Spruchreif | Jurafuchs Podcast
Kontext und Hintergründe aktueller Gerichtsentscheidungen & juristischer Debatten
Podcaster
Episoden
28.06.2024
51 Minuten
Aus Anlass von 75 Jahren
Grundgesetz starten wir eine neue Reihe im
Rahmen unseres Podcasts: Wir befassen uns mit ausgewählten
Themen, die für das Verständnis unserer Verfassung und unseres
Verfassungslebens eine wichtige Rolle beanspruchen.
Den Start macht die ehemalige
Bundesverfassungsrichterin
Professorin Gertrude
Lübbe-Wolff. Sie ist emeritierte Professorin für
öffentliches Recht an der Universität Bielefeld. Von 2002 bis
2014 war sie Richterin des
Bundesverfassungsgerichts und gehörte dort dem
2. Senat an.
Prof. Dr. Dr. h.c. Lübbe-Wolff erläutert, wie Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts und anderer Verfassungsgerichte
zustanden kommen. Sie bietet eine tiefen Einblick in die
Beratungspraxis und Beratungskultur des BVerfG und vergleicht sie
mit der Entscheidungsfindung des US-Supreme Court. Sie erläutert
aber auch ganz grundsätzlich, was für die richterliche
Rechtsfindung in grundlegenden verfassungsgerichtlichen Verfahren
maßgeblich ist.
Im Einzelnen geht Frau Ri'in BVerfG a.D. Prof. Gertrude
Lübbe-Wolff auf die folgenden Aspekte ein:
Wie läuft die Beratung beim Bundesverfassungsgericht ab?
Warum unterscheidet sich die Beratung beim
Bundesverfassungsgericht von der Praxis anderer Gerichte?
Wie sieht die Beratungspraxis bei anderen prominenten
Verfassungsgerichten aus, insbesondere beim US Supreme Court?
Warum ist es rechtlich geboten, dass Verfassungsgerichte
integrieren und nicht polarisieren?
Welche Aspekte sind für die rechtliche Qualität des
Beratungsergebnisses maßgeblich?
Worin liegen mögliche Gefährdungen einer integrativen
Beratungspraxis beim Bundesverfassungsgericht?
Mehr zu aktuellen Rechtsfragen findet ihr auf der
Jurafuchs-Lernplattform. Jurafuchs ist die
digitale Lernumgebung für Jurastudentinnen, Rechtsreferendare und
juristische Professionals. Unsere Expertinnen und Experten
stellen für euch zusammen, was ihr für Studium, Referendariat und
die beiden Staatsexamina wissen müsst und was ihr in der Praxis
braucht.
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10.05.2024
49 Minuten
Der Fleet-Fall ist einer der
Klassiker der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs in Zivilsachen. Der Fall aus
dem Deliktsrecht, den der BGH 1970 entschieden
hat (Urteil vom 21.12.1970 – II ZR 133/68) und der so einfach
daherkommt, führt an die Grenzen des Rechts. Im Zentrum steht die
Frage: Wann stellt die Beeinträchtigung der faktischen
Nutzungsmöglichkeit des Eigentums an einer Sache
eine deliktische Eigentumsverletzung (§ 823 Abs.
1 BGB) dar?
Professor Stephan Lorenz, Inhaber des Lehrstuhls
für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und
Rechtsvergleichung an der Ludwig-Maximilians-Universität München
und Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, erläutert
diesen Klausur-Klassiker des
Zivilrechts und zeigt seine ungebrochene
Relevanz auf:
Warum ist die Klausur-Relevanz des Fleet-Falles bis heute
ungebrochen?
Was ist die grundlegende gesetzgeberische Wertungen der
deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB?
Warum ist das Vermögen im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht
als absolutes Recht geschützt?
Was sind typische Konstellationen, in denen eine
Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB anzunehmen ist?
Warum hat der BGH im Fleet-Fall ausnahmsweise eine
Eigentumsverletzung wegen Beeinträchtigung der
Nutzungsmöglichkeit des Eigentums angenommen?
Wie lässt sich abgrenzen, wann eine Eigentumsverletzung
vorliegt und wann „nur“ eine Dispositionsbeschränkung gegeben
ist?
Wie hat sich die Rechtsprechung des BGH zur
Eigentumsverletzung durch Nutzungsbeeinträchtigung
fortentwickelt?
Inwiefern beansprucht der Fleet-Fall aktuell besondere
Relevanz für den zivilrechtlichen Umgang mit den sog.
„Klimakleber“-Fällen?
Eine detaillierte Aufbereitung des Fleet-Falls findet ihr bei
Jurafuchs. Jurafuchs ist die digitale
Lernplattform für Jurastudentinnen, Rechtsreferendare
und juristische Professionals. Unsere Expertinnen und Experten
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Referendariat und die beiden
Staatsexamina wissen müsst und was ihr in der Praxis
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26.04.2024
57 Minuten
Als Reaktion auf den furchtbaren Angriff der Hamas auf Israel vom
7. Oktober 2023 bekämpft Israel die Hamas im Gazastreifen mit
einem groß angelegten Militäreinsatz. In der Folge sind
zehntausende Menschen in Gaza ums Leben gekommen, und die
humanitäre Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist
katastrophal.
