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Episoden
12.06.2024
14 Minuten
Gewusst wie statt gleich gewusst, das ist Meisterschaft. Warum die
heutige Transformation genau das braucht, erklären Wolf Lotter und
Christoph Pause in der Trafostation. Wenn der Motor aussetzt und
das Display eine Fehlermeldung ausgibt, ist es wohl wieder Zeit für
die Profis. Doch wer ist das eigentlich? Während man in der
Vertragswerkstatt einen Mangel nach dem anderen findet, fängt für
einen engagierten KFZ-Meister mit dem Fehlercode die Sache erst an.
Ein Meister hat nicht nur die Basisausbildung, das reproduzierbare
Wissen, das auch in den Codes von Diagnosegeräten gespeichert ist,
sondern besitzt die eigentliche Wunderwaffe der
Wissensgesellschaft: persönliches, individuelles, mit viel Arbeit,
Versuch und Irrtum erworbenes Know how, sagt Wolf Lotter. Know how
heißt „gewusst wie“. Nun ist das bei kniffligen Autoreparaturen
genauso wie bei Denk- und Innovationsprozessen am Schreibtisch kein
„gleich gewusst“, meint Lotter, sondern die lange, persönlich
erworbene Fähigkeit, nach einer Antwort zu suchen und die richtigen
Fragen zu stellen. Meister sagen, da geht noch was, weil sie
wissen, was gehen könnte, ohne die Antwort schon im Sack zu haben,
sagt Lotter: „Meister sind keine Musterschüler. Sein Handwerk zu
verstehen, das ist viel mehr, als zu wissen, wie man ein
Diagnosegerät einschaltet oder einen Schraubendreher hält.“ Es geht
um mehr als das, was im Handbuch steht: Meisterschaft heißt
neugierig sein und Fragen an der Lösung haben. Allerdings haben wir
laut Lotter zu lange behauptet, es genüge völlig, wenn wir
standardisierte Ausbildungen an sogenannten Eliteuniversitäten
hinter uns brächten, um schon zu wissen, wie es geht. „Wahre
Meister wissen nicht, wie es geht. Sie verfügen über die
menschlichen, fachlichen und mentalen Bordmittel, es
herauszufinden“, sagt Lotter und betont: Es sei daher naheliegend,
dass die Transformation von heute gerade solche Menschen braucht.
Wer in der Organisation, in der Führung, im Leben etwas zum
Besseren verändern wolle, der müsse nicht nur den Aberglauben der
Routinen als Problemlöser hinter sich lassen: „Es braucht auch
Charakter, der erkennt, dass man, so gut man in seinem Fach auch
ist, immer wieder neu anfangen und fragen muss.“ Es ist noch kein
Meister vom Himmel gefallen. Dieser alte Spruch erinnert laut
Lotter daran, dass die Meisterschaft, das echte Können immer wieder
neu justiert werden muss. „Der natürliche Feind des Fachidioten,
das sind all jene, die sich nicht mit Antworten abfinden, die es
schon gibt, sondern die immer neue Fragen stellen“, erklärt Lotter.
Und das sei schwieriger als recht zu haben, aber nun mal das wahre
Meisterstück der Transformation. Meisterschaft ist wie
Wissensarbeit ein ruhiges Gewerbe. Meisterschaft übertreibt nicht.
