Folge 77 – Billich willich

Folge 77 – Billich willich

Man mag es kaum glauben, aber es ist wieder so weit. Wir begeben uns einmal mehr auf Erkundungstour abseits des Weges. Vorbei an schwarzen Löchern und dunklen Wäldern wandern wir auf dem schmalen Pfad der Discounter Whiskys.
38 Minuten

Beschreibung

vor 3 Jahren

Man mag es kaum glauben, aber es ist wieder so weit. Wir begeben
uns einmal mehr auf Erkundungstour abseits des Weges. Vorbei an
schwarzen Löchern und dunklen Wäldern wandern wir auf dem
schmalen Pfad der Discounter Whiskys. Dem ein oder anderen läuft
ein kalter Schauer über den Rücken, weil er sich noch zu gut an
die Schrecken der Vergangenheit – Folge 48 – Whisky-Cola-Dosen
aus dem Discounter: Can the can? – erinnern kann. Christian
glaubt in seinem Wahn sogar, wir nehmen die Rollen der
Gefolgsleute von Robin Hood ein. Aber auf unserem Marsch, der uns
auch durch die Hochmoore Schottlands und Kentuckys (!?) führt,
vorbei an Geschmäckern, die im Durchschnitt irgendwo zwischen
“dem Rücken einer Briefmarke” und einem “roadkill vom Freeway”
liegen, lautet unser Motto: Nimm es den Reichen, erspare es den
Armen! Wenn ihr wissen wollt, ob wir dem Wahnsinn ein weiteres
Mal von der Schippe springen können und euch philosophische
Fragen wie “Sind grafische Elemente ein Indikator für Qualität?”
den Schlaf rauben, dann schaltet zu unserer aktuellen Folge 77 –
Billich willich ein!


4 x Discounter Whisky …

Old Fellow Kentucky Straight Bourbon Whiskey (Norma)

Blackwood Irish Whiskey (Aldi Nord)

Ranchwood Kentucky Bourbon Whiskey (Penny)

Glen Orchy Blended Malt Scotch Whisky – 5 Jahre (Lidl)







Old Fellow
Kentucky Straight
Bourbon Whiskey









Aroma









Vanille

viele Alkoholnoten










Geschmack









süßer Sirup

leicht aschig










Abgang









seeeeehr kurzes Finish

Toffee

bitter











Blackwood
Irish Whiskey









Aroma









brennt in der Nase

Terpentin










Geschmack









brennt im Mund

muffiges Holz

nasse Pappe










Abgang









brennt lange nach











Ranchwood
Kentucky Bourbon Whiskey









Aroma









Seife

sehr alkoholisch

mit Aschenoten










Geschmack









wieder Seife

brennt auf der Zunge

dahinter ist irgendwo Würze

Holz










Abgang









welcher Abgang?











Glen Orchy
Blended Malt
Scotch Whisky
(5 Jahre)









Aroma









fruchtiges Karamell

alkoholische Süße

malziger Rauch

würzige Gerste










Geschmack









süße Früchte

nussiges Malz

Sherry in Eichenfässern

dunkle Mandelschokolade

Marzipan mit Vanillegeschmack










Abgang









Sherry in Eichenfässern

herbe Malznoten

rauchige Nüsse

fruchtiger Alkohol

sowie Kirsche, Mandel und Melone

dafür sehr kurzes Finish








Destillerie(n) der Folge im Überblick



Old Fellow Bourbon

Inhaber

Handelsmarke für Aldi; Produzent nicht bekannt
(vermutl. Sazerac Company / Barton 1792 Distillery)



Gründungsdatum

Nicht zutreffend (Handelsmarke)



Ø Liter Whisky pro Jahr

Nicht öffentlich bekannt



Master Distiller

Nicht bekannt




Dauerbrenner (Core Range)

Old Fellow Kentucky Straight Bourbon Whiskey






Old Fellow ist keine eigenständige Destillerie, sondern
eine Handelsmarke (Private Label) für Kentucky Straight
Bourbon, die vor allem über die Discounter-Kette Aldi
vertrieben wird. Die Strategie dahinter ist, Kunden einen
preiswerten Einstieg in die Welt des amerikanischen
Whiskeys zu ermöglichen. Der Name “Old Fellow” soll dabei
Assoziationen von Tradition und Handwerkskunst wecken,
obwohl die Marke selbst keine lange Geschichte hat. Der
tatsächliche Hersteller bleibt in der Regel anonym, es
wird jedoch vermutet, dass der Bourbon von einer der
großen Destillerien in Kentucky stammt, wie
beispielsweise der Barton 1792 Distillery, die zur
Sazerac Company gehört und für die Produktion großer
Mengen qualitativ soliden Bourbons bekannt ist.