Südafrika wirft Israel vor, durch seine militärischen Maßnahmen
im Gazastreifen einen Völkermord zu begehen. Südafrika hat
deshalb Israel Ende 2023 vor dem Internationalen
Gerichtshof (IGH) in Den Haag verklagt und eine
Verletzung der Völkermordkonvention gerügt. Am 26. Januar 2024
hat der IGH eine Eilentscheidung getroffen. Zwar hat der IGH
Israel nicht dazu verpflichtet – wie von Südafrika gefordert –,
seine Kampfhandlungen einzustellen. Gleichwohl hat der IGH es
nicht für ausgeschlossen gehalten, dass durch das Verhalten
Israels und israelischer Repräsentanten bestimmte Verpflichtungen
aus der Völkermordkonvention betroffen sein können (Application
of the Convention on the Prävention and Punishment of the Crime
of Genocide in the Gaza Strip (South Africa v. Israel)).
Professor Helmut Philipp Aust, Inhaber der
Professur für Öffentliches Recht und die Internationalisierung
der Rechtsordnung an der Freien Universität Berlin, erläutert
diese außergewöhnliche Entscheidung und die damit verbundenen
Rechtsfragen:
Warum ist der IGH für die Rechtsfragen der
Völkermordkonvention zuständig?
Was ist Völkermord im Sinne der Völkermordkonvention?
Welche Anforderungen stellt die Völkermordkonvention – neben
dem Verbot, einen Völkermord zu begehen – auf?
Steht Israel gegen die Hamas das Recht auf Selbstverteidigung
zu?
Welche Rolle spielt in dem Konflikt das humanitäre
Völkerrecht, und welche Anforderungen stellt es auf?
In welchem Verhältnis steht die Völkermordkonvention zum
Selbstverteidigungsrecht und zum humanitären Völkerrecht?
Welchen Zweck erfüllt die Entscheidung des IGH im
Eilverfahren?
Welche Anordnungen hat der IGH getroffen, und welche
Anordnungen hat er nicht getroffen?
Welche Rolle spielen Äußerungen israelischer Politiker, die
so verstanden werden können, dass sie zu Völkermord aufrufen oder
ihn billigen?
Begeht Israel durch seine militärischen Handlungen im
Gazastreifen einen Völkermord?
Mehr zu aktuellen Rechtsfragen findet ihr auf der
Jurafuchs-Lernplattform (hier). Jurafuchs ist
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19.01.2024
52 Minuten
Im Frühsommer 2023 stritt das ganze Land über das
Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition (aka
Robert Habecks „Heizungsgesetz“). Nach schweren Angriffen der
politischen Opposition und der Bild-Zeitung sowie nach öffentlich
ausgetragenem Streit zwischen FDP und Grünen entschied sich die
Ampel-Koalition, das Gesetzesvorhaben umfassend zu ändern. Da war
aber der alte Gesetzesentwurf bereits in den Bundestag
eingebracht worden. Kurzfristig wurde über den nunmehr
umfangreich geänderten Gesetzesentwurf beraten und im
federführenden Ausschuss entschieden. Aus politischen Gründen
sollte das Gesetz noch vor der Sommerpause 2023 beschlossen
werden. Doch dazu kam es nicht.
In einer Eilentscheidung untersagte das
Bundesverfassungsgericht es der
Parlamentsmehrheit, noch vor der Sommerpause über die Änderungen
am Gebäudeenergiegesetz in zweiter und dritter Lesung zu
entscheiden und das Gesetz zu verabschieden. Denn den
Abgeordneten des
Bundestags habe zwischen dem Beschluss des
Ausschusses über die umfangreichen Änderungen am Gesetzesentwurf
und der vorgesehenen Beschlussfassung im Parlament nicht genug
Zeit zur Verfügung gestanden. Nach Ansicht des Gerichts konnte
nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch das
Recht der
Abgeordneten auf
gleichberechtigte Teilhabe
an der parlamentarischen
Willensbildung aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG
verletzt worden ist (Beschluss vom 05.07.2023 – 2 BvE
4/23).
Die Entscheidung hat es in sich. Hinter ihr stehen grundlegende
Fragen zu den rechtlichen Anforderungen an das
Gesetzgebungsverfahren und den parlamentarischen
Meinungsbildungsprozess.
Professor Florian
Meinel, Inhaber des Lehrstuhls für
Staatstheorie, Politische Wissenschaften und Vergleichendes
Staatsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen, erläutert
diese politisch brisante Entscheidung, ihre Hintergründe und
Folgen:
Warum war das Gesetzgebungsverfahren zum Gebäudenergiegesetz
untypisch?- Wie läuft das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren
normalerweise ab?