Und das treibt sie an, meint Lotter: „Es braucht nicht den
dauernden Applaus, sondern die innere Freude am Werk.“
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08.05.2024
13 Minuten
Hat die Verschulung des Bildungssystems Fließbandarbeiter:innen aus
uns gemacht? Über die Chancen durch humanistische Bildung sprechen
Wolf Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“. Kommt unsere
Bildung noch klar mit der Wirklichkeit? Wie unsere Vorstellungen
von Arbeit, Organisation, Gesellschaft und Menschen hänge auch das
Bildungssystem in der Vergangenheit fest, meint Wolf Lotter und
wirft einen Blick zurück ins Industriealter, als noch zwischen zwei
Sorten der Bildung unterschieden wurde: Einer Bildung für die
Eliten und einer für die Massen. Die eine und die andere Bildung
Neben der fachlichen Ausbildung ist bei den Eliten alles auf
Allgemeinbildung ausgerichtet, auf humanistische Bildung, das
Lernen lernen. „Es geht um das Erwecken von Neugierde und eine
Grundeinstellung, sich leicht auf Veränderung, Überraschung und
Innovation einstellen zu können“, betont der Publizist. Früher habe
diese Bildung den Leuten, die sie bekamen, langfristig einen Platz
am oberen Ende der Gesellschaft gesichert. Für alle anderen ging
Allgemeinbildung nur so weit, als sie die ihnen einmal zugewiesene
Arbeit erledigen sollten. Es gab humanistisch gebildete Eliten und
allgemein abgerichtete Massen, die sich bestens für kleinteilige
Arbeit in der Fabrik oder standardisierte Büroarbeit eigneten,
berichtet Lotter. Doch die Zeiten haben sich geändert. Und längst
gehören nicht nur Industriearbeiter:innen zu den Verlierern der
Transformation. Gesucht: Kontextkompetenz Es sind auch ihre
Nachfahren, die fleißig studiert haben und scheinbar über den
Problemen stehen. Wer Soziologie oder Kunstgeschichte studiert hat,
aber nichts über wirtschaftliche, technische, politische und
organisatorische Zusammenhänge ohne ideologische Scheuklappen weiß,
wer Zusammenhänge nicht verstehen und erklären kann, kurz, wer
keine Kontextkompetenz hat, ist und bleibt laut Lotter ein
Fachidiot. „Wer Zusammenhänge nicht verstehen und erklären kann,
wer keine Kontextkompetenz hat, ist und bleibt ein Fachidiot.“ Wenn
Programmierer:innen nur coden können oder Betriebswirt:innen nur
etwas über BWL wissen, zeige ihm das deutlich: „Die Verschulung des
Bildungssystems hat aus allen Fließbandarbeiter:innen gemacht, die
in ihren Silos dahinwursteln, aber nicht über den Tellerrand
schauen können.“ Die Fachidiot:innen seien heute Menschen mit
Diplom, aber ohne weitere Interessen. Es brauche nicht einmal
künstliche Intelligenz, um sie zu ersetzen: „Jede Form von
Fortschritt geht denen an den Kragen, die nur die eigenen vier
Wände ihres bescheidenen Wissens kennen.“ Offene Bildung, die den
Horizont erweitert Humanistische Bildung heißt nicht nur das Lernen
zu lernen, sondern auch die Welt verstehen zu wollen und
gelegentlich auch zu können. „Offene Bildung, die unseren Horizont
erweitert, statt Auswendiglernen und stures Fachwissen, das uns
einmauert“, fordert Lotter. Das sei allerdings schon weit
fortgeschritten, gut zu beobachten bei allen Berufsgruppen, sogar
bei Unternehmer:innen. Hauptsache, man gilt etwas in der Branche.
Hauptsache, man wird von Kolleg:innen bestätigt. „Die neue
Allgemeinbildung muss Zusammenhänge vermitteln, nicht bloß enges
Fachwissen.“ Selbstbestätigung ist Selbstbetrug. Wissen ist aber
kein Selbstzweck. Oder wie es der Schweizer Ökonom Gilbert Probst
gesagt hat: „Wissen ist die einzige Ressource, die sich vermehrt,
wenn man sie teilt.“ Die neue Allgemeinbildung muss Zusammenhänge
vermitteln, nicht bloß enges Fachwissen, meint Lotter. Es seien
nämlich diese neuen Zusammenhänge, die Kontextkompetenz des
Handelns und Denkens, die das Fachwissen erst nützlich machen. „Es
genügt nicht, etwas zu wissen, wir müssen auch wissen wollen, wozu
und für wen es gut ist“, stellt der Autor schließlich fest. Und
genau das sei dann Bildung. Eine Bildung, die man brauchen kann.
