Ist Deutschland sozialistischer als China? Hans van Ess, Präsident der Max Weber Stiftung

Ist Deutschland sozialistischer als China? Hans van Ess, Präsident der Max Weber Stiftung

59 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

In der 34. Episode des Future of Leadership Podcasts diskutieren
Hans van Ess, Präsident der Max Weber Stiftung und Sebastian
Morgner über das Erfolgsrezept des chinesischen
Wirtschaftsaufschwungs, welche Rolle Europa dabei spielt und
welche Aufgaben die Max Weber Stiftung verfolgt. Er erklärt
kulturelle und politische Zusammenhänge des Sozialismus und
Kapitalismus und offenbart Ähnlichkeiten Chinas mit Deutschland
in Hinblick auf die Zukunft.


Wenn man das heutige China mit dem Entwicklungsstand
vor 35 Jahren vergleicht, ist das Land kaum mehr
wiederzuerkennen. Hans van Ess erinnert sich an
die einfachen Lebensverhältnisse, die er noch als Student in
Shanghai vorgefunden hat: Es gab weder
Brücken zur Überquerung der
Flüsse noch Hochhäuser, die heute als Symbol für
Modernisierung gelten. Die
rasante Veränderung und Weiterentwicklung verdankt China
dem
Einsatz einzelner Unternehmen und der Investitionen
ausländischer Kapitalgeber. Die Chinesen hatten den
investierenden Firmen zugesichert, dass das Land ein
Milliardenmarkt sei und sich hier problemlos beträchtliche
Gewinne realisieren ließen. Heute stellt
China das Rückgrat der deutschen
Industrie dar. Mit der Kombination von
Auslandskapital, das einige Innovationen in der
Staatsindustrie auslöste, und
dem “Speckgürtel” chinesischer Unternehmen des
Mittelstands konnte man das „Chinesische Wirtschaftswunder“
erreichen.
Deutschland profitiert von der engen
Symbiose zwischen der deutschen und
chinesischen Industrie, jedoch kann die
Abhängigkeit vom chinesischen Markt für
Deutschland gefährlich werden. Das Interesse an der
dortigen Industrie ist noch vorhanden, dennoch stehen
politische Interessen im Weg. Zudem ist die Position
Deutschlands sehr unangenehm, da man zwischen einem
Machtverhältnis der USA und China steht.
Auf die Frage, wie China trotz des kommunistischen
Regimes die meisten Milliardäre aufweisen kann, erklärt der
Sinologe, dass die Chinesen auf dem Weg in eine
kommunistische Gesellschaft eine kapitalistische Phase
nach marxistischem Prinzip durchführen. Das Ziel,
immer mehr Bürger in den Mittelstand zu bringen, wird
nach wie vor verfolgt und es wird nicht
als schlimm erachtet, auch Milliardäre in der
Bevölkerung zu haben. 1994
wurde dementsprechend der Begriff „sozialistische
Marktwirtschaft“ in die chinesische Verfassung
aufgenommen. Man ist der Ansicht, dass es dem Wohl des
Volkes dient, so lange reich zu werden. In
Bezug auf bestimmte Gesetzessituationen in
Deutschland würden viele Chinesen diesen als den
„besten Sozialismus“ in China betrachten und sehen
Deutschland als teilweise sozialistischer als das eigene Land.
Das umstrittene Sozialpunktesystem in China entspricht der Logik
der Schufa. Mit diesem überprüft man die
Kreditwürdigkeit eines Menschen. Das
Sozialpunktesystem gilt in China als Referenzrahmen,
um beispielsweise Betrug vorzubeugen. Obwohl es eine
staatliche Überwachung bedeutet, kommt das System bei der
Bevölkerung sehr gut an. Allerdings achtet die
chinesische Regierung darauf, international keine Grenze
zu Verbotenem zu übertreten.

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