Das müssen Sie über das «Spiezerli» wissen
Das «Spiezerli» ist zurück. Es ist das letzte seiner Art, das
älteste und zugleich modernste Schiff der Thunersee-Flotte. Dani
lässt sich das Projekt erklären.
21 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Das «Spiezerli» ist als Dampfschiff zurück auf dem Thunersee. In
den vergangenen 15 Jahren wurde es in einen historischen Zustand
gebracht. Allerdings bloss äusserlich: Obwohl es mit Jahrgang
1901 das älteste Schiff der Flotte ist, hat es mehr Elektronik an
Bord als jedes andere Thunersee-Schiff. Der Präsident der
Dampferfreunde David Beeler gibt einen Einblick hinter die
Kulissen.
Es ist kleiner als die beiden berühmten Berner Oberländer
Raddampfer «Blümlisalp» und «Lötschberg». Es wird auch nicht von
Schaufelrädern angetrieben, sondern von einer Schraube im Heck.
Und doch ist es mit dem weiss-schwarzen Kamin unübersehbar ein
Dampfschiff. Sogar das letzte seiner Art: «Das ‘Spiezerli’ ist
ein Kulturgut, von dem es in der Schweiz kein zweites mehr gibt.
Es ist etwas Besonderes, etwas Einzigartiges», erklärt David
Beeler. Er ist Präsident der Dampferfreunde, jenem Verein, der
sich die Erhaltung des «Spiezerli» auf die Flagge geschrieben
hat.
Nach über 100 Jahren Einsatz auf dem Thunersee wurde das
«Spiezerli» 2007 ausser Dienst gestellt. Damals sah es deutlich
anders aus als bei seiner Jungfernfahrt. Es ist mehrmals
drastisch umgebaut worden. Es wurde verlängert, die Aufbauten
haben geändert und die Dampfmaschine musste einem Dieselmotor
weichen. Dieser Dieselmotor war nach der Abschiedsfahrt noch
nicht erkaltet, als die ersten Pläne zur Erhaltung des
«Spiezerli» geschmiedet wurden. Damals war jedoch nicht klar, in
welchem Bauzustand das Schiff versetzt werden soll und ob es
wieder eine Dampfmaschine erhalten soll.
Entschieden hat man sich für einen Zustand nach dem zweiten
Weltkrieg Ende der 40-er Jahre. «Es ist eine historische
Annäherung. Aber es ist auch die ‘Spiezerli’-Ausgabe 2022», sagt
David Beeler. Denn das Schiff müsse auch den heutigen
Voraussetzungen entsprechen. Gemeint sind zum Beispiel die
Technik, die Sicherheit und der Fahrkomfort. Denn ursprünglich
war das Schiff im Lokalverkehr im Einsatz, vergleichbar mit einem
Tram. «Wenn man heute eine Ausfahrt verkaufen will, muss man
etwas Essen und Trinken servieren können.» Vom historischen
Innenausbau sind keine Fotos bekannt. Deshalb hat man sich für
einen Stil entschieden, der dem damaligen Zeitgeist entspricht,
an dem aber auch heutige Passagiere Gefallen finden.
Für das Projekt konnten die Dampferfreunde über vier Millionen
Franken sammeln. Auch die BLS Schifffahrt hat einen Teil
beigetragen an die Gesamtkosten von 5,8 Millionen Franken. «Es
gibt Sachen im Leben, die man nicht nur nach wirtschaftlichen
Grundsätzen beurteilen kann», sagt David Beeler. Wir können uns
das Schiff leisten, weil 11'000 Personen während mehreren Jahren
mehrfach Geld für das «Spiezerli» bezahl haben. Beeler erinnert
jedoch daran, dass die Sammelaktionen Zulasten der Dampfschiffe
Blümlisalp und Lötschberg gingen. Entsprechend musste die BLS
Schifffahrt für den Unterhalt der grossen Raddampfer tiefer ins
Portemonnaie greifen.
Eine Besonderheit des «Spiezerli» ist die neue Dampfmaschine.
Zuerst seien zwar historische Dampfmaschinen geprüft worden,
erzählt David Beeler. Schnell sei aber klar geworden, dass keine
dieser Maschinen zum «Spiezerli» passt. Denn das Schiff ist
klein, die heutigen Sicherheitsvorschriften sind hoch und für die
künftige Lebensdauer von historischen Dampfmaschinen gibt es
keine Garantien. Auch der Nachbau der Originalmaschine fiel
ausser Betracht, weil niemand mehr weiss, wie man das macht. Ein
weiteres Argument für die moderne Dampfmaschine: Sie kann vom
Kapitän ferngesteuert werden. Deshalb kann das «Spiezerli» mit
zwei statt drei Mann Besatzung betrieben werden.
Die ersten Fahrten mit dem «Spiezerli» finden im April 2022
statt. Danach werde es jährlich öffentliche Rundfahrten geben,
sagt David Beeler. «Das Schiff wird bloss bei speziellen
Gelegenheiten zum Einsatz kommen.» Denn es stellt die BLS
Schifffahrt vor eine Herausforderung: Auf dem «Spiezerli» muss
speziell ausgebildetes Dampfschiffpersonal arbeiten. Solche
Spezialisten sind selten und man findet sie nicht auf der
Strasse. Wegen kurzfristigen Abgängen aus familiären und
gesundheitlichen Gründen sind sie auch bei der BLS Schifffahrt
rar. «Letztendlich stehen wir vor der Wahl, ob das ’Spiezerli’
oder die ‘Blümlisalp’ fahren darf», sagt Beeler. Und da fällt der
Entscheid klar zugunsten der Kursschifffahrt.
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