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10.04.2024
15 Minuten
Der Mensch ist kein ängstlicher Bauer mehr, der sich ums Überleben
sorgt, sondern ein Unternehmer. Darüber sprechen Wolf Lotter und
Christoph Pause in der „Trafostation.“ Wer auf jedes Problem das
Geld anderer kippen will, ist nicht weniger schlimm als der, der
anderen eine Fastenkur verordnet, die er selbst nicht einhält. So
sieht es Wolf Lotter und meint, dass vielleicht schon das Wort im
Kern daneben sei: Sparen. Das altgermanische „spar“ bedeutet so
viel wie etwas unversehrt lassen, schonen und aufschieben. Im
Mittelalter hatte genau das einen guten Grund. In den warmen
Jahreszeiten wurden Ernten eingefahren und Vorräte angelegt, die
für den langen Winter bis zur nächsten Ernte reichen mussten. „In
der alten Hauswirtschaft war Sparen eine unverzichtbare
Angelegenheit, eine ökonomische Notwendigkeit, eine Frage der
Existenzgrundlage“, erklärt der Autor. Wer früher nicht sparte, war
bald tot und vergessen. Und Gesellschaften haben ein kollektives
Gedächtnis, eine vage Erinnerung an das, was ihre Vorfahren
bewegte. Unterbewusst beeinflusst dieses Gedächtnis unser
kulturelles Denken bis heute. Der Mensch der Aufklärung ist laut
Lotter aber kein ängstlicher Bauer mehr, der sich um das tägliche
Überleben sorgt. Der Mensch von heute ist Unternehmer, der gezielt
das einsetzt, was er hat, damit es sich vermehrt. Unternehmen
sparen nicht, Unternehmen investieren. Dabei geht es laut Lotter
nicht nur um Geld und materielle Güter: „Der wirtschaftliche Erfolg
in den vergangenen 250 Jahren ist unbestreitbar der Fähigkeit zum
Investieren in Ideen und Innovationen geschuldet.“ Heute traut man
sich etwas und geht mit geradezu verschwenderischem Talent ans
Werk, stellt der Publizist fest. Übersetzt heiße das, in
Unbekanntes zu investieren, Experimente zu wagen, Risiken auf sich
zu nehmen. Und dabei entdecke man die Ressource Vielfalt. Sparen
werde damit immer mehr zur Investition oder wenigstens zu deren
Vorstufe. Also zu dem, was der Ökonom Thomas Straubhaar
„aufgeschobenen Konsum“ bezeichnet. „Wenn wir uns heute
zurückhalten, dann nur mit dem klaren Ziel, die Mittel dafür zu
konzentrieren, dass wir es richtig krachen lassen können“, betont
Lotter. Liegt der Fokus auf Zukunftsfähigkeit, geht es um Bildung,
um Technik und um Innovation. Das richtige Wort sei dann nicht mehr
sparen oder verschwenden, sondern investieren oder noch besser: ein
Ziel haben. Wer sich ängstlich an das Alte klammert, könne dieses
Ziel jedoch nicht sehen. Es fehlt uns nicht an Geld. Vielmehr fehle
es uns an Perspektiven, an Ideen, Willen und Mut, sagt Lotter.
Etwas vorhaben, sich entscheiden und es durchziehen, das müsse man
wollen. Schon Thomas Straubhaar habe vor Jahren festgestellt, was
unser Problem ist. Demnach seien wir Sicherheitsgenerationen, die
sich zu wenig zutrauen, vor allem zu wenig Kreativität. Das sei
bislang auch gut gegangen, alle Entscheidungen waren irgendwie
okay. Aber das hat sich nun geändert. Das „Lalaland des anything
goes“ ist abgebrannt. Und das sei gut so, meint Lotter: „Wir
brauchen keine Sparfüchse, aber auch keine Populisten, die Geld auf
Probleme werfen, die sie nicht annähernd verstanden haben.“ Was man
heutzutage brauche, seien Leute mit Sachverstand, Menschen mit
Zielen und Ideen. Alles andere könnten wir uns ab sofort sparen.
