, wie sie uns im Alltag begegnen, wie
zum Beispiel Kupfer, Aluminium oder Gold.“
Was war Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen?
„Wir beschäftigen uns nicht mit der Herstellung der Partikel. Wir
kaufen die Nanopartikel ein. Für uns sind in erster Linie die
Suspensionen bedeutsam, wo man die Nanopartikel in Wasser,
Kältemittel, Wärmeübertrageröl oder anderen Trägerfluiden
dispergiert. Damit prüfen wir, ob wir in ganz normalen
konventionellen Wärmeübertragungssystemen den Wärmeübertrager,
vorrangig ist das ja Wasser, durch solche Nanofluide - die
bessere thermodynamische, thermophysikalische Stoffeigenschaften
haben - ersetzen kann. Unser Ziel ist es also, die
Wärmeübertragung zu verbessern, indem wir durch die Zufügung von
diesen Partikeln zu dem ursprünglichen Wärmeträger dessen
Eigenschaften verbessern und somit die Wärmeübertragung
verbessern können.“
Welche wissenschaftlichen Herausforderungen gibt
es?
„Eine Herausforderung ist, die Prozesse laufen auf Skalen - Zeit
und Länge – ab, die wir experimentell nicht auflösen können. Wir
können nicht im Nano- oder Mikrometerbereich
Wärmeübertragerprozesse experimentell auflösen. Wir müssen immer
in den maschinenbaulich relevanten Zeitskalen und Abmessungen
denken und dann sehen ob die Effekte, die in viel kleineren
Skalen ablaufen, auch wieder in unseren Experimenten sichtbar
werden.“
Welche Gefahr geht für den Mensch oder die Umwelt
aus?
„Ich möchte vorab sagen, dass sich unsere Nanopartikel immer in
Suspensionen befinden. Das ist ein bisschen anders, als wenn sich
Nanopartikel in Form von Stäuben in der Luft befinden. Da sind
sie viel weniger zu kontrollieren als bei uns. Am ILK Dresden
sind Nanopartikel immer in Suspensionen gebunden. Aber Sie
haben Recht, natürlich bestehen diese Herausforderungen. Die
Nanopartikel sind so klein, dass sie jede Barriere im
menschlichen Körper überwinden können. Sie können die
Blut-Hirn-Schranken überwinden und sie können quasi überall
Schaden anrichten, wenn sie in den Körper gelangen. Wir haben
aber, und da spreche ich wieder unsere chemischen Labore an,
Technologien entwickelt, wie man technisch korrekt und sorgfältig
mit den Nanofluiden umgeht, um solche Probleme zu
vermeiden. Mehr noch, wir haben ein Europäisches Netzwerk
(gefördert durch COST), mit welchem wir einen Businessplan für
die Anwendung von Nanofluiden in den europäischen Industrien
entwickeln. Hier gehört als Komponente dazu: „Wie gehe ich
sicherheitstechnisch korrekt mit diesen Nanofluiden um?“ bis „Wie
entsorge ich sie korrekt?“. Unter anderem gibt es Studien,
dieses Jahr zum Beispiel publiziert von einer unserer
portugiesischen Gruppen, die sehr genau auflisten, wo noch
Regulierungsbedarfe in der EU formuliert werden müssen und was
dort der Gesetzgeber noch leisten muss.“
Wo sehen Sie die Nanopartikel in 5 bis 10
Jahren?
„Mit dem Businessplan, den wir in einem europäischen Projekt
entwickeln, sind zwei Geschäftsfelder näher beschrieben worden.
