Klinische Prädiktoren für „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW´s)“ unter Behandlung mit Neuroleptika bei schizophrenen und schizoaffektiven Psychosen in Bezug zu DRD-3-Polymorphismen

Klinische Prädiktoren für „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW´s)“ unter Behandlung mit Neuroleptika bei schizophrenen und schizoaffektiven Psychosen in Bezug zu DRD-3-Polymorphismen

Beschreibung

vor 18 Jahren
Der Begriff der Schizophrenie wurde zu Anfang des 20. Jahrhunderts
von dem Psychiater Eugen Bleuler geprägt. Mit dem Begriff
Schizophrenie wird eine Gruppe endogener Psychosen bezeichnet,
denen eine vielschichtige Störung mit charakteristischen
Veränderungen des Denkens, Fühlens, Willens und der Beziehung zur
Umwelt zugrunde liegt. Mit einer Prävalenz von ca. 1 % zählt die
Schizophrenie zu den häufigsten seelischen Erkrankungen. Die
Ätiopathogenese der Schizophrenie ist multifaktoriell und setzt
sich nach heutigem Kenntnisstand aus einer genetischen Disposition,
psychosozialen Faktoren und bestimmten prämorbiden
Persönlichkeitsstrukturen zusammen. Die Evidenz der genetischen
Komponente basiert auf zahlreichen Familien-, Zwillings- und
Adoptivstudien. Man spricht von einer polygenen Erbanlage. Mit der
Entdeckung des ersten klassischen Neuroleptikums Chlorpromazin
wurde 1952 die psychiatrische Behandlung der Schizophrenie
revolutioniert. Die antipsychotische Wirkung erfolgt v.a. über eine
Blockade der Dopaminrezeptoren im Gehirn. Allerdings kam es häufig
zu ausgeprägten Nebenwirkungen. Vor allem extrapyramidal-motorische
Störungen wie die Akathisie, das Parkinsonoid, akute Dystonien und
Spätdyskineien führten häufig zu einer verminderten Compliance oder
sogar einem Therapieabbruch. Das Auftreten dieser Nebenwirkungen
konnte durch neuere atypische Neuroleptika deutlich reduziert
werden. Aus welchen Gründen es zu einem Auftreten von unerwünschten
Nebenwirkungen kommt, ist noch nicht geklärt. Neben der Art des
verwendeten Neuroleptikums, der Dosis, dem Geschlecht und dem Alter
wird der Genetik eine entscheidende Rolle zugesprochen. Unter
besonderem Augenmerk stehen die Dopamin-Rezeptor-Polymorphismen.
Einige Studien konnten einen Zusammenhang Spätdyskinesien und dem
Dopamin-DRD3-Rezeptorpolymorhismus aufweisen. Da
extrapyramidal-motorische Störungen als Vorläufer der
Spätdyskinesien gelten, war es Ziel dieser Arbeit, klinische
Prädiktoren für „Unerwünschte Arzneiwirkungen“ (UAW´s) von
Neuroleptika bei der Behandlung von schizophrenen Psychosen in
Bezug auf den Dopamin3-Ser9Gly-Polymorhismus zu untersuchen. In
dieser Studie wurden Daten (Genotyp, Art der UAW, Geschlecht, Alter
bei Umstellung, Art des Neuroleptikums, Dosis in
Chlorpromazin-Äquivalenten, Dauer der Neuroleptika-Gabe) von
insgesamt 113 schizophrenen Probanden analysiert. Jeder Proband
erfuhr mindestens einmal wegen UAW´s einen Therapiewechsel auf ein
anderes Neuroleptikum. Die UAW´s wurden in die Gruppen der
Akathisie, des Parkinsonoids, der akuten Dystonien und der
sonstigen Gründe (z.B. Blutbildveränderung) eingeteilt. Die
Untersuchung der DRD3-Genotyp-Verteilung (50,4 % mit Genotyp 1-1,
38,9 % mit Genotyp 1-2 und 10,6 % mit Genotyp 2-2) und der Art der
Nebenwirkung ergaben keinen signifikanten Zusammenhang. Auch unter
zusätzlicher Berücksichtigung des Geschlechtes ließen sich keine
signifikanten Zusammenhänge finden. Männliche Patienten und
Patienten der Genotyp-2-2-Gruppe waren signifikant jünger als
andere. Weder die Untersuchung der Korrelation zwischen
Umstellungsgrund und Alter noch weiterführende Untersuchungen mit
Berücksichtigung der Genotypen lieferten weitere signifikante
Ergebnisse. Bei den Analysen der Neuroleptika konnte
erwartungsgemäß ein signifikanter Zusammenhang mit der Art der
Nebenwirkung gefunden werden. Unter atypischer neuroleptischer
Therapie waren signifikant weniger extrapyramidal-motorische
Störungen zu beobachten. Weibliche Patienten der Genotyp-1-2- und
2-2-Gruppe wiesen vermehrt sonstige Nebenwirkung unter atypischer
neuroleptischer Behandlung auf (p = 0,029). Der Vergleich zwischen
Dosis und Umstellungsgrund ergab einen statistisch signifikanten
Unterschied (p = 0,006). Bei der Gruppe der sonstigen
Umstellungsgründe (z.B. Blutbildveränderungen) fanden sich
geringere Dosen als bei den anderen Gruppen. Weitere Analysen
zwischen der Dosis und Genotyp und auch in der
geschlechtsspezifischen Betrachtung lieferten keine signifikanten
Ergebnisse. Jedoch korrelierte in dieser Studie die Dosis
signifikant mit der Art des Neuroleptikums (p = 0,000). Atypische
Neuroleptika gehen, auch unabhängig von der Art des Genotyps, mit
einer niedrigeren Dosis einher. Die vorliegenden Ergebnisse geben
mögliche Hinweise auf die Heterogenität dieser in der Ätiologie
bisher nicht geklärten Nebenwirkungen einer neuroleptischen
Therapie. Zum besseren Verständnis der Ätiologie der UAW´s und zur
Erhärtung einer möglichen „Vulnerabilitätshypothese“ sind noch
weitergehende Untersuchungen erforderlich, insbesondere auf
molekulargenetischer Ebene. Neben den
Dopamin-Rezeptor-Polymorphismen sollten auch andere Polymorphismen
auf ihren Zusammenhang mit dem Auftreten von UAW´s beleuchtet
werden, wie z.B. der 5-HT2A-Rezeptor-Polymorphismus und der
CYP2D6-Polymorphismus. Auch die These, dass
extrapyramidal-motorische Störungen eine neuromotorische Komponente
der Schizophrenie und nicht Nebenwirkung auf die neuroleptische
Therapie sei, sollte im Weiteren untersucht werden.

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