Beschreibung

vor 10 Jahren
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Erforschung von Yersinia (Y.)
pestis in historischem Skelettmaterial. Die Disziplin
Paläomikrobiologie verspricht, Beweise zu liefern, die durch die
Erforschung moderner Pathogene nicht möglich wären und dadurch
möglicherweise das Verständnis zu historischen Infektionen zu
verändern (Tsangaras & Greenwood 2012). Yersinia pestis als der
Erreger der Pest wird für drei Pandemien der Menschheitsgeschichte
verantwortlich gemacht: die Pest der Moderne, den Schwarzen Tod im
14. und den nachfolgenden Jahrhunderten sowie die Pest des
Justinian. Diese Dissertation beschäftigte sich mit dem Nachweis
und der Typisierung des Pest-Erregers in historischen Individuen
verschiedener Fundorte aus den beiden letztgenannten Pandemien.
Dazu wurden methodisch zwei Wege beschritten: Der Nachweis des
Erregers auf molekulargenetischer Ebene durch die Detektion
verschiedener Loci und ein davon unabhängiger alternativer Weg zur
Detektion des Pathogens über den Nachweis seines Kapselproteins.
Letzten Weg zu beschreiten, ist in dieser Arbeit nicht geglückt.
Dafür waren die auf Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) beruhenden
Ansätze umso erfolgreicher. Für die Analysen standen Individuen von
vier Fundorten in Deutschland und der Schweiz aus unterschiedlichen
Zeitstellungen zur Verfügung. Die Skelette des Gräberfelds
Aschheim-Bajuwarenring datieren ins 6. Jahrhundert, die Individuen
aus Manching-Pichl und Basel ins 14. bis 17. Jahrhundert und die
skelettalen Überreste von drei Menschen aus Brandenburg in die Zeit
des Dreißigjährigen Kriegs. Nach der Erprobung eines für das zur
Verfügung stehende Material optimal geeigneten
Extraktions-Protokolls und der Etablierung neuer PCR-Protokolle
wurden die Verfahren auf Extrakte alter DNA (aDNA) angewandt. Dabei
wurde zur Generierung authentischer Ergebnisse im neu etablierten
aDNA-Labor des ArchaeoBioCenters der LMU gearbeitet, das die
maximalen Möglichkeiten der Verhinderung von Kontaminationen
bereitstellt. Es ist in dieser Arbeit gelungen, bereits publizierte
Pest-Nachweise in Skeletten aus Aschheim und Manching-Pichl zu
reproduzieren und damit zu validieren. Darüber hinaus konnte in
Individuen eines weiteren, bisher molekulargenetisch nicht
untersuchten Fundorts in Brandenburg die Anwesenheit der Pest
gezeigt werden. Durch tiefer gehende molekulargenetische
Untersuchungen anderer Loci sowie Single Nucleotide Polymorphismen
(SNP) wurden die jeweiligen Erreger in einen bereits existierenden
phylogenetischen Stammbaum eingeordnet. Durch den Beweis der
Anwesenheit der Pest in Aschheim im 6. Jahrhundert wurde das
Bakterium Yersinia pestis eindeutig als Verursacher der ersten
Pandemie identifiziert – eine Assoziation, die nach anfänglichem
Konsens zuletzt in Frage gestellt worden war. Spekulationen um das
ätiologische Agens können jetzt definitiv eingestellt werden. Die
Ergebnisse dieser Arbeit beenden auch weitere Diskussionen
bezüglich des Biovars des Erregers während der ersten Pandemie.
Durch Typisierungen wurde gezeigt, dass es sich bei diesem Erreger
um einen anderen handelt als den, der für die zweite oder dritte
Pandemie verantwortlich ist. Der Nachweis und die Typisierung des
Erregers im Zuge des Schwarzen Todes in Manching-Pichl und
Brandenburg schließt die bis dato existierende genauer
charakterisierte Detektionslücke in Deutschland. Bisher waren nur
in England, Frankreich und den Niederlanden der bzw. die Erreger
durch zwei Arbeitsgruppen aus Mainz und Tübingen/Kanada glaubhaft
detektiert worden. Der in Deutschland identifizierte Erreger passt
dabei zu den Ergebnissen der anderen Fundorte in Europa. Zudem
scheint es in Deutschland über einen längeren Zeitraum nur einen
Erregertyp gegeben zu haben, da die Ergebnisse der Individuen aus
Brandenburg und Manching-Pichl in allen untersuchten Loci genau
übereinstimmten. Obwohl aufgrund ungenügenden Quellenmaterials
nicht exakt belegbar scheint der Weg der Pest zu diesen beiden
letztgenannten Fundorten in Deutschland ein anderer gewesen zu sein
als der zu den anderen europäischen Fundorten.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15
:
: