Veränderungen der Verordnungen von Antidepressiva durch niedergelassene Haus- und Fachärzte im Rahmen des „Nürnberger Bündnisses gegen Depression“
Beschreibung
vor 18 Jahren
Einleitung Während der letzten Jahre wurde in mehreren Studien
zunehmend auf die große Bedeutung depressiver Erkrankungen
aufmerksam gemacht. Nach wie vor existieren erhebliche Defizite bei
der Diagnostik, Behandlung und Erforschung der depressiven
Erkrankungen zugrunde liegenden Mechanismen, die der Thematik in
Verbindung mit der hohen Prävalenz depressiver Erkrankungen eine
besondere gesundheitspolitische Bedeutung verleihen. Obwohl seit
längerem gut untersuchte und bewährte pharmakologische und
psychotherapeutische Behandlungsverfahren vorliegen, erhalten nur
etwa 10% der Betroffenen eine effektive Therapie. Auch bei
politischen Entscheidungsträgern ist während der letzten Jahre eine
steigende Bereitschaft zu erkennen, sich mit der zunehmenden
Bedeutung psychischer und insbesondere depressiver Erkrankungen
auseinanderzusetzen. In Deutschland spiegelt sich dies zum Beispiel
in der Einrichtung des seit 1999 vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung geförderten Kompetenznetzes „Depression,
Suizidalität“ wider, in dessen Rahmen mehr als 20 Einzelstudien
initiiert und durchgeführt wurden, die sich mit unterschiedlichen
Fragestellungen der sich überlappenden Themengebiete „Depression“
und „Suizidalität“ befassen. Zahlreiche Projekte in
unterschiedlichen Ländern haben sich in den vergangenen Jahren eine
Verbesserung der Versorgung depressiver Menschen zum Ziel gesetzt.
Die Ansätze reichen dabei von einfachen Fortbildungsinitiativen für
Ärzte bis zu komplexen Interventionsprogrammen, die
unterschiedliche Zielgruppen parallel adressiert haben.
Antidepressiva kommt (neben psychotherapeutischen Verfahren) bei
der Behandlung depressiver Erkrankungen eine Schlüsselrolle zu. Die
Optimierung der Verordnungen von Antidepressiva stellt daher
insbesondere vor dem Hintergrund der bekannten Versorgungsdefizite
ein wichtiges (Teil-)Ziel vieler dieser Projekte dar. Fragestellung
und Methodik Eingebettet in das Kompetenznetz „Depression,
Suizidalität“ wurde in den Jahren 2001 und 2002 das „Nürnberger
Bündnis gegen Depression“ als weltweit einmaliges Modellprojekt in
Nürnberg durchgeführt. Aufbauend auf den Erfahrungen der
schwedischen „Gotland-Studie“ und der englischen „Defeat Depression
Campaign“, wurden in dieser Studie Interventionen auf vier
parallelen Ebenen durchgeführt. Im Zentrum stand dabei eine
Optimierung der Diagnose und Therapie in der Primärversorgung. Dazu
wurden für die Nürnberger Hausärzte fachärztlich moderierte
Schulungen durchgeführt und zahlreiche Informationsmaterialien an
diese Ärzte ausgehändigt (Lehr- und Informationsvideos,
Screening-Instrument). Daneben fand eine umfangreiche
Informationskampagne statt (Plakate, Vorträge, Informationsflyer,
Kinospot etc.), die von einer umfangreichen Berichterstattung in
den Medien flankiert wurde. Darüber hinaus wurde mit zahlreichen
Berufsgruppen kooperiert, die sekundär in die Versorgung
depressiver Menschen eingebunden sind (z.B. Pastoren, Lehrer,
Altenpflegekräfte, Mitarbeiter von Beratungsstellen etc.). Im
Rahmen von Angeboten für Betroffene wurde eine Telefonhotline
geschaltet, über die im Falle einer akuten Krise schnell
Unterstützung erreichbar war. Schließlich wurden mehrere