Da der Produzent nicht öffentlich bekannt ist, lassen
sich die genauen Produktionsmethoden nur anhand der
gesetzlichen Vorgaben für Kentucky Straight Bourbon
ableiten. Der Whiskey muss aus einer Maische mit
mindestens 51 % Mais hergestellt, in Kentucky destilliert
und für mindestens zwei Jahre in neuen, ausgekohlten
Eichenfässern gelagert werden. Der Old Fellow erfüllt
diese Kriterien und präsentiert sich typischerweise als
ein milder, leicht süßlicher Bourbon mit Noten von
Vanille, Karamell und Eiche. Diese Zugänglichkeit macht
ihn zu einer beliebten Wahl für Einsteiger oder zum Mixen
in Cocktails wie dem Whiskey Sour oder Old Fashioned.


Die Bedeutung von Old Fellow liegt nicht in
prestigeträchtigen Auszeichnungen oder einer langen
Tradition, sondern in seiner Marktposition. Als eine der
bekanntesten Discounter-Bourbonmarken in Deutschland hat
er unzähligen Konsumenten den Zugang zu amerikanischem
Whiskey erleichtert. In Blindverkostungen schneiden
solche Handelsmarken oft überraschend gut ab und bieten
ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Sie
zeigen, dass guter Bourbon nicht teuer sein muss und
spielen eine wichtige Rolle bei der Demokratisierung des
Whiskey-Genusses.







Blackwood Blended Scotch Whisky

Inhaber

Handelsmarke für Aldi; Produzent nicht bekannt



Gründungsdatum

Nicht zutreffend (Handelsmarke)



Ø Liter Whisky pro Jahr

Nicht öffentlich bekannt



Master Distiller

Nicht bekannt




Dauerbrenner (Core Range)

Blackwood Blended Scotch Whisky (oft mit 3-jähriger
Reifung)






Ähnlich wie Old Fellow im Bourbon-Segment ist Blackwood
eine Handelsmarke für Blended Scotch Whisky, die exklusiv
für den Discounter Aldi hergestellt wird. Es gibt keine
Blackwood-Destillerie in Schottland; der Name wurde
gezielt gewählt, um authentisch und traditionell zu
klingen. Solche Marken ermöglichen es Supermarktketten,
Scotch Whisky zu sehr wettbewerbsfähigen Preisen
anzubieten, da sie direkt bei großen Destillerien oder
unabhängigen Abfüllern große Mengen einkaufen und unter
eigenem Namen vermarkten können, ohne die Kosten für den
Aufbau und Unterhalt einer eigenen Marke tragen zu
müssen.


Die Produktion des Blackwood Blended Scotch erfolgt durch
einen nicht genannten schottischen Hersteller. Als
“Blended Scotch” besteht er aus einer Mischung von Malt
Whisky (aus gemälzter Gerste, in Pot Stills gebrannt) und
Grain Whisky (aus verschiedenen Getreidesorten, in Column
Stills gebrannt). Der Master Blender des Herstellers ist
dafür verantwortlich, durch die Vermählung verschiedener
Fässer ein konsistentes und zugängliches Geschmacksprofil
zu schaffen. Das Ergebnis ist typischerweise ein milder,
leichter Whisky mit subtilen Noten von Getreide, Honig
und einem Hauch von Rauch oder Frucht, der sich gut für
den puren Genuss oder als Basis für Longdrinks eignet.


Die Bedeutung von Marken wie Blackwood liegt in ihrer
Rolle als “Alltags-Whisky”. Sie konkurrieren nicht mit
komplexen Single Malts, sondern bedienen das wichtige
Einstiegssegment des Marktes. Für viele Menschen ist ein
solcher Whisky der erste Kontakt mit der Welt des Scotch.
Trotz ihres niedrigen Preises müssen sie die strengen
schottischen Gesetze für Whisky erfüllen, einschließlich
einer Mindestreifezeit von drei Jahren in Eichenfässern.
Damit bieten sie eine garantierte Grundqualität und
tragen maßgeblich zum hohen Gesamtvolumen des weltweit
verkauften Scotch Whiskys bei.







Ranchwood American Whiskey

Inhaber

Handelsmarke für Aldi; Produzent nicht bekannt



Gründungsdatum

Nicht zutreffend (Handelsmarke)



Ø Liter Whisky pro Jahr

Nicht öffentlich bekannt



Master Distiller

Nicht bekannt




Dauerbrenner (Core Range)

Ranchwood American Whiskey






Ranchwood ist eine weitere Handelsmarke aus dem Portfolio
von Aldi, die im Segment des amerikanischen Whiskeys
angesiedelt ist. Wie bei den anderen Private-Label-Marken
existiert keine Ranchwood-Destillerie. Der Name ist eine
Marketingkreation, die Bilder von der Weite Amerikas, von
Ranches und traditioneller Handwerkskunst hervorrufen
soll. Diese Markenstrategie zielt darauf ab, dem Produkt
eine Identität zu verleihen, die über den reinen Preis
hinausgeht und beim Kunden positive Assoziationen weckt.
Der Whisky wird von einer großen, aber nicht namentlich
genannten US-Destillerie produziert.