Das erste ist die ERZEUGUNG von Nanofluiden mit thermodynamischen
Eigenschaften und das zweite ist ANWENDUNG und Nutzung in
Unternehmen, die Wärmeübertragungssysteme entwickeln, verkaufen
und warten. Ich denke, dass diese beiden Bereiche essentiell sind
und dass sich in den nächsten fünf Jahren entscheiden wird, ob
Unternehmen, wie zum Beispiel Start up‘s, auf diesen Zug
aufspringen und kostengünstig thermodynamische Nanofluide
herstellen können und damit dann auch große Anwendungen möglich
werden.“
Herr Dr.-Ing. habil. Matthias H. Buschmann erreichen Sie
telefonisch unter +49 (0)351- 4081 5311 oder per Email:
matthias.buschmann@ilkdresden.de
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28.06.2021
18 Minuten
Im Gespräch: Prof. Uwe Franzke | Frau Dipl.-Marketingwirt(BAW)
Daniela Koch | Herr Dipl.-Ing. Ralf Heidenreich
Herzlich Willkommen zur zweiten Folge „Wissenschaft
praktisch erklärt“
Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe möchten wir neueste
Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten des ILK
Dresden vorstellen.
Heute sprechen wir über Aerosole und die Frage, wie lange diese
in der Luft verbleiben.
Die vergangenen Monate haben uns schmerzhaft vor Augen
geführt, wie stark Aerosole mit Viren unser Leben in Räumen
beeinträchtigen können. Dabei gehören Aerosole in Form der
Feinstaubbelastung seit langer Zeit zum Alltag moderner
Gesellschaften. Die öffentliche Diskussion darüber war nur nicht
so ausgeprägt wie heute.
Das ILK Dresden hat an verschiedenen Themen geforscht, um sowohl
das Verhalten von Aerosolen besser zu verstehen als auch die
Möglichkeiten der Reduzierung der Aerosole so effektiv wie
möglich zu realisieren.
Mein Name ist Uwe Franzke. Ich bin der Geschäftsführer des ILK
Dresden.
Gemeinsam mit Frau Daniela Koch (Diplom-Marketingwirt BAW)
begrüße ich unseren heutigen Gast ganz herzlich – Herrn
Dipl.-Ing. Ralf Heidenreich.
Nach einer Lehre Klempner/ Installateur hat er an der TU Dresden
Verfahrenstechnik/ Umweltverfahrenstechnik studiert.
Er ist seit 1997 im ILK Dresden. Zunächst als Diplomand, dann als
wiss. Mitarbeiter und seit 2004 Leiter des Bereiches
Luftreinhaltung.
Seine Themengebiete sind u.a.:
· Aerosole
· Partikelabscheidung
· Rauchgasreinigung
· Hygiene in raumlufttechnischen
Anlagen
Herr Heidenreich, wir werden heute über Ihre Forschungsarbeiten
zu den Aerosolen sprechen und wollen den Podcast unter die
Überschrift „Wie gefährlich sind Aerosole?
stellen.
Was genau sind Aerosole?
Aerosole sind Tropfen oder Staubkörnchen, die in der Luft
schweben. Das Wort ist eine Zusammensetzung von aer [Luft] und
solution [Lösung], auch könnten wird sagen Luft und Sole, also
Salztropfen in Luft
Wie lange bleiben diese in der Luft?
Ein Wassertropfen mit 5 mm Durchmesser fällt mit 2 Meter je
Sekunde, ein Nanopartikel mit 100 Nanometer hat eine
Sinkgeschwindigkeit von 0,003 mm/s und bleibt für Tage in der
Luft.
Welche Gefahr geht von Aerosolen für den Menschen
aus?
Das kommt ganz auf die Art des Aerosols an. Bei Seeluft, oder in
Sole- Heilbädern – auch hier sind Aerosole, hat das Aerosol eine
gesundheitsfördernde Wirkung. Bei Anderen Stoffen – wie z.B.
Nano- Sprays wurden Vergiftungsfälle beobachtet, welche noch
nicht ganz aufgeklärt werden können. Letztendlich aber auch
Krankheitserreger in der Luft enthalten sein, welche durch die
Atmung von Mensch zu Mensch übertragen werden können – das
Erleben wir gerade durch die COVID19 – Pandemie sehr
eindrücklich.
Was war Ihre Motivation, sich mit diesem Thema zu
beschäftigen?
Ich finde schon immer das unsichtbare interessant. Auch die
Messtechnik spielt da eine Rolle, aber auch die Phänomene die
damit verbunden sind.