Selbsthilfegruppen initiiert und unterstützt. Neben dem
Hauptoutcome-Kriterium der Studie (Reduktion der Zahl suizidaler
Handlungen) und anderen sekundären Evaluationskriterien (Analyse
der Berichterstattung in den Medien, Änderung von Wissen und
Einstellungen in der Allgemeinbevölkerung), stellten Veränderungen
der durch die Nürnberger Ärzte verordneten Mengen an Antidepressiva
und anderen ausgewählten Psychopharmaka ein wichtiges
Evaluationskriterium des „Nürnberger Bündnisses gegen Depression“
dar. Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung der verordneten
Mengen von Antidepressiva und anderer Medikamentengruppen in
Nürnberg im Interventionszeitraum (2001/2002) im Vergleich zum
Baselinejahr (2000) und einer Vergleichsregion (Restbayern) für
verschiedene Arztgruppen. Ergänzend werden auch die Entwicklungen
im ersten follow-up Jahr (2003) dargestellt. Grundlage für diese
Analysen sind Abrechnungsdaten der bayerischen AOK, die von etwa
11.000 niedergelassen Ärzten in Bayern stammen. Die Haupthypothesen
zielen auf die Klärung der Frage ab, ob das „Nürnberger Bündnis
gegen Depressionen“ zu einer Zunahme der Verschreibung von
Antidepressiva durch niedergelassene Haus- und Fachärzte in
Nürnberg geführt hat, die stärker ausfällt als im Rest Bayerns.
Ergänzende explorative Hypothesen widmen sich möglichen
Veränderungen bei den Verordnungen ausgewählter anderer
Medikamentengruppen wie Fluspirilen (z.B. „Imap“), Opipramol (z.B.
„Insidon“) und Benzodiazepinen sowie der Analyse des
Verordnungsverhaltens der Teilnehmer der im Rahmen des „Nürnberger
Bündnisses gegen Depression“ durchgeführten Schulungen. Ergebnisse
Der Vergleich der Entwicklungen für alle Antidepressiva und die
Gesamtgruppe der niedergelassenen Ärzte ergibt für den
Interventionszeitraum einen signifikanten Unterschied zwischen
Nürnberg und Restbayern (p
zunehmend auf die große Bedeutung depressiver Erkrankungen
aufmerksam gemacht. Nach wie vor existieren erhebliche Defizite bei
der Diagnostik, Behandlung und Erforschung der depressiven
Erkrankungen zugrunde liegenden Mechanismen, die der Thematik in
Verbindung mit der hohen Prävalenz depressiver Erkrankungen eine
besondere gesundheitspolitische Bedeutung verleihen. Obwohl seit
längerem gut untersuchte und bewährte pharmakologische und
psychotherapeutische Behandlungsverfahren vorliegen, erhalten nur
etwa 10% der Betroffenen eine effektive Therapie. Auch bei
politischen Entscheidungsträgern ist während der letzten Jahre eine
steigende Bereitschaft zu erkennen, sich mit der zunehmenden
Bedeutung psychischer und insbesondere depressiver Erkrankungen
auseinanderzusetzen. In Deutschland spiegelt sich dies zum Beispiel
in der Einrichtung des seit 1999 vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung geförderten Kompetenznetzes „Depression,
Suizidalität“ wider, in dessen Rahmen mehr als 20 Einzelstudien
initiiert und durchgeführt wurden, die sich mit unterschiedlichen
Fragestellungen der sich überlappenden Themengebiete „Depression“
und „Suizidalität“ befassen. Zahlreiche Projekte in
unterschiedlichen Ländern haben sich in den vergangenen Jahren eine
Verbesserung der Versorgung depressiver Menschen zum Ziel gesetzt.
Die Ansätze reichen dabei von einfachen Fortbildungsinitiativen für
Ärzte bis zu komplexen Interventionsprogrammen, die
unterschiedliche Zielgruppen parallel adressiert haben.
