Diagnostik positiver Antwortverzerrungen bei forensischen Begutachtungen
Beschreibung
vor 10 Jahren
Bei forensischen Begutachtungen können testpsychologische
Untersuchungen fragestellungsrelevanter Persönlichkeitsmerkmale nur
dann einen sinnvollen Beitrag zur Gesamtbeurteilung liefern, wenn
die Ergebnisse valide interpretiert werden können. Da die Befunde
von den Probanden durch Antwortverzerrungen verfälscht werden
können, bedarf es bei jeder Begutachtung einer multimodalen
Diagnostik des Antwortverhaltens. Allerdings sind für positive
Antwortverzerrungen, d.h. das Herunterspielen und Leugnen von
Auffälligkeiten und Beschwerden, bislang kaum validierte
Testverfahren verfügbar. Die Supernormalität-Skala (SN-S) wurde
entwickelt, um diese Lücke zu schließen. Ziel der vorliegenden
Arbeit war eine umfassende empirische Überprüfung der autorisierten
deutschen Übersetzung. Die diagnostische Validität wurde mit einem
experimentellen Design anhand einer heterogenen Kontrollstichprobe
(N = 201) mithilfe eines Onlinefragebogens mit Standardinstruktion
und Fake-Instruktion bestimmt. Für die Überprüfung weiterer Aspekte
der Kriteriums- und der Konstruktvalidität, insbesondere der Frage,
ob die mit der SN-S erfassten Antwortverzerrungen Auswirkungen auf
(test-)psychologische Befunde haben, wurden zudem Daten von 108
Begutachtungsprobanden analysiert. Die SN-S zeigte eine
ausreichende diagnostische Validität (AUC = .86), wobei
insbesondere die Sensitivität (94%) und der negative Vorhersagewert
(96%) hoch waren, Spezifität (69%) und positiver Vorhersagewert
(62%) waren dagegen nicht zufriedenstellend. Damit bedürfen
auffällige SN-S-Werte einer weiteren Überprüfung mit anderen
Verfahren. Sowohl die Subskalen der Originalversion als auch die
mithilfe einer Faktorenanalyse extrahierten Skalen wiesen eine
deutlich schlechtere Klassifikationsgüte auf. Überwiegend moderate
bis hohe Korrelationen (r = .24-.80) mit anderen Skalen zur
Erfassung positiver und negativer Antwortverzerrungen zeigen, dass
Supernormalität kein eindimensionales Konstrukt ist; mit der SN-S
werden soziale Erwünschtheit und Dissimulationstendenzen, aber auch
Aggravation und Simulation erfasst. Je nach Fragestellung der
Begutachtung (Schuldfähigkeit, Rückfallprognose, sozial- und
zivilrechtliche Fragestellungen) zeigten zwischen 38% und 88% der
Probanden supernormales Antwortverhalten. Probanden mit auffälligem
SN-S-Ergebnis berichteten gegenüber Probanden mit unauffälligem
Antwortverhalten eine signifikant niedrigere
Aggressionsbereitschaft. Sie minimierten auch weitere klinische
Persönlichkeitsmerkmale. Aus diesem Grund ist davon auszugehen,
dass Fragebögen zur Erfassung von Persönlichkeitsstörungen bei
Personen mit Antwortverzerrungen im forensischen Kontext nicht zu
validen Ergebnissen führen. Die SN-S ist ein brauchbares Instrument
zur Überprüfung positiver Antwortverzerrungen bei forensischen
Begutachtungen, als alleiniger Indikator aber noch unzureichend, um
Dissimulation zu belegen.
Untersuchungen fragestellungsrelevanter Persönlichkeitsmerkmale nur
dann einen sinnvollen Beitrag zur Gesamtbeurteilung liefern, wenn
die Ergebnisse valide interpretiert werden können. Da die Befunde
von den Probanden durch Antwortverzerrungen verfälscht werden
können, bedarf es bei jeder Begutachtung einer multimodalen
Diagnostik des Antwortverhaltens. Allerdings sind für positive
Antwortverzerrungen, d.h. das Herunterspielen und Leugnen von
Auffälligkeiten und Beschwerden, bislang kaum validierte
Testverfahren verfügbar. Die Supernormalität-Skala (SN-S) wurde
entwickelt, um diese Lücke zu schließen. Ziel der vorliegenden
Arbeit war eine umfassende empirische Überprüfung der autorisierten
deutschen Übersetzung. Die diagnostische Validität wurde mit einem
experimentellen Design anhand einer heterogenen Kontrollstichprobe
(N = 201) mithilfe eines Onlinefragebogens mit Standardinstruktion
und Fake-Instruktion bestimmt. Für die Überprüfung weiterer Aspekte
der Kriteriums- und der Konstruktvalidität, insbesondere der Frage,
ob die mit der SN-S erfassten Antwortverzerrungen Auswirkungen auf
(test-)psychologische Befunde haben, wurden zudem Daten von 108
Begutachtungsprobanden analysiert. Die SN-S zeigte eine
ausreichende diagnostische Validität (AUC = .86), wobei
insbesondere die Sensitivität (94%) und der negative Vorhersagewert
(96%) hoch waren, Spezifität (69%) und positiver Vorhersagewert
(62%) waren dagegen nicht zufriedenstellend. Damit bedürfen
auffällige SN-S-Werte einer weiteren Überprüfung mit anderen
Verfahren. Sowohl die Subskalen der Originalversion als auch die
mithilfe einer Faktorenanalyse extrahierten Skalen wiesen eine
deutlich schlechtere Klassifikationsgüte auf. Überwiegend moderate
bis hohe Korrelationen (r = .24-.80) mit anderen Skalen zur
Erfassung positiver und negativer Antwortverzerrungen zeigen, dass
Supernormalität kein eindimensionales Konstrukt ist; mit der SN-S
werden soziale Erwünschtheit und Dissimulationstendenzen, aber auch
Aggravation und Simulation erfasst. Je nach Fragestellung der
Begutachtung (Schuldfähigkeit, Rückfallprognose, sozial- und
zivilrechtliche Fragestellungen) zeigten zwischen 38% und 88% der
Probanden supernormales Antwortverhalten. Probanden mit auffälligem
SN-S-Ergebnis berichteten gegenüber Probanden mit unauffälligem
Antwortverhalten eine signifikant niedrigere
Aggressionsbereitschaft. Sie minimierten auch weitere klinische
Persönlichkeitsmerkmale. Aus diesem Grund ist davon auszugehen,
dass Fragebögen zur Erfassung von Persönlichkeitsstörungen bei
Personen mit Antwortverzerrungen im forensischen Kontext nicht zu
validen Ergebnissen führen. Die SN-S ist ein brauchbares Instrument
zur Überprüfung positiver Antwortverzerrungen bei forensischen
Begutachtungen, als alleiniger Indikator aber noch unzureichend, um
Dissimulation zu belegen.
Weitere Episoden
vor 9 Jahren
In Podcasts werben
Kommentare (0)