Sind Aerosole vermeidbar?
Auch hier ist wieder entscheidend, welche Aerosole wir meinen –
das Meer kann nicht abgestellt werden, der Wind auch nicht- Er
brachte uns im Winter wieder mal Sahara- Sand nach Europa. Der
Mensch kann auch nur kurze Zeit ohne Atmen existieren. Für den
technischen Sektor ist es etwas anderes – hier können wir z.B.
auf Sprays verzichten.
Wie kann man Aerosole abscheiden?
Da Aerosole eine sehr unterschiedliche Größe haben können, sind
auch die technischen Möglichkeiten vielfältig. Sehr feine
Aerosole im Nano- Bereich können oft nur durch Filter
abgeschieden werden. Andere Möglichkeiten sind z.B.
Temperaturunterschiede.
Wer braucht diese Erkenntnisse?
Die Erkenntnisse benötigen alle Hersteller von Filtern, aber auch
die Betreiber von Anlagen und Gebäuden.
Wie wir nun auch wissen, sind diese Erkenntnisse auch für die
Nutzer von Gebäuden und Innenräumen von Interesse um
Einzuschätzen, welcher Gefährdung sie möglicherweise ausgesetzt
sind.
Wo liegen die Herausforderungen?
Herausforderungen liegen in der Messtechnik, der Knappheit von
Forschungsmitteln und der knappen Zeit, in der die Ergebnisse zur
Verfügung gestellt werden müssen.
Was bereitet Ihnen Probleme?
Das kommt ganz darauf an. Manchmal ist des MS Windows.
Gibt es besondere wissenschaftliche
Herausforderungen?
Eine besondere Herausforderung ist der Zusammenhang von
Aerosolen, deren Konzentration und der Geruchswahrnehmung.
Zusammenfassung
Lüftungstechnische Komponenten und Anlagen können einen großen
Beitrag für die Gesunderhaltung und unser Wohlbefinden in Räumen
leisten. Mit dem richtigen Verständnis zum Aerosolverhalten
lassen sich die Komponenten und Systeme besser auslegen und
entwerfen.
Herzlichen Dank für die Vorstellung Ihrer
Forschungsarbeiten und weiterhin viel Erfolg!
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04.05.2021
17 Minuten
Thema: Prüfverfahren zur dynamischen Alterung von
Werkstoffen
Im Gespräch: Prof. Uwe Franzke | Frau Dr. Franziska Krahl | Herr
Dr. Ulrich Zerweck-Trogisch
Prof. Franzke:
Herzlich Willkommen zur ersten Folge „Wissenschaft praktisch
erklärt“. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe möchten wir
neueste Erkenntnisse und Erfahrungen aus Forschungsprojekten des
ILK Dresden vorstellen.
Heute sprechen wir über ein Prüfverfahren zur dynamischen
Alterung von Werkstoffen. Wir alle ärgern uns, wenn Produkte
schnell kaputt gehen und unsere Erwartungen an die Qualität nicht
erfüllt werden. Speziell die die zeitliche Änderung von
Werkzeugeigenschaften ist ein Problem, welches den Herstellern
große Schwierigkeiten bereitet. Dabei lassen sich viele
Erkenntnisse der Alterung im Vorfeld ermitteln, wenn man den
richtigen Partner mit dem richtigen Equipment an seiner Seite
hat.
Mein Name ist Uwe Franzke. Ich bin der Geschäftsführer des ILK
Dresden. Gemeinsam mit Herrn Dr. Ulrich Zerweck begrüße ich
unseren heutigen Gast, Frau Dr. Franziska Krahl ganz
herzlich.
Lassen Sie mich Frau Dr. Krahl kurz vorstellen. Sie hat an der TU
Dresden Chemie studiert und dort im Jahr 2008 promoviert. Seit
Juni 2012 ist sie wissenschaftlich-technische Mitarbeiterin am
ILK Dresden und arbeitet als Chemikerin u. a. auf den
Themengebieten Arbeitsstoffanalytik, Kältemittel- und Ölanalysen,
Alterungsuntersuchungen und Schadensanalysen. Herzlich
Willkommen.
