Urbex, Lost Places und Modern Ruins mit Schwerpunkt auf der Schweiz
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Beschreibung
vor 7 Monaten
Wenn du mit der Kamera unterwegs bist, auf der Suche nach dem,
was die Zeit vergessen hat, dann findest du in der Schweiz mehr,
als man auf den ersten Blick vermutet. Inmitten von Alpenidylle,
gepflegten Dörfern und urbanem Fortschritt existieren stille,
verborgene Welten – Orte, an denen die Zeit stehengeblieben zu
sein scheint. Urbex, also Urban Exploration, bietet dir hier eine
ganz eigene Bühne. Die Schweizer Lost Places erzählen Geschichten
von Industrialisierung, Aufbruch, Scheitern und dem stillen
Nachklang von einst pulsierendem Leben.
Auf den ersten Blick mag die Schweiz nicht wie das klassische
Ziel für Urbex-Abenteuer wirken. Zu sauber, zu aufgeräumt, zu
durchorganisiert erscheint das Land. Doch gerade diese Diskrepanz
macht das Erkunden verlassener Orte so faszinierend. Zwischen der
scheinbaren Perfektion existieren Risse, durch die du in andere
Zeiten blicken kannst. Verlassene Sanatorien in den Bergen,
stillgelegte Militäranlagen, verfallene Hotels, leerstehende
Villen, aufgegebene Skistationen – all das liegt nicht weit
entfernt von touristischen Hotspots, aber weit genug, um
vergessen worden zu sein.
Ein Beispiel: Das ehemalige Hotel Belvédère auf
dem Furkapass, einst ein Symbol alpiner Eleganz, ist heute ein
Mahnmal des Wandels im Tourismus. Oder die leerstehenden
Industriehallen in La Chaux-de-Fonds, wo einst das Herz der
Schweizer Uhrenproduktion schlug. Viele dieser Orte kannst du
fotografisch erkunden – legal oder auf eigene Gefahr, was dich
als urbane:r Entdecker:in stets an die Grenze von Abenteuer,
Verantwortung und Respekt bringt.
Als Fotograf:in oder Filmer:in begegnest du den Lost Places der
Schweiz nicht nur mit ästhetischem Blick. Du bist auch
Chronist:in einer verschwindenden Welt. Gerade in einem Land, in
dem die Erhaltung von Bausubstanz häufig stark reguliert ist,
bedeutet jeder verfallene Ort eine besondere Ausnahme. Die Kamera
wird dabei nicht nur zum Werkzeug der Kunst, sondern auch zum
Instrument der Erinnerung.
Dabei kannst du dich mit aktuellen Fragen auseinandersetzen: Was
bedeutet „Wert“ in einer Gesellschaft, die sich an Effizienz,
Funktion und Fortschritt orientiert? Warum bleibt ein Ort stehen,
während alles andere sich bewegt? Und was sagt dieser Stillstand
über uns aus? Solche Fragen kannst du in deine Arbeit einfließen
lassen – etwa durch Interviews mit ehemaligen Bewohner:innen,
durch die Gegenüberstellung von Archivmaterial und aktuellen
Aufnahmen, oder durch symbolische Bildkompositionen, die den
Kontrast zwischen Vergangenheit und Gegenwart betonen.
Ein aktueller Aspekt, der auch in der Schweiz zunehmend sichtbar
wird, ist der Zusammenhang zwischen Klimawandel und urbanem
Verfall. Ehemals funktionierende Strukturen wie kleine Skigebiete
oder Berggasthäuser werden durch den Rückgang des Schnees und
veränderte Tourismusströme unrentabel und verlassen. Diese Modern
Ruins sind nicht nur Zeugen wirtschaftlicher Entwicklungen,
sondern auch stille Chronisten der ökologischen Veränderungen.
Als Urbex-Fotograf:in kannst du hier eine neue narrative Ebene
erschließen: Verlassene Schneekanonen, verwitterte Sessellifte,
leerstehende Unterkünfte – sie erzählen vom Ende einer Ära. Wenn
du diese Orte mit deiner Kamera dokumentierst, wird deine Arbeit
fast automatisch zu einem visuellen Kommentar über Klimapolitik,
Konsumverhalten und Nachhaltigkeit.
Mit dem wachsenden Interesse an Lost Places – befeuert durch
Social Media und digitale Communities – verändert sich auch der
Zugang zu diesen Orten. Du stehst heute vor einer Gratwanderung:
Einerseits möchtest du deine Entdeckungen teilen, andererseits
gilt es, diese Orte zu schützen. In der Schweiz, wo viele Lost
Places nur schwer zugänglich und rechtlich problematisch sind,
spielt dieser ethische Aspekt eine besondere Rolle.
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