Greifen und BeGreifen: Wie Lernen und Verhalten mit frühkindlichen Reflexen zusammenhängen von Sally Goddard Blythe

Greifen und BeGreifen: Wie Lernen und Verhalten mit frühkindlichen Reflexen zusammenhängen von Sally Goddard Blythe

9 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

Das menschliche Gehirn entwickelt sich rasant in den ersten
Lebensjahren. In dieser Zeit spielt das Zusammenspiel von
körperlichen und neurologischen Fähigkeiten eine entscheidende
Rolle. Besonders faszinierend ist der Einfluss frühkindlicher
Reflexe auf die Lern- und Verhaltensentwicklung, wie die Autorin
und Forscherin Sally Goddard in ihren Studien und Büchern zeigt.
Die frühkindlichen Reflexe, die angeborene Reaktionen auf
bestimmte Reize sind, bilden eine Art neurologisches Fundament,
auf dem später komplexe Fähigkeiten aufbauen. Goddards Forschung
legt nahe, dass das Verständnis dieser Reflexe und ihrer Rolle im
Entwicklungsprozess nicht nur Eltern und Pädagogen, sondern auch
Therapeuten wichtige Einsichten liefert.





Frühkindliche Reflexe umfassen eine Reihe automatisierter
Bewegungen, die bei Babys zu beobachten sind. Diese Reflexe
erfüllen eine Schutzfunktion und unterstützen grundlegende
Prozesse wie Atmung, Saugen und Greifen. Typische Reflexe, wie
der Moro-Reflex oder der Greifreflex, tragen dazu bei, dass das
Kind seine Umgebung wahrnimmt und mit ihr interagiert.
Interessanterweise weisen Studien darauf hin, dass sich diese
Reflexe auf die spätere Fähigkeit des Kindes auswirken,
komplexere Aufgaben zu bewältigen. Sie legen den Grundstein für
das, was Goddard als die Fähigkeit zum „Begreifen durch Greifen“
beschreibt. Durch die Ausübung und anschließende Hemmung dieser
Reflexe entwickeln Kinder die Kontrolle über ihre eigenen
Bewegungen und beginnen, ihre Umgebung gezielt wahrzunehmen.


Reflexe sind nicht nur motorische Reaktionen, sondern auch
Hinweise auf die neurologische Reifung. Ein gut integriertes
Reflexmuster unterstützt die körperliche und kognitive
Entwicklung, während ungelöste Reflexe zu Problemen führen
können. Sally Goddard beschreibt beispielsweise, dass ein
fortbestehender Moro-Reflex, der sich normalerweise innerhalb
weniger Monate verliert, zu Konzentrationsschwierigkeiten und
Überempfindlichkeiten führen kann. Kinder, deren frühkindliche
Reflexe sich nicht rechtzeitig zurückbilden, können daher
anfälliger für Lernschwierigkeiten, wie Lese- und
Rechtschreibprobleme, sein. Dies zeigt, wie wichtig eine
reibungslose Entwicklung der frühkindlichen Reflexe für die
spätere Schulfähigkeit ist. Die Reflexintegration ist also ein
wesentlicher Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen
Bildungslaufbahn.


Das Greifen als erste Form der aktiven Umweltwahrnehmung fördert
die neuronale Vernetzung und hilft dem Gehirn, Informationen zu
verarbeiten. Die physische Handlung des Greifens unterstützt das
räumliche Vorstellungsvermögen und die Hand-Augen-Koordination,
die für die kognitive Entwicklung essenziell sind. Sobald das
Kind Objekte greifen und erkunden kann, beginnt es, die
Beziehungen zwischen sich selbst und der Umgebung zu verstehen.
Durch Greifen und Erkunden lernt das Kind, Sinneseindrücke zu
kategorisieren und den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung
zu begreifen. Sally Goddard zeigt auf, dass durch diese
sensomotorischen Erfahrungen die Basis für spätere abstrakte
Denkprozesse gelegt wird. Die Wahrnehmungsentwicklung, die das
Kind durch seine Reflexe erlebt, ist damit auch die Grundlage für
das Sprach- und Zahlenverständnis.


Neben der kognitiven Entwicklung beeinflussen ungelöste
frühkindliche Reflexe auch das Verhalten und die Emotionen.
Goddard beschreibt, dass unintegrierte Reflexe oft zu
Verhaltensauffälligkeiten führen. Beispielsweise kann der
persistierende Greifreflex dazu führen, dass ein Kind
Schwierigkeiten hat, Dinge loszulassen, sowohl im physischen als
auch im emotionalen Sinne. Die emotionale Regulation hängt eng
mit der Reflexintegration zusammen, denn ungelöste Reflexe
verstärken Stress und hemmen die Fähigkeit zur Entspannung.
Kinder mit verbleibenden frühkindlichen Reflexen neigen eher zu
impulsiven Reaktionen und haben häufig eine verminderte
Fähigkeit, ihre Emotionen zu kontrollieren.


https://markusflicker.com/

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