Frau Dr. Krahl, wir werden heute über Ihr Forschungsthema
„Prüfverfahren zur dynamischen Alterung von Werkstoffen“
sprechen. Ganz ehrlich, das Thema klingt etwas sperrig. Daher
meine erste Frage: was genau muss man sich unter diesem Projekt
vorstellen?
Es geht in dem Projekt um Werkstoffe, um deren Alterung und um
ein Prüfverfahren, was die Alterung abbilden oder nachbilden
soll. Und der Kernpunkt ist die Art und Weise, wie die Werkstoffe
gealtert werden und zwar im Gegensatz zu existierenden Verfahren
altern wir die Werkstoffe in diesem Prüfverfahren auf eine
dynamische Art und Weise.
Prof. Franzke: Welche Werkstoffe muss man sich vorstellen? Unter
Werkstoffen kann man sich wie in unserem Fall in der Kältetechnik
Werkstoffe vorstellen, die Dichtungsmaterialen, Bauteil-relevante
Kunststoffe oder auch Schlauchmaterialien und im Einsatz müssen
diese Werkstoffe ihre Eigenschaft erfüllen, ihre Funktion
erfüllen und sind dabei Umgebungseinflüssen ausgesetzt. Wir haben
erhöhten Druck, erhöhte Temperaturen, wir haben das Kältemittel
und das Kältemaschinenöl und während des Einsatzes werden die
Werkstoffe beansprucht und dabei altern sie, sollen aber ihre
Eigenschaften erhalten und ihre Funktion möglichst lange
erfüllen. Und wenn man nun wissen möchte, ob ein Werkstoff in
einer Anlage eingesetzt werden kann, muss man diese prinzipielle
Eignung nachweisen und das macht man mittels standardisierter
Prüfverfahren, die die Alterung simulieren. Und das bezeichnen
wir auch als Beständigkeitsprüfung und in den existierenden
Verfahren werden die Werkstoffe dabei auf eine Art und Weise
gealtert, die man als statisch bezeichnen kann.
Dr. Zerweck: OK, statisch heißt, man beaufschlagt einfach mit
einer gewissen Belastung und was wäre jetzt der Unterschied zum
dynamischen Test?
Frau Dr. Krahl: ich würde das kurz erklären, vor allem wie die
statische Alterung abläuft üblicherweise. Man altert bzw. stresst
den Werkstoff, in dem man ihm den in der Anlage eingesetzten
Medien, wie Kältemittel und Kältemaschinenöl aussetzt und zwar
bei erhöhter Temperatur und Druck und dafür gibt man dem
Werkstoff zusammen mit dem Kältemittel und dem Kältemaschinenöl
in ein Druckgefäß und lagert dieses über eine bestimmte Zeit –
üblicherweise zwischen 3 und 10 Wochen – in einem Wärmeschrank
bei einer definierten Temperatur aus und die Temperatur ist dabei
im Vergleich zur Einsatztemperatur des Werkstoffes deutlich
erhöht, womit man einen zeitraffenden Effekt erzielt und damit
die Prüfzeit verkürzt. Vor der Auslagerung und nach der
Auslagerung bestimmt man die Eigenschaften des Werkstoffes,
Masse, Volumen, Härte, Zugeigenschaften und vergleicht die
miteinander und für die max. zulässigen Änderungen gibt es
Bewertungskriterien und die muss ein Werkstoff erfüllen. In der
Vorgehensweise, die ich gerade beschrieben habe, liegt der
Werkstoff während der gesamten Auslagerungszeit im
Kältemittel-Öl-Gemisch, also statisch. Das kann man zur
Veranschaulichung mit dem Einweichen eines schmutzigen
Wäschestücks vergleichen. Der Schmutz im Wäschestück soll ins
Wasser übergehen, wohingegen Dinge, die im Wäschestück enthalten
sein sollen, wie Farbe oder Aufdrucke natürlich verbleiben
sollen. Und wenn ich das Wäschestück einfach nur im Wasser
einweiche, also statisch drin liegen lasse, habe ich zunächst
einen sehr hohen Konzentrationsgradienten zwischen Schmutz im
Wäschestück und Schmutz im Wasser. Das heißt, zu Beginn löst sich
sehr viel Schmutz in dem Wasser und mit der Zeit sinkt aber diese
Konzentrationsdifferenz und es stellt sich ein sogenanntes
Lösungsgleichgewicht ein. Und wir alle wissen, dass durch quasi
reines Einweichen eines Wäschestücks im Wasser dieses nicht
vollständig sauber wird.