Warum werden wesentliche Fragen des
Gesetzgebungsverfahren – wie etwa Fristen – durch die
Geschäftsordnung des Bundestages – und nicht etwa durch das
Grundgesetz – geregelt?
Woher kommt die Erkenntnis des Gerichts, dem einzelnen
Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG weitreichende
Teilhaberechte zuzuerkennen?
Was genau umfasst das Recht der Abgeordneten auf
gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen
Willensbildung?
Warum hält das Bundesverfassungsgericht den Beratungszeitraum
zum Gebäudeenergiegesetz nicht für ausreichend, obwohl die dafür
vorgesehenen Fristen in der Geschäftsordnung des Bundestages
eingehalten wurden?
Droht in Folge der Entscheidung eine eingeschränkte
Handlungsfähigkeit des Parlaments?
Welche Anpassungen für den parlamentarischen Alltag ergeben
sich aus der Entscheidung?
Eine detaillierte Aufbereitung der Entscheidung zum
Gebäudeenergiegesetz findet ihr auf der
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29.12.2023
48 Minuten
Die Grundrechte sind zuallererst Abwehrrechte
des Bürgers gegen den Staat. Seit der „Lüth“-Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 15.01.1958 – 1 BvR 400/51)
ist jedoch anerkannt, dass die Grundrechte des Grundgesetzes auch
eine objektive Wertentscheidung
verkörpern, die für alle Bereiche des Rechts gilt. Für Private
folgt daraus, dass die Grundrechte auch in das Rechtsverhältnis
zu anderen Privaten ausstrahlen. Sie entfalten
mittelbare Drittwirkung.
Doch in welchen Konstellationen entfalten die Grundrechte
mittelbare Drittwirkung – und in welchem Umfang? Diese Frage
stellte sich in einem Fall, in dem ein Fußballfan wegen
vermeintlicher Beteiligung an Ausschreitungen von einem
Fußballverein mit einem umfassenden
Stadionverbot belegt wurde – und dagegen klagte.
In seiner Entscheidung konkretisiert das Bundesverfassungsgericht
die Voraussetzungen und Folgen der mittelbaren Bindung Privater
an die Grundrechte (Beschluss vom 11.04.2018 – 1 BvR 3080/09).
Wegen ihrer grundlegenden Bedeutung für die Grundrechtsdogmatik
ist die Stadionverbote-Entscheidung schon heute ein „Klassiker“
der Rechtsprechung des BVerfG.
Professor Emanuel V. Towfigh, Inhaber des
Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Empirische Rechtsforschung und
Rechtsökonomik an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht,
ruft diese Leitentscheidung in Erinnerung und bettet sie in ihren
Kontext ein:
Was verstehen wir unter dem Prinzip der mittelbaren
Drittwirkung der Grundrechte?
Was bewegt das Bundesverfassungsgericht in seiner
„Stadionverbote“-Entscheidung dazu, die Dogmatik der mitttelbaren
Drittwirkung auszuweiten?
Nach welchen Kriterien bestimmt das Bundesverfassungsgericht,
ob und in welchem Umfang Private der mittelbaren Drittwirkung
unterliegen?
Dürfen Private – anders als der Staat – grundsätzlich andere
Teilnehmer des Rechtsverkehrs diskriminieren?
Wie verhält sich die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte
in ihrem Umfang zu einer unmittelbaren Grundrechtsbindung?
Welche Folgewirkungen hat die „Stadionverbote“-Entscheidung?
Wirkt sich die „Stadionverbote“-Entscheidung auch aus auf die
mittelbare Grundrechtsbindung von Social-Media-Plattformen?
Eine detaillierte Aufbereitung der Stadionverbote-Entscheidung
findet ihr auf der Jurafuchs Lernplattform
(hier). Jurafuchs ist die digitale Lernumgebung für
Jurastudentinnen, Rechtsreferendare und juristische
Professionals. Unsere Expertinnen und Experten stellen für euch
zusammen, was ihr für Studium,
Referendariat und die beiden
Staatsexamina wissen müsst und was ihr in der Praxis
braucht.
Im Smartbook Grundrechte von
Professor Towfigh und Alexander Gleixner (Open Access bei unserem
Kooperationspartner Nomos) findet ihr zudem systematische
Ausführungen zur mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte und zum
Stadionverbots-Entscheidung.
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Über diesen Podcast
Rechtsprechung und juristische Debatten prägen unser Rechtssystem.
Aufsehenerregende Gerichtsverfahren machen Schlagzeilen und haben
weitreichende Auswirkungen auf die Rechtswirklichkeit. Doch
Rechtsprechung und juristische Kontroversen bleiben oft abstrakt
und schwer zugänglich. Spruchreif tritt an, dies zu ändern!
Jurafuchs Mit-Gründer Dr. Wendelin Neubert spricht dazu mit
führenden Persönlichkeiten des juristischen Lebens und beleuchtet
Kontext und Hintergründe aktueller Gerichtsentscheidungen und
juristischer Streitfragen.
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