Geräuschempfindlichkeit beim Hund am Beispiel des Bearded Collies.

Geräuschempfindlichkeit beim Hund am Beispiel des Bearded Collies.

Beschreibung

vor 12 Jahren
Ziel der Studie war es festzustellen, welche der drei
Verhaltenstherapiemethoden Desensibilisierung (DS),
Gegenkonditionierung (engl. Counterconditioning, CC) oder die
Kombination von Desensibilisierung und Gegenkonditionierung (DSCC)
nach drei Monaten den größten Therapieerfolg bei
geräuschempfindlichen Bearded Collies hatte. Zusätzlich sollte
ermittelt werden, ob ein Zusammenhang zwischen
Geräuschempfindlichkeit und erniedrigten Schilddrüsenhormonwerten
(mit und ohne klinische Anzeichen einer Hypothyreose) besteht.
Lagen erniedrigte Schilddrüsenwerte vor, wurde untersucht, ob der
Einsatz von Thyroxin oder Placebo zusätzlich zur Verhaltenstherapie
bei Bearded Collies mit Geräuschempfindlichkeit und erniedrigten
Schilddrüsenhormonwerten einen nennenswerten Beitrag zu einem
größeren Therapieerfolg leistete. Insgesamt wurden 93 Serumproben
von 96 geräuschempfindlichen Hunden der Rasse Bearded Collie
eingesandt und am Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde,
Tierhygiene und Tierhaltung des Veterinärwissenschaftlichen
Departments der Tierärztlichen Fakultät der
Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert. Für die
Untersuchung des Therapieerfolges wurde bei 53 Hunden eine
Geräuschprovokation vor und nach einer dreimonatigen Behandlung
(Verhaltenstherapie und Prüfpräparatgabe mit dem Verum Thyroxin
oder Placebo) vorgenommen. Das dabei gezeigte Ausdrucksverhalten
wurde für die Analyse und die Beurteilung des Therapieerfolges als
Zielgröße Befinden kategorisiert und anschließend mit einen Score
von 1 bis 4 bewertet. Ebenso wurden die Zielgrößen Lautstärke,
Herz- und Atemfrequenz gemessen sowie die Zeit, die die Hunde
benötigten, bis sie sich nach der Geräuschexposition wieder
beruhigt hatten (Beruhigungszeit). Fasst man die Verbesserungen
nach der Verhaltenstherapie und Prüfpräparatgabe zusammen, haben
sich insgesamt 62% (33) der 53 Hunde im Befinden verbessert. Die
Beruhigungszeit verkürzte sich bei insgesamt 59% (31) der Tiere.
Die Toleranz gegenüber der Geräusch-Lautstärke nahm zu, während die
Werte der Herz- und Atemfrequenz signifikant abnahmen. Die höhere
Lautstärke sprach für einen Therapieerfolg, was auch die
signifikant niedrige Atemfrequenz (p < 0,001) vermuten ließ. Die
Veränderung der Herzfrequenz zeigte einen signifikanten Unterschied
(p = 0,006) im Vorher-Nachher-Vergleich. Sie war insgesamt niedrig
und stieg trotz künstlich erzeugter Erregung nie deutlich an. Des
Weiteren wurde der Einfluss der Verhaltenstherapie und der
Prüfpräparatgabe auf die Zielvariablen untersucht. Hierbei stellte
sich heraus, dass die Bearded Collies der Verhaltenstherapiegruppe
DS den größten Erfolg in Befinden, Beruhigung und Lautstärke (p =
0,0559) erzielten. Die Gruppe DSCC gefolgt von der Gruppe DS
erzielten bei der Messung der Herzfrequenz die besten Ergebnisse (p
= 0,3373). Die Gruppe CC wies eine Zunahme der Herzfrequenz auf,
hatte aber bei der Atemfrequenz (p = 0,5166) die niedrigsten Werte
erreicht. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Gruppe DS den
größten Therapieerfolg aufwies. Die Unterschiede zwischen den
Verhaltenstherapiegruppen waren jedoch nicht signifikant. Die Gabe
des Prüfpräparates mit dem Wirkstoff Thyroxin bewirkte im Mittel
eine größere Verbesserung des Befindens und der Lautstärke.
Hinsichtlich der Beruhigungszeit verbesserten sich mehr Hunde des
Prüfpräparats Placebo (p = 0,1563). Die Herzfrequenz beider Gruppen
war im Mittel minimal gesunken, jedoch konnte anhand einer
einfaktoriellen Varianzanalyse, dem t-Test (FAHRMEIR et al., 2004),
keine signifikanten Unterschiede zwischen der Gabe des Verums
Thyroxin und Placebo gefunden werden (p = 0,8649). Insgesamt
konnten unter der Gabe von Thyroxin mehr Verbesserungen (Befinden
und Lautstärke) bei den geräuschängstlichen Hunden ausgemacht
werden als bei einer Placebogabe. Jedoch sind diese Verbesserungen
statistisch nicht signifikant. Die Ergebnisse in dieser Studie
zeigen, dass die Geräuschempfindlichkeit beim Bearded Collie im
Zusammenhang mit niedrigen Schilddrüsenwerten und hohen
Cholesterol-Werten steht. Das gehäufte Vorkommen von Antikörpern
(51%) bestärkt diese Annahme. Zu bedenken ist, dass erniedrigte
Schilddrüsenparameter aufgrund einer Vielzahl an anderen Einflüssen
vorkommen können. Zudem wird die Veranlagung für die Bildung von
Antikörpern u.a. genetisch weitergegeben oder durch massiven Stress
ausgelöst. Eine sorgfältige Auswahl stressresistenter Tiere bei
Verpaarungen ist daher sinnvoll und ein jährlicher Test auf
Antikörper bei Zuchthunden ratsam. Obwohl die Untersuchung auf eine
Rasse konzentriert war, können die Therapiemaßnahmen dieser Studie
als Leitfaden für eine optimale Verhaltensberatung bei
geräuschempfindlichen Hunden dienen. Die niedrigen
Schilddrüsenparameter mit Werten im unteren Drittel des
Referenzbereiches sowie das gehäufte Vorkommen von Antikörpern
verdeutlichen, dass eine Berücksichtigung der Schilddrüsenwerte und
eine fachkundige Beurteilung der Organfunktion notwendig sind, um
eine optimale Behandlung der Geräuschempfindlichkeit bei der Rasse
Bearded Collie zu erreichen. Für einen Therapieversuch mit Thyroxin
sprechen die Veränderungen nach einer erfolgreichen
Verhaltenstherapie. Allerdings sind weitere Untersuchungen
notwendig.

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