Dr. Zerweck: Und deshalb schließt sich dann anschließend die
dynamische Auswaschung, die dynamische Alterung des
Werkstückes/Werkstoffes an?
Frau Dr. Krahl: Genau. Wir haben das damit übertragen, also
übertragen auf den Auslagerungsversuch, der Werkstoff ist das
Wäschestück und das Kältemittel und das Kältemaschinenöl sind das
Wasser. Und unter dem Schmutz verstehen wir die Bestandteile, die
durch das Kältemittel und das Wasser aus dem Werkstoff
herausgelöst werden können, also die Komponenten, die eigentlich
nicht kompatibel mit dem System sind. Und das sind bei
Werkstoffen üblicherweise Weichmacher, Verarbeitungsadditive oder
sogar die Grundbausteine des Werkstoffes selbst. Da in den
existierenden Beständigkeitsprüfungen der Werkstoff nur
eingeweicht wird, wird auch sich dort ein
Löslichkeitsgleichgewicht einstellen und mit der Zeit sinkt der,
also der Konzentrationsgradient minimiert sich und irgendwann
geht von diesen löslichen Bestandteilen nichts mehr in das
Kältemittel oder Öl über, obwohl es das theoretisch noch könnte.
Und dieser Zustand ist nicht auf den Betrieb einer Kälteanlage
übertragbar. Denn in der Kälteanlage ändert das Kältemittel ja
immer wieder seinen Zustand zwischen flüssig und gasförmig. Und
wenn der Werkstoff z. B. in einer Kälteanlage immer wieder mit
dem flüssigen Kältemittel in Kontakt steht, kann man sich
vorstellen, dass sich dabei lösliche, nicht kompatible
Bestandteile aus dem Werkstoff lösen und durch das Kältemittel
mitgerissen werden. Wenn das Kältemittel dann in den gasförmigen
Zustand übergeht, dann werden diese gelösten Bestandteile nicht
mit in den gasförmigen Zustand übergehen üblicherweise, sondern
sie separieren sich vom Kältemittel und fallen im ungünstigsten
Zufall an irgend einer Stelle im Kreislauf aus und lagern sich
ab. Wenn das Kältemittel anschießend wieder verflüssigt wird,
enthält es diese gelösten Bestandteile nicht mehr und ich habe
wieder den max. Konzentrationsgradienten, wenn das Kältemittel
den Werkstoff wieder sieht. Genau dieser Effekt wird in den
statischen Beständigkeitsuntersuchungen nicht abgebildet, und
deswegen haben wir genau dieses Verfahren entwickelt.
Dr. Zerweck: Man wäscht also immer wieder mit neuem sauberem
Kältemittel aufs Neue, aufs Neue und aufs Neue aus.
Frau Dr. Krahl: Genau, so macht man das.
Prof. Franzke: Vielen Dank für die Erklärung. Klingt schon mal
sehr spannend. Aber was war die Motivation für dieses Vorhaben?
Sie wollten ganz sicher nicht verstehen, wie man Wäsche
wäscht.
