Die Geschichte des Urban Explorings – Dein Weg durch vergessene Welten

Die Geschichte des Urban Explorings – Dein Weg durch vergessene Welten

6 Minuten

Beschreibung

vor 7 Monaten

Wenn du heute eine verlassene Villa betrittst, die Tapeten von
der Feuchtigkeit abblättern siehst, das Licht durch zerschlagene
Fenster fällt und deine Schritte über staubige Dielen hallen –
dann betrittst du nicht nur einen Ort, du betrittst Geschichte.
Doch nicht nur die Geschichte des Gebäudes, sondern auch die
Geschichte einer Subkultur, die sich über Jahrzehnte hinweg aus
Neugier, Rebellion, Kunst und Sehnsucht nach dem Verlorenen
entwickelt hat: die Geschichte des Urban
Explorings, kurz Urbex.


Die Wurzeln des Urban Explorings reichen weiter zurück, als du
vielleicht denkst. Bereits im 19. Jahrhundert entdeckten
Künstler, Dichter und Abenteurer verlassene Orte – Ruinen,
Tunnel, alte Katakomben – und machten sie zum Teil ihrer Werke
und ihrer Legenden. Besonders in Paris entstand in den Tiefen der
Katakomben eine Bewegung, die sich dem unterirdischen Erkunden
widmete. Auch wenn sie damals noch keinen Namen trug, lebte der
urbane Forschergeist bereits – verborgen unter den Straßen,
abseits des Gewöhnlichen.


Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandelte sich diese Neugier.
Während sich Städte modernisierten und alte Bauten abrissen oder
stilllegten, fanden immer mehr Menschen ihren Reiz in genau
diesen vergessenen Orten. Das Industrialisierungszeitalter
hinterließ Relikte: gigantische Fabrikhallen, verrostete
Eisenbahndepots, leerstehende Sanatorien. Orte, die von einer
anderen Zeit erzählten – und die zugleich eine Einladung waren,
sie mit der eigenen Geschichte zu füllen.


In den 1980er- und 1990er-Jahren begann sich das moderne Urban
Exploring als Szene zu formen – zunächst in Städten wie Detroit,
London oder Berlin. Jugendliche, Fotograf:innen, Künstler:innen
und Abenteurer:innen begannen, systematisch verlassene Orte zu
erkunden, zu dokumentieren und ihre Funde zu teilen. Damals noch
in Fanzines, später im Internet, entstand eine Szene, die heute
global vernetzt ist. Du kannst dir vorstellen, wie aufregend es
damals war, ohne GPS, mit alten Stadtplänen und Gerüchten durch
Stadtteile zu streifen, um einen geheimen Zugang zu einem
leerstehenden Hotel oder einem unterirdischen Bunker zu finden.


Das Fotografieren und Filmen wurde bald zu einem zentralen
Bestandteil dieser Bewegung. Lost Places wurden nicht mehr nur
betreten, sie wurden inszeniert. Du kannst dich an die ersten
Fotoblogs erinnern, die mit langen Belichtungen das verblassende
Licht in verfallenen Theatern einfingen oder mit GoPro-Kameras
halsbrecherische Klettertouren auf Industriedächer
dokumentierten. Urbex war nicht mehr nur Erkundung – es war
Storytelling in Bildern.


Ein wichtiges Element der Urbex-Kultur war und ist der
Ehrenkodex: Du betrittst, aber zerstörst nicht. Du nimmst nichts
mit außer Erinnerungen – und Fotos. Du hinterlässt keinen Müll,
keine Tags, keine Spuren. Gerade in Zeiten, in denen Lost Places
durch Social Media zum Trend wurden und Massen an sogenannten
„Insta-Touristen“ in verlassene Orte einströmen, ist dieser Kodex
mehr als ein romantisches Ideal – er ist überlebenswichtig für
die Orte selbst.


Du wirst feststellen, wie stark sich die Szene heute mit Fragen
der Nachhaltigkeit, des Schutzes und der Respektkultur
beschäftigt. Viele urbane Explorer:innen arbeiten heute mit
Denkmalpflege-Initiativen zusammen, dokumentieren Gebäude vor
Abriss oder setzen sich für den Erhalt historischer Architektur
ein. Urbex ist damit auch ein politisches Statement geworden:
gegen das Vergessen, gegen die Schnelllebigkeit, für das
Bewahren.

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