Antidepressiva kommt (neben psychotherapeutischen Verfahren) bei
der Behandlung depressiver Erkrankungen eine Schlüsselrolle zu. Die
Optimierung der Verordnungen von Antidepressiva stellt daher
insbesondere vor dem Hintergrund der bekannten Versorgungsdefizite
ein wichtiges (Teil-)Ziel vieler dieser Projekte dar. Fragestellung
und Methodik Eingebettet in das Kompetenznetz „Depression,
Suizidalität“ wurde in den Jahren 2001 und 2002 das „Nürnberger
Bündnis gegen Depression“ als weltweit einmaliges Modellprojekt in
Nürnberg durchgeführt. Aufbauend auf den Erfahrungen der
schwedischen „Gotland-Studie“ und der englischen „Defeat Depression
Campaign“, wurden in dieser Studie Interventionen auf vier
parallelen Ebenen durchgeführt. Im Zentrum stand dabei eine
Optimierung der Diagnose und Therapie in der Primärversorgung. Dazu
wurden für die Nürnberger Hausärzte fachärztlich moderierte
Schulungen durchgeführt und zahlreiche Informationsmaterialien an
diese Ärzte ausgehändigt (Lehr- und Informationsvideos,
Screening-Instrument). Daneben fand eine umfangreiche
Informationskampagne statt (Plakate, Vorträge, Informationsflyer,
Kinospot etc.), die von einer umfangreichen Berichterstattung in
den Medien flankiert wurde. Darüber hinaus wurde mit zahlreichen
Berufsgruppen kooperiert, die sekundär in die Versorgung
depressiver Menschen eingebunden sind (z.B. Pastoren, Lehrer,
Altenpflegekräfte, Mitarbeiter von Beratungsstellen etc.). Im
Rahmen von Angeboten für Betroffene wurde eine Telefonhotline
geschaltet, über die im Falle einer akuten Krise schnell
Unterstützung erreichbar war. Schließlich wurden mehrere
Selbsthilfegruppen initiiert und unterstützt. Neben dem
Hauptoutcome-Kriterium der Studie (Reduktion der Zahl suizidaler
Handlungen) und anderen sekundären Evaluationskriterien (Analyse
der Berichterstattung in den Medien, Änderung von Wissen und
Einstellungen in der Allgemeinbevölkerung), stellten Veränderungen
der durch die Nürnberger Ärzte verordneten Mengen an Antidepressiva
und anderen ausgewählten Psychopharmaka ein wichtiges
Evaluationskriterium des „Nürnberger Bündnisses gegen Depression“
dar. Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung der verordneten
Mengen von Antidepressiva und anderer Medikamentengruppen in
Nürnberg im Interventionszeitraum (2001/2002) im Vergleich zum
Baselinejahr (2000) und einer Vergleichsregion (Restbayern) für
verschiedene Arztgruppen. Ergänzend werden auch die Entwicklungen
im ersten follow-up Jahr (2003) dargestellt. Grundlage für diese
Analysen sind Abrechnungsdaten der bayerischen AOK, die von etwa
11.000 niedergelassen Ärzten in Bayern stammen. Die Haupthypothesen
zielen auf die Klärung der Frage ab, ob das „Nürnberger Bündnis
gegen Depressionen“ zu einer Zunahme der Verschreibung von
Antidepressiva durch niedergelassene Haus- und Fachärzte in
Nürnberg geführt hat, die stärker ausfällt als im Rest Bayerns.
Ergänzende explorative Hypothesen widmen sich möglichen
Veränderungen bei den Verordnungen ausgewählter anderer
Medikamentengruppen wie Fluspirilen (z.B. „Imap“), Opipramol (z.B.
„Insidon“) und Benzodiazepinen sowie der Analyse des
Verordnungsverhaltens der Teilnehmer der im Rahmen des „Nürnberger
Bündnisses gegen Depression“ durchgeführten Schulungen. Ergebnisse
Der Vergleich der Entwicklungen für alle Antidepressiva und die
Gesamtgruppe der niedergelassenen Ärzte ergibt für den
Interventionszeitraum einen signifikanten Unterschied zwischen
Nürnberg und Restbayern (p
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