Frau Dr. Krahl: Nein. Die größte Motivation war in der Tat die
Tatsache, dass wir etwas an den existierenden Verfahren
verbessern wollten mit der Abbildung des Phasenwechsels des
Kältemittels im Kältekreislauf. Das war unsere ursprüngliche
Intension, um dieses Löslichkeitsgleichgewicht zu vermeiden, denn
es gibt Fälle, wo Werkstoffe beständig geprüft werden aber in der
Praxis versagen, weil die Bedingungen dort eben doch auf das
Herauslösen von Komponenten harscher sind. Eine zweite Motivation
für dieses Projekt resultiert aus dem verstärkten Einsatz von
Kältemitteln mit geringem Erderwärmungspotenzial, wodurch sich
ein erhöhter Bedarf an der Vorhersagen der Langzeitstabilität von
Werkstoffen ergeben hat in den letzten Jahren. Wir alle wissen,
es gibt zahlreiche neue Kältemittel und vor allem auch zahlreiche
neue Kältemittelgemische und es gibt wenige bis gar keine
Verträglichkeits- bzw. Beständigkeitsdaten dafür und die
individuelle Prüfung ist langwierig, zeitaufwändig und da haben
wir nach einer Möglichkeit gesucht, dieses Prüfverfahren in einer
beschleunigten Art und Weise zu modifizieren. Dann gibt es noch
einen dritten Punkt: In den existierenden
Beständigkeitsuntersuchungen wird ja der Zeitraffer durch eine
erhöhte Temperatur ermöglicht, und man möchte immer am liebsten
eine lange Einsatzdauer in möglichst kurzer Prüfzeit abbilden.
Jetzt können wir uns aber alle vorstellen, dass man dafür die
Temperatur im Vergleich zum Einsatz deutlich überhöhen müsste,
was am Ende dazu führt, dass der Werkstoff schlicht durch
thermische Effekte zerstört wird. Häufig bleibt also nur eine
lange Prüfdauer. Und da schließt auch unser Prüfverfahren an,
verkürzte Prüfzeiten zu ermöglichen.
Dr. Zerweck: In Ordnung. Warum ist es nun wichtig, die
Alterungseffekte von Dichtungsmaterialien in Kältekreisläufen zu
verstehen und zu bewerten?
Frau Dr. Krahl: Einerseits führt der Eigenschaftsverlust von
Werkstoffen oder von Dichtmaterialien in Kälteanlagen zum Verlust
der Dichtheit und damit zum Verlust von Kältemittel, welches
einerseits in die Umwelt austritt und andererseits bricht die
Leistung in der Anlage ein. Hinzu kommt noch, dass das
Herauslösen von Additiven oder von Werkstoffbestandteilen aus
einem Werkstoff auch dazu führt, dass sich diese auch irgendwo im
Kreislauf ablagern und auch dadurch unerwünschte Effekte
auftreten. Und letztendlich, wenn man diese Alterungseffekte von
Werkstoffen gut versteht und auch gut geprüfte Werkstoffe
einsetzt, minimiert man Serviceeinsätze und Kosten und man
minimiert auch die Umweltbelastung.
Prof. Franzke: Wer genau ist der Adressat für Ihre Erkenntnisse?
Wer benötigt solche Informationen?
Frau Dr. Krahl: Ich denke da in erster Linie an Hersteller von
Werkstoffen, gerade die für neue Kältemittel oder auch für
Formulierungen Werkstoffe testen und qualifizieren müssen und
außerdem auch an Hersteller, Konstrukteure und Planer von
Kälteanlagen.
Prof. Franzke: Könnte man sich auch noch andere Anwender
vorstellen außerhalb des Kältetechnikbereiches?
Frau Dr. Krahl: Eindeutig ja. Im Grunde genommen kann man
letztendlich mit vielen Prüfmedien Werkstoffe untersuchen oder
auch Bauteile. Die Grundvoraussetzung für das Verfahren, was wir
anwenden, ist, dass das Prüfmedium einen Phasenwechsel zwischen
flüssig und gasförmig aufweist.
Dr. Zerweck: Welche Werkstoffe kann man mit Ihrem Verfahren
untersuchen und neue Erkenntnisse daraus gewinnen? Bei welchen
geht das Ganze nicht?
Frau Dr. Krahl: Nicht fallen mir auf Anhieb erst mal keine ein.
