Folge 7 mit Achim Würker: Schule als Ort traumatischer Reinszenierung. Wie Szenisches Verstehen Auswege aus der Eskalationsspirale weisen kann

Folge 7 mit Achim Würker: Schule als Ort traumatischer Reinszenierung. Wie Szenisches Verstehen Auswege aus der Eskalationsspirale weisen kann

45 Minuten

Beschreibung

vor 3 Monaten

Szenisches Verstehen, Schule, Sonderpädagogik,
Hermeneutik


Die siebte Episode unseres Podcasts widmet sich dem Szenischen
Verstehen. Es ist ein erkenntnistheoretisches Verfahren, das
seine Wurzeln in der Psychoanalyse hat. Was nach schwerfälliger
Wissenschaft klingt, bietet für die pädagogische Praxis mit stark
belasteten Kindern und Jugendlichen einen Ansatz, im destruktiven
„Stör“-Verhalten, z.B. von Schüler:innen im Unterricht,
verschlüsselte Botschaften zu entdecken, die inneren
Bewältigungsstrategien folgen. Doch in diesen Situationen geraten
Lehrer:innen durch ihre eigenen unbewussten
Reaktionsbereitschaften leicht in einen Teufelskreis destruktiver
Beziehungsanfragen, die nicht selten zu Ausschluss und
Schulverweis führen.


Achim Würker, einst Schüler des Sozialwissenschaftlers Alfred
Lorenzer, welcher das Szenische Verstehen als Hermeneutik
begründet hat, kennt als ehemaliger Lehrer den Handlungsdruck der
Praxis aus eigenen Erfahrungen, wenn am Ende von hilflosen
Disziplinierungsmaßnahmen nur noch institutionelle Machtausübung
möglich scheint. Als unser heutiger Gast legt er anschaulich dar,
wie Szenisches Verstehen Auswege aus diesem Dilemma weisen kann.
Dabei darf es jedoch nicht als technische Intervention aus dem
Methodenkoffer missverstanden werden, denn es ist an gewisse
introspektive Bereitschaften gebunden: Damit sich die
Eskalationsspiralen nicht hoch und höher schrauben, braucht es
selbstreflexive Räume, wie sie z.B. die Supervision bietet, in
denen Lehrer:innen und andere pädagogische Fachkräfte in einem
geschützten Rahmen über solche Beziehungsverstrickungen
bewertungsfrei nachdenken und die eigenen, biografisch bedingten
Empfänglichkeiten für die unbewussten Inszenierungen ihres
Gegenübers erkunden können. Werden auf diese Weise Ansatzpunkte
gefunden, mit Schüler:innen in einen verstehenden Dialog
einzutreten, erscheinen, jenseits von Beziehungsabbrüchen,
Auswege und im Bestfall korrigierende Beziehungserfahrungen
möglich.


Szenisches Verstehen bietet somit dem Unsagbaren, das mit
Traumatisierung häufig verbunden ist, einen Zugang und dies nicht
nur im Bereich von Schule, sondern in allen Handlungsfeldern der
Traumapädagogik.


 


Zur Vertiefung:


Würker, A. (2012a). Szenisches Verstehen. Alfred Lorenzers
Konzeption psychoanalytischer Hermeneutik. In W. Datler & M.
Dörr (Hrsg.), EEO, Enzyklopädie Er-ziehungswissenschaft Online,
Fachgebiet/Unterüberschrift:Psychoanalytische Pädagogik,
Ausgewählte Konzeptepsychoanalytisch-pädagogischer
Praxisgestaltung, 1-26. Weinheim: Beltz Juventa. doi: 10.3262/EEO
19120269


Würker, A. (2012b). „Wenn sich die Szenen gleichen …“.
Ausbalancierung von Nähe und Distanz als Aufgabe der
Lehrerbildung und das Konzept psychoanalytischorientierter
Selbstreflexion. In M. Dörr & B. Müller (Hrsg.), Nähe und
Distanz. Ein Spannungsfeld pädagogischer Professionalität (S.
128-144). Weinheim: Beltz Juventa.


Würker, A. (2022). »Szenisches Verstehen«. Die Bedeutung des
psychoanalytischen Konzepts für die Psychoanalytische Pädagogik.
In J. Gstach, B. Neudecker & K. Trunkenpolz (Hrsg.),
Psychoanalytische Pädagogik zwischen Theorie und Praxis.
Festschrift für Wilfried Datler (S. 165-189). Wiesbaden:
Springer.


Dörr, M., Schmid Noerr, G., & Würker, A. (Hrsg.). (2022).
Zwang und Utopie – das Potenzial des Unbewussten. Zum 100.
Geburtstag von Alfred Lorenzer. Weinheim: Beltz Juventa.


Kratz, M., & Finger-Trescher, U. (Hrsg.). (2024). Szenisches
Verstehen in der Pädagogik. Grundlagen, Potenziale, Reflexionen.
Gießen: Psychosozial






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