Die Bezeichnung “American Whiskey” ist recht breit
gefasst und gibt dem Hersteller mehr Flexibilität als die
strengeren Regeln für “Bourbon” oder “Rye”. Während er in
den USA destilliert und in Eichenfässern gelagert werden
muss, sind die Vorgaben für die Getreidezusammensetzung
und die Art der Fässer (neu oder gebraucht) weniger
strikt. Dies ermöglicht die Herstellung eines
preisgünstigen Whiskeys. Geschmacklich ist Ranchwood oft
mild und unkompliziert, mit süßen Noten, die an Mais und
Karamell erinnern, was ihn zu einer guten Wahl für
Mixgetränke wie Whiskey-Cola macht.


Die Signifikanz von Ranchwood liegt, wie bei seinen
Pendants, in der Zugänglichkeit. Er bedient eine
preissensible Käuferschicht und fungiert oft als
Einstiegspunkt in die Kategorie des amerikanischen
Whiskeys. Obwohl er in der Kenner-Szene kaum Beachtung
findet, spielt er eine wichtige wirtschaftliche Rolle für
die produzierenden Großdestillerien, da er ihnen
ermöglicht, große Produktionsvolumen über die Kanäle der
Discounter abzusetzen. Für den Verbraucher stellt er eine
verlässliche und äußerst erschwingliche Option für den
alltäglichen Gebrauch dar.







Glen Orchy Blended Scotch Whisky

Inhaber

Handelsmarke für Lidl; Produzent nicht bekannt
(vermutl. Whyte & Mackay oder Ian Macleod
Distillers)



Gründungsdatum

Nicht zutreffend (Handelsmarke)



Ø Liter Whisky pro Jahr

Nicht öffentlich bekannt



Master Distiller

Nicht bekannt




Dauerbrenner (Core Range)

Glen Orchy 5 Year Old Blended Scotch Whisky






Glen Orchy ist eine der bekanntesten Handelsmarken für
Scotch Whisky des Discounters Lidl. Der Name ist
geschickt gewählt: “Glen” (schottisch für “Tal”) ist ein
häufiger Bestandteil der Namen vieler renommierter
schottischer Destillerien (z.B. Glenfiddich, Glenlivet),
was dem Produkt einen Anstrich von Authentizität und
Herkunft verleiht. Eine physische Glen Orchy Destillerie
gibt es jedoch nicht. Der Whisky wird von einem großen,
etablierten schottischen Unternehmen produziert. In der
Fachwelt wird oft spekuliert, dass Unternehmen wie Whyte
& Mackay oder Ian Macleod Distillers hinter der
Produktion stecken, da diese über die Kapazitäten und das
Know-how für die Herstellung solcher Blends in großem
Maßstab verfügen.


Der Glen Orchy wird meist als 5-jähriger Blended Scotch
Whisky angeboten. Das bedeutet, dass alle in der Mischung
enthaltenen Whiskys (sowohl Malt als auch Grain)
mindestens fünf Jahre in Eichenfässern reifen mussten.
Dies ist zwei Jahre länger als die gesetzliche
Mindestanforderung und deutet auf einen gewissen
Qualitätsanspruch innerhalb des Preissegments hin. Die
Produktion folgt dem klassischen Verfahren für Blended
Scotch: Verschiedene Malt- und Grain-Whiskys werden von
einem Master Blender sorgfältig ausgewählt und vermählt,
um ein gleichbleibendes, weiches und harmonisches
Geschmacksprofil zu erzielen, das eine breite
Käuferschicht anspricht.


In der Whisky-Welt hat sich Glen Orchy einen Ruf als
einer der besten “Discounter-Whiskys” erarbeitet und
bietet ein bemerkenswertes Preis-Leistungs-Verhältnis. Er
ist ein Paradebeispiel dafür, wie Handelsmarken die Lücke
zwischen billigen Spirituosen und teuren Markenprodukten
füllen. Für den Preis eines Kinotickets erhält der Kunde
einen soliden, trinkbaren Scotch Whisky, der die
gesetzlichen Standards nicht nur erfüllt, sondern
teilweise sogar übertrifft. Damit spielt Glen Orchy eine
wichtige Rolle dabei, Scotch Whisky für ein breites
Publikum zugänglich und erschwinglich zu machen.






Der Beitrag Folge 77 – Billich willich erschien zuerst auf Grab
The Glass Podcast.

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