Ich kann mir da prinzipiell sehr viele vorstellen. Ich denke an
Metalle, an Verbundwerkstoffe, an Klebstoffe oder auch an
Klebverbindungen. Die Grundvoraussetzung meiner Meinung nach ist,
dass man an diesem Werkstoff auch eine Eigenschaft vorher und
hinterher prüfen kann.
Dr. Zerweck: Kunststoffe gehen genauso?
Frau Dr. Krahl: Genau, Kunststoffe gehen genauso. Das ist bei den
Werkstoffen schon mit dabei. Von daher sehe ich dort wenige
Grenzen an Materialien.
Prof. Franzke: Wo genau liegen die Herausforderungen vor allem
unter wissenschaftlicher Sicht? Wo waren die Schwierigkeiten bei
der Projektbearbeitung?
Frau Dr. Krahl: Die Schwierigkeiten in der Projektbearbeitung
waren, also wir hatten eine große Herausforderung, wollten neben
dem Kältemittel-Phasenwechsel auch den Umlauf des
Kältemaschinenöls im Kreislauf, den man ja nicht vermeiden kann,
mit abbilden. Das ist uns gelungen. Das war auch die größte
Herausforderung, aber auch unser größter Erfolg in dem Projekt,
dass uns das gelungen ist. Ich sehe als große Herausforderung,
dass es in Bezug auf dieses neue Prüfverfahren natürlich keine
Normung und keine wirklichen Vergleichswerte gibt. Wir konnten
bisher im Rahmen des Projektes nur für wenige Kältemittel und Öle
Werkstoffkombination die Korrelation herstellen zwischen der
dynamischen und statischen Alterung, aber eben nur für wenige und
da fehlen einfach nur Vergleichswerte.
Dr. Zerweck: Wo gibt es noch Probleme bei den Prüfverfahren?
Gibt’s Stellen, wo Sie sagen, das haben wir noch nicht im
Griff?
Frau Dr. Krahl: Nein. Ich finde, dass wir in dem Prüfverfahren
schon viel im Griff haben. Ich sage mal so, unsere klassischen,
diese statischen Beständigkeitsuntersuchungen sind so sehr
Routine, dass das wie von alleine durchläuft. Da sind wir bei dem
neuen Prüfverfahren immer noch, dass wir so eine Art
Anlaufprozess haben, je nach Kältemittel, je nach
Kältemaschinenöl, dass man da noch ein paar Einstellungsparameter
vorweg ermitteln muss. Aber ansonsten.
Dr. Zerweck: Und gewisse Stoffe, die man nicht herauswaschen
kann, die man nicht gelöst bekommt? Gibt es da irgendwelche
Beschränkungen, die Sie bisher gefunden haben?
Frau Dr. Krahl: Wenn ich einen Stoff nicht herausgelöst bekomme,
ist das an sich ja erst mal gut. Weil es ein Zeichen dafür ist,
dass er sich durch das Kältemittel oder das Kältemaschinenöl in
der Tat nicht herauslösen lässt und das ist für die Beständigkeit
des Werkstoffes eigentlich erst mal positiv.
Prof. Franzke: Jetzt habe ich mir Ihren Versuchsaufbau ja mal
angeschaut und Sie verwenden ja eine Art Geysir, um also dort
diese permanente Konzentrationsgefälle aufrechterhalten zu
können. Als Chemikerin eher ungewöhnlich, dass Sie Geysire
konstruieren und bauen oder gab es dort eine
Zusammenarbeit?
Frau Dr. Krahl: Ich gebe zu, in diesem Projekt gab es eine ganz
großartige Zusammenarbeit gerade mit unseren Konstrukteuren,
technischen Mitarbeitern und auch unseren Werkstoffspezialisten,
welche ich ja auch nicht von Haus aus bin. Ich hatte da große
Unterstützung, dass da sich da viele Leute konstruktiv Ansätze
überlegt haben, wie wir dieses innovative Konzept des Ölumlaufes
dort integrieren können.
Prof. Franzke: Wenn man das Projekt sich mal anschaut, gibt es
etwas, wo Sie sagen, da müssen wir weitermachen, da ist noch
Erkenntnisbedarf?
