MINToring

MINToring

Modellansatz 195
50 Minuten
Podcast
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Beschreibung

vor 5 Jahren

Gudrun ist zu Gast bei der Gleichstellungsbeauftragten der FU in
Berlin, um über ihr MINToring-Projekt zu reden. Das ist seit
einiger Zeit eine Einladung an Schülerinnen zum Einstieg in die
Physik und Informatik. Das Projekt entwickelte dafür eine Reihe
von Angeboten, nämlich:


alle 2 Wochen werden verschiedene Workshops an der FU
veranstaltet (ab der 7. Klasse);

es werden Betriebspraktika in den Fachbereichen Physik
und Informatik vermittelt und begleitet (ab der 9.Klasse);


Tage an der Uni im Herbst, in denen man in Vorlesungen
der Informatik, Physik und Bioinformatik hineinschnuppern kann

Workshops an den Schulen



Gudrun spricht außer mit der Frauenbeauftragten Mechthild
Koreuber (Mathematikerin, promoviert in Wissenschaftsgeschichte)
auch mit den beiden Koordinatorinnen des MINToring-Projekts
Anette Dietrich (Koordinatorin Mathematik und Informatik) und
Audrey Houillon (Koordination Physik). Audrey hat in München
Physik studiert und in Paris am CNRS im Gebiet
Neurowissenschaften promoviert. Das ist ein interdisziplinäres
Forschungsthema zwischen Physik, Informatik, Psychologie und
Biologie. An der TU Berlin hat sie eine Zeit als Postdoc im
Gebiet computational Neuroscience gearbeitet und ist dann in die
Jugend- und politische Bildung gewechselt bevor sie die
Koordinationsstelle an der FU übernahm. Anette ist am Institut
für Informatik, hat in Erziehungswissenschaften über
Geschlechter- und in der Rassismusforschung promoviert.


Ausgangspunkt für die Projektidee war für Mechthild eine
Erfahrung am Rande der Abiturfeier ihrer Tochter. Aus einem
Physik Leistungskurs mit 50% Mädchen wollte damals keines Physik
studieren oder hatte dies als Möglichkeit auch nur in Erwägung
gezogen. Wieso?


Sie dachte darüber nach, wie kann man junge Frauen und Mädchen
motivieren, sich für diese Fächer zu entscheiden und konkret
etwas gegen den niedrigen Frauenanteil in den MINT-Fächern tun?
Sie stellte sich dabei zunächst ein Projekt vor, dass
interessierte Mädchen in der Abiturstufe anspricht. Interesse
würde sich z.B. über die Teilnahme an Leistungskursen
herausfinden lassen. Das ist aber leider z.B. in der Informatik
nicht durchführbar. weil es dort fast keine Leistungskurse gibt.
Außerdem wurde schnell klar, dass man schon mit jüngeren
Schülerinnen beginnen sollte, um den Übergang zu den Aktionen am
Girls'day zu sichern, wo die FU für Schülerinnen der
Klassenstufen 5-10 jährlich etwa 1000 Plätze in ungefähr 80
kleinen Gruppen anbietet.


Ein zentrales und einzigartiges Werkzeug im MINToring Projekt ist
die Möglichkeit zum Betriebspraktikum an der FU. So ein Praktikum
ist in der 9. oder 10. Klasse für 2-3 Wochen für alle Berliner
Schüler vorgesehen. Manche intessieren sich auch für ein
freiwilliges Praktikum in den Sommerferien. Es ist unüblich, so
ein Praktikum an einer Universität durchzuführen. Vor allem aus
dem Grund, dass sich wenige Menschen vorstellen können, dass das
geht.


Das Projekt MINTOring bietet aber hierfür einen Rahmen und kann
Schülerinnen deshalb direkt dafür einladen. Den Rahmen bilden
Einführungskurse und andere Workshops (wie z.B. für
Programmiersprachen) für eine kleine Gruppe Schülerinnen und ein
Abschlussvortrag mit ausführlicher Auswertung und Einordnung der
Erfahrungen. Zentral ist die Forschungsarbeit in den
Arbeitsgruppen (2-5 Tage) im individuellen Zuschnitt auf das
Interesse jeder Schülerin. In der Zeit erleben sich die Mädchen
selbst als kompetent und ihre Arbeit würd wertgeschätzt.


