Zeichen & Zeiten: „Die Nacht unterm Schnee“ von Ralf Rothmann
9 Minuten
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Beschreibung
vor 2 Jahren
eine Rezension von Constanze Matthes
Winter 1945: Verwundet liegt die sechzehnjährige Elisabeth, ein
Landarbeiterkind, in einem Bunker unter der Erde und wird von
einem russischen Deserteur gepflegt. Durch das Ofenloch hört sie
Schritte im Schnee, und fiebernd stellt sie sich vor, dass dort
oben nicht nur alle, die sie kennt und mag, ihre Eltern und
Brüder, die Oma aus Danzig, sondern auch ihr künftiger Mann und
die ungeborenen Kinder nach ihr suchen und sich über die Trümmer
entfernen, ohne zu ahnen, dass sie darunter liegt. Und plötzlich
denkt die Vergewaltigte, dass es gut so ist, dass sie nie mehr
hinaufwill zu ihnen, zu allem, und für immer in dieser Nacht,
diesem Frieden unter dem Schnee bleiben möchte. Aber sie muss ihr
Leben zu Ende leben.
In einem atemberaubend geschriebenen Panorama der frühen
Nachkriegsjahre zeichnet Ralf Rothmann das Portrait einer Frau,
der stets die Angst im Weg steht, während ihr das Durchlittene
jedes Gefühl dafür nimmt, welches Leid sie anderen zufügt; einer
lebenslang hart arbeitenden Frau und Mutter, die von einem Rummel
zum anderen tanzt, um nicht mehr zur Besinnung zu kommen, und vor
der man sich doch verneigen muss: weil sich in ihrer Verzweiflung
der Wille zur Liebe ausdrückt.
Nach den vielfach übersetzten Romanen Im Frühling
sterben (2015) und Der Gott jenes Sommers (2018)
schließt der Autor mit Die Nacht unterm Schnee seine
Trilogie über den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit in
Deutschland ab.
…
Constanze Matthes, ich bin Journalistin und
leidenschaftliche Leserin. Die Liebe zu den Büchern begann im
zarten Alter von vier, fünf Jahren, als meine Mutter mich zum
ersten Mal in die kleine Bücherei unseres Dorfes mitnahm. Wenige
Jahre später schleppte ich die Bücher dann stapelweise allein
nach Hause. In der Schule las ich stets die Pflichtlektüre und
war meinen Mitschülern ein gern gesehener Gesprächspartner, um
den Inhalt des zu lesenden Buches in der Pause vor der
Deutschstunde zu erzählen. Sollte man an dieser Stelle „verraten“
sagen?
Nach dem Abitur und einem Auslandsaufenthalt in Norwegen
studierte ich im Hauptfach Germanistik mit Schwerpunkt
Literaturwissenschaft. Allerdings las ich dann nicht immer die
Pflichtlektüre der mehrseitigen Lektüreliste und besuchte viel
eher die wunderbare Bibliothek des Deutschen Literaturinstituts.
Vor allem dann, wenn meine Mitbewohnerin den Koffer-Fernseher
über das Wochenende wieder nach Hause mitnahm. Noch heute bin ich
„fernseherlos“ und investiere vielmehr meine Zeit in große und
kleine Geschichten, dicke und dünne Bücher.
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