Frau Dr. Krahl: Ich möchte vielleicht am liebsten eine besondere
Stärke des Verfahrens betonen. Was sich dann, das schließt sich
daran an, dass da vielleicht noch ein bisschen Ausbaubedarf ist.
Aber die Stärke des Verfahrens liegt ja einerseits in der
Anwendungsnähe zum Kältekreislauf. Aber eine wirkliche große
Stärke ist die deutlich kürzere Prüfdauer bei einer deutlich
niedrigeren Prüftemperatur. Wir haben im Rahmen des Projektes für
ausgewählte Werkstoffe ja vergleichend statisch und dynamisch
geprüft und festgestellt, dass wir mit unserem dynamischen
Prüfverfahren 5-fach schneller den Werkstoff altern und das bei
bis zu 60 K geringerer Prüftemperatur. Um ein Gefühl dafür zu
bekommen bei einem 2-wöchigen statischen Auslagerungstest bei 130
° erzielt man dasselbe Ergebnis mit dem dynamischen Prüfverfahren
über 2 Tage bei 70 °und das bietet natürlich gerade in Bezug auf
Screening-Untersuchungen oder so immense Vorteile. Und da ist
jetzt unsere Aufgabe, das jetzt soweit nach außen zu tragen, dass
man das auch wirklich versteht, wie effektiv dieses neue
Prüfverfahren im Vergleich zu den existierenden Methoden
ist.
Dr. Zerweck: Was einmal den Einsatz der Werkstoffe viel näher und
praktischer ansetzt und einsetzt als es durch so ein statisches
Prüfverfahren bei erhöhter Temperatur 130 °C irgendwie abbilden
würde.
Frau Dr. Krahl: Genau. Es gibt ja schlicht Werkstoffe, die sehen
diese 130 ° oder selbst vielleicht 120 ° in der Realität nie,
aber sie müssen ja geprüft werden und ich kann nicht ein Jahr
lang einen Werkstoff prüfen. Dafür hat kein Hersteller Zeit. Das
kann ich jetzt mit dem Verfahren eben auch bei quasi
Einsatztemperatur oder nur bei leicht erhöhter
Einsatztemperatur.
Dr. Zerweck: Haben Sie noch weitere wissenschaftliche
Herausforderungen, die noch warten, wenn Sie die Palette
vielleicht noch mal erweitern wollen weg von nur Kältekreislauf
und das Ganze verallgemeinern?
Frau Dr. Krahl: Ich gebe zu, ich bin ja auch für Vorschläge
offen, wir selber haben eher den Anspruch, dass wir das als
Routinemethode etablieren wollen. Aber ich kann mir vorstellen,
dass wir auch in andere Richtungen gerne
weiterentwickeln.
Dr. Zerweck: Routinemethode vornehmlich erst mal für Kältemittel
und Kältekreislauf, Anlagen und Komponenten.
Frau Dr. Krahl: Genau
Prof. Franzke: Ich habe mal versucht, Ihre Ideen zusammenzufassen
und die Frage, die ich Ihnen gerne stellen würde, ob Sie meiner
Zusammenfassung folgen können. Umweltschutz und
Funktionssicherheit von Kälteanlagen können mit Hilfe der
vorgestellten Untersuchungsmethode auch bei neuen
Dichtungsmaterialien und neuen Kältemitteln bzw. Kältemittelölen
sichergestellt werden.
Frau Dr. Krahl: Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.
Prof. Franzke: Dann ganz herzlichen Dank für das tolle Gespräch
und ich wünsche Ihnen allen weiterhin viel Erfolg bei der
Projektbearbeitung. Danke.
Frau Dr. Krahl: Ganz vielen Dank
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Über diesen Podcast
Ab 2021 stellt die Institut für Luft- und Kältetechnik
gemeinnützige Gesellschaft mbH den ILK-Podcast "Wissenschaft
praktisch erklärt" bereit. Im Rahmen dieser
Veranstaltungsreihe werden neueste Erkenntnisse und Erfahrungen aus
Forschungsprojekten des ILK Dresden vorgestellt.
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