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13.03.2024
17 Minuten
Industrienation Deutschland Adé? Warum sich das Land vom Gestern
verabschieden und das Heute begrüßen sollte, darüber sprechen Wolf
Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“. Rauchende
Schornsteine, rollende Fließbänder, echte Malocher: Deutschland ist
schon lange keine Industrienation mehr, stellt Lotter fest. Heute
arbeiten nur noch etwa 20 Prozent der deutschen Arbeitnehmer:innen
in der Industrie, der Rest arbeitet in Dienstleistungen, in der
Wissensarbeit. „Die Wissensökonomie, auf die man Politiker, Bürger
und Medienleute immer extra hinweisen muss, ist keine Schimäre,
sondern längst Realität.“ (Wolf Lotter) Aber die Wissensproduktion
ist individualisiert und kompliziert. Die Deindustrialisierung
dauert schon lange an, ist gut für Mensch, Wohlstand und Umwelt und
richtet keinen Schaden an, betont Lotter. Was dem Lande schade, sei
das sture Festhalten am Konzept der Industriegesellschaft: Lange
Arbeitswege, Staus, energieintensive Produktion. „Zeitverschwendung
und Routinearbeit, wo eigentlich Maschinen die Arbeit machen
sollten. Und unflexible Strukturen, die unser Leben bestimmen.“
(Wolf Lotter) Die Wirtschaft braucht keine Industriestrategie,
sondern eine Wissensstrategie. In so einer Transformationsstrategie
gehe es um ein bisschen mehr, als dass der Staat Geld für alte
Organisationsformen locker macht. Die wichtigste Ressource im
rohstoffarmen Deutschland sind letztlich die Köpfe: Ihre Ideen und
ihre Fähigkeit, Neues zu schaffen, sich zu verändern, sich in einer
Welt anzupassen, die mehr als kompliziert ist. Die Politik werde
das nicht hinkriegen, so viel steht für Lotter fest. Auch weil sie
so sehr am Gestern festzuhält. Das Heute macht dem Publizisten
jedoch Mut: „Wir leben jetzt und längst und gut von unserem Wissen.
Es wäre noch besser, wenn wir uns das bewusst machen.“ (Wolf
Lotter)
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14.02.2024
17 Minuten
Das Verhältnis Mensch Maschine gehört klargestellt. Warum und wie
aus Verbrauchern endlich auch Gestalter werden, darüber sprechen
Wolf Lotter und Christoph Pause in der „Trafostation“. Technik und
Wissenschaft beherrschen? Diesen Versuch brauche man gar nicht erst
unternehmen. Am Ende stehe immer die Katastrophe. Falsch und fatal
sei diese Botschaft des literarischen Klassikers „Frankenstein oder
Der moderne Prometheus“ im 20. Jahrhundert, meint Wolf Lotter und
bezieht sich auf Günther Anders, der von der prometheischen Scham
sprach: Die Maschinen kränken den Menschen, denn sie sind viel
schneller als selbst der Beste von ihnen. Es ist merkwürdig, findet
Lotter: „Die Maschine ist ein Teil von uns, unser Werkzeug. Nur
haben das die meisten nicht verstanden.“ Und was sollte ein
Computer sonst sein als eine universale Maschine, die sich den
Menschen nützlich macht, vorausgesetzt, wir verstehen sie zu
nutzen? Den Menschen gebe die Maschine vor allem Zeit, sagt der
Publizist. Zeit für Unterscheidbarkeit, Persönlichkeit, Innovation,
Entwicklung, Verbessern. „Es ist ein Zeichen intellektueller
Faulheit, dass wir die alte Dualität der magischen Maschine und des
ohnmächtigen Menschen nicht ablegen“, stellt der Publizist fest.
Klug sei demnach, was sich nutzen lässt. Die Naturwissenschaftler
müssen mehr über Intuition lernen und die Schöngeistigen etwas mehr
über naturwissenschaftliche Realität. „Am Ende müssen zwar nicht
alle alles können, aber wir sollten uns schon im Griff haben. Und
das, das wir schaffen, erst recht“, fasst es der Publizist
zusammen. Eigentlich gehe es um Haltung, betont Lotter: „Ich bin
hier der Chef, die Chefin und du bist mein Werkzeug.“ Wenn das im
Verhältnis Mensch Maschine klar sei, könnten wir endlich aufhören
zu fantasieren. Und damit anfangen, richtig zu digitalisieren.
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Über diesen Podcast
Wir leben im Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft.
Aber wir wissen nicht genau, was es bedeutet. Wolf Lotter und
Christoph Pause schauen im neuen Podcast "Trafostation" genauer
hin. Einmal im Monat gibt es ab jetzt zehn Minuten Transformation
auf die Ohren.
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