Das Feedback der Schülerinnen war bisher stets sehr positiv. Sie
schätzen am Praktikum, dass sie neues gelernt haben, Erfahrung
mit Forschung sammeln durften und in der Gruppe erlebt haben,
dass sie mit ihren Interessen willkommen sind und geschätzt
werden. Dazu kommen ganz besondere Erlebnisse, wie dass sich eine
Professorin für sie ganz persönlich interessiert und im Kontakt
bleiben möchte, was in Summe zu einer sehr emotionalen Erfahrung
führt, die in Erinnerungen bleibt.


Für so eine erfolgreiche Arbeit musste natürlich Skepsis
überwunden werden. Es ist inzwischen leichter, Ideen für
altersgerechte Forschungsprojekte zu finden, nachdem es viele
gelungen Beispiele gibt. Trotzdem ist nach wie vor ein großer
Anteil an Arbeitszeit für die Koordination des Projekts dadurch
gebunden, dass Arbeitsgruppen für Schülerinnen gefunden werden.
Es ist schön, wenn inzwischen auch schon Arbeitsgruppen auf das
Projekt zukommen, die durch Kritik am schlechten Frauenanteil
dazu gedrängt werden, selbst auch aktiv zu werden.


Konkrete Projekte aus der jüngsten Vergangenheit sind:


die Umsetzung eines Needleman-Wunsch-Algorithmus am Computer.
Das ist ein Optimierungsalgorithmus aus der Bioinformatik, der
zum Vergleich zweier Nukleotid- bzw. Aminosäuresequenzen
eingesetzt wird.

ein Bio-Informatik-Projekt, wo in enger Zusammenarbeit mit
dem Juniorprofessor ein Datensatz zu Krebstumoren mit der
Programmiersprache R analysiert wurde.



Aber auch einen Betrag liefern zu können, um ein kaputtes
Mikroskop zu reparieren, ändert das Verständnis davon, wie
Forschung gemacht wird. Wenn Erwachsene sagen: Ich weiß das
nicht, ich muss erst probieren, um eine Lösung zu finden, dann
hinterlässt das einen Eindruck.
Inzwischen gibt es tatsächlich schon mehr Interessentinnen für
ein Praktikum, als aufgenommen werden können.


Das Projekt wurde zuerst durch das Professorinnenprogramm und
später durch das Chancengleichheitsprogramm finanziert.
Inzwischen werden statt dieser Drittmittel Haushaltsmittel der FU
eingesetzt. In der Zukunft wäre es wichtig, dass die Finanzierung
der Koordinierungsstellen auf Dauer von der FU Berlin
sichergestellt wird und sich auch andere Universitäten ein
Beispiel nehmen. Eine Erweiterung auf andere Fächer ist auch im
Moment schon in Arbeit.


Zusätzlich zu dieser Art von Projekten muss sich in der
Gesellschaft noch einiges ändern. In anderen Ländern ist es viel
selbstverständlicher, dass Frauen in technische Fächer gehen. Es
ist erstaunlich, wie stark das Selbstbewußtsein schon leidet,
wenn die Entscheidung für ein MINT-Fach ständig durch die
Umgebung in Frage gestellt wird. Hier wäre mehr Ermutigung in der
Schule ein guter Anfang.


Podcasts

A. Sage, L. Schenk, G. Thäter: Studienbotschafterinnen,
Gespräch im Modellansatz Podcast, Folge 194, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2019.

B. Böttcher, G. Thäter: Meisterklasse, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 158, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.

G. Thäter, K. Wohak: CAMMP, Gespräch im Modellansatz Podcast,
Folge 165, Fakultät für Mathematik, Karlsruher Institut für
Technologie (KIT), 2018.

K. Wohak, M. Hattebuhr, E. Bastian, C. Beizinger, G. Thäter:
CAMMP-Week, Gespräch im Modellansatz Podcast, Folge 174, Fakultät
für Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.

S. Schäfer, I. Häuser, G. Thäter: Schülermarketing, Gespräch
im Modellansatz Podcast, Folge 191, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2018.

A. Mischau, M. Koreuber: Gender und Mathematik, Gespräch mit
G. Thäter im Modellansatz Podcast, Folge 142, Fakultät für
Mathematik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2017.

M. Jungbauer-Gans: Frauen in der Wissenschaft – Gleiche
Chancen, Ungleiche Voraussetzungen? Zentrum für Gender Studies
und feministische Zukunftsforschung, Podcast Kombinat,
Universität Marburg, 2016.

E. Dittrich, G. Thäter: Schülerlabor, Gespräch im
Modellansatz Podcast, Folge 103, Fakultät für Mathematik,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), 2016.

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