SWR Bestenliste Januar

SWR Bestenliste Januar

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Beschreibung

vor 16 Stunden
Stilblüten, Schiffskarten und ein Hund namens Semmel – Daniela
Strigl, Beate Tröger und Hubert Winkels diskutierten im Karlsruher
Prinz-Max-Palais vier auf der SWR Bestenliste im Januar
verzeichnete Werke. Auf dem Programm standen Nava Ebrahimis Roman
„Und Federn überall“ (Luchterhand Literaturverlag), der Gedichtband
„Portolan“ von Daniela Danz (Wallstein Verlag), Eva Schmidts Roman
„Neben Fremden“ (Jung & Jung Verlag) und László Krasznahorkais
Roman „Zsömle ist weg“ in der deutschen Fassung von Heike Flemming
(S. Fischer Verlage). Die Jurydiskussion beginnt mit einer
Kontroverse: Während Hubert Winkels die Konstruktion des Romans
„Und Federn überall“ (Platz 4) lobte, war Beate Tröger über die
Fülle der Stilblüten im Text verärgert. Daniela Strigl lobte zwar
manche Figurenentwicklung und die Dialoge, sprach aber auch von
einer inhaltlichen Überfrachtung in Ebrahimis Buch, das von
Massentierhaltung, stupiden Arbeitsabläufen, prekären
Lohnverhältnissen, zerbrochenen Familien, deutsch-polnischer
Vergangenheit, gegenwärtiger Migration und der Erinnerungskultur
handelt. Die Jury begab sich mit dem Gedichtband „Portolan“ auf
vergangene und neue Seewege (Platz 3). Die anspielungsreiche Lyrik
von Daniela Danz beschäftigt sich der globalisierten
Frachtschifffahrt genauso wie mit den Möglichkeiten der Zerstreuung
und Kontemplation, die das Meer und ihr sprachlicher Echoraum
bietet. Auch der neue Roman von Eva Schmidt überzeugte das Podium.
Die Geschichte der ehemaligen und inzwischen sehr einsamen
Krankpflegerin wird einhellig gelobt – wegen der sprachlichen
Präzision und der überraschenden Wendungen, die einen Ausweg aus
der geschilderten Trostlosigkeit bieten (Platz 2). Den Spitzenplatz
der SWR Bestenliste im Januar nimmt der neue Roman des frisch
gekürten Literaturnobelpreisträgers ein. In László Krasznahorkais
Roman „Zsömle ist weg“ möchte eine Truppe skurriler Monarchisten
einen alten Mann, offenbar der Spross einer jahrhundertealten
Adelslinie, zum König von Ungarn ausrufen. Die Jury ist von der
sprachmächtigen Parodie auf gegenwärtigen (nicht nur ungarischen)
Politpopulismus begeistert. Mit Zsömle ist nicht nur eine Semmel
gemeint, sondern auch eine Reihe von dahinsiechenden Hunden. So
unterhaltsam und komisch sei Krasznahorkai bislang noch nie
gewesen, sagte Daniela Strigl, die ein wenig mit der Übersetzung
hadert, weil sie an manchen Stellen etwas „bundesdeutsch“ klinge.
Beate Tröger lobt hingegen die einfallsreiche und genaue
Übertragung aus dem Ungarischen, für die Heike Flemming
verantwortlich ist. Aus den vier Büchern lasen Isabelle Demey und
Sebastian Mirow. Durch den Abend führte Carsten Otte.

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