Benjamin Gutsche und Nataly Kudiabor über "All you need" und Vielfalt in Film und TV
1 Stunde 2 Minuten
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Beschreibung
vor 3 Jahren
Regisseur Benjamin Gutsche und Produzentin Nataly Kudiabor sprechen
über das Casting der ersten queeren ARD-Serie, Vielfalt in Film und
TV, das Ende des linearen Fernsehens. Das Medienecho zur ersten
queeren ARD-Serie war enorm, und Das Erste bewirbt die in der
Mediathek versteckte schwule Dramedy immerhin linear zur besten
Sendezeit. Autor und Regisseur Benjamin Gutsche und Produzentin
Nataly Kudiabor von der UFA Fiction können also recht zufrieden
sein, oder? Im neuen QUEERKRAM-Podcast hat Johannes Kram die Beiden
im Doppelpack zu Gast, um über die Serie als "Pilotprojekt" und
über Queerfeindlichkeit und Rassismus im deutschen Fernsehen
insgesamt zu sprechen. Ihm sei die "wahnsinnige Verantwortung" früh
bewusst gewesen, für die ARD eine Serie mit vier schwulen
Hauptfiguren, darunter der Schwarze Vince und der Deutsch-Iraner
Levo, zu schreiben, erzählt Gutsche, der selbst ein weißer schwuler
Mann ist. Er habe geahnt: "Alle aus der queeren Szene werden ihre
Erwartungen, ihre Erfahrungen auf unser Projekt projizieren."
Bewusst habe er deshalb auch Rassismus und Homophobie in die Story
eingebaut. "Unser Anspruch war, unterhaltend zu sein und noch eine
Message mitzugeben", ergänzt Produzentin Nataly Kudiabor, eine
schwarze nicht-queere Frau. Die größte Überraschung – und häufige
Kritik – an der Serie ist, dass ausgerechnet vier heterosexuelle
Männer die vier schwulen Hauptrollen spielen. Geplant war das
nicht, sagen Gutsche und Kudiabor etwas kleinlaut im Podcast.
Castingagenturen hätten die – vor #ActOut gestellte – Anfrage nach
schwulen Schauspielern nicht beantworten können. Im kurzen
Auswahlprozess hätten sich zwar Kandidaten emotional geoutet, so
der Regisseur. "Es ist aber nicht der einzige Aspekt, der wichtig
ist im Casting-Prozess, dass die sexuelle Orientierung stimmt." Im
Gespräch mit Johannes Kram verraten Gutsche und Kudiabor neue
Details, wie die Serie entstanden ist, was sie bei der Produktion
voneinander gelernt haben und was sie in der bereits beauftragten
zweiten Staffel alles anders machen wollen. Das größere Thema, das
alle drei bewegt, ist die Frage, warum das deutsche Fernsehen noch
immer nicht die gesellschaftliche Vielfalt abbildet und
rassistische Klischees reproduziert. "Immer wieder haben Leute über
Sachen geschrieben, über die sie keine Ahnung haben", analysiert
die Produzentin. Damit sich was ändert, müssten Menschen aus
marginalisierten Gruppen in Entscheidungs-Positionen kommen –
notfalls mit Hilfe von Quoten. Benjamin Gutsche gibt sich
selbstkritisch und fordert Minderheiten auf, ihre Sichtbarkeit
aktiver einzufordern: "Ich bin Teil des Problems gewesen. Ich habe
nie dafür gesorgt, dass mehr geht." Die beiden Podcastgäste
würdigen die Verdienste von #ActOut und kritisieren dabei
"FAZ"-Feuilletonchefin Sandra Kegel, die sich über das Manifest der
queeren Schauspieler*innen lustig machte. Insgesamt sehen sie einen
langsamen Wandel zu mehr Vielfalt, sprechen von "Bewegung" und
"Umbruch", und doch setzen sie ihre Hoffnung nicht mehr auf das
lineare Fernsehen. Sie finden es deshalb auch gar nicht schlimm,
dass "All you need" als erstes großes Projekt der ARD exklusiv für
die Mediathek produziert wurde. "Die ARD investiert in non-linear,
weil das die Zukunft ist", sagt Nataly Kudiabor. "Sehgewohnheiten
haben sich verändert", meint auch Benjamin Gutsche. "Wer richtet
denn noch seine Tagesgewohnheiten nach dem Fernsehen aus?" -- Micha
Schulze, queer.de 15. Mai 2021
über das Casting der ersten queeren ARD-Serie, Vielfalt in Film und
TV, das Ende des linearen Fernsehens. Das Medienecho zur ersten
queeren ARD-Serie war enorm, und Das Erste bewirbt die in der
Mediathek versteckte schwule Dramedy immerhin linear zur besten
Sendezeit. Autor und Regisseur Benjamin Gutsche und Produzentin
Nataly Kudiabor von der UFA Fiction können also recht zufrieden
sein, oder? Im neuen QUEERKRAM-Podcast hat Johannes Kram die Beiden
im Doppelpack zu Gast, um über die Serie als "Pilotprojekt" und
über Queerfeindlichkeit und Rassismus im deutschen Fernsehen
insgesamt zu sprechen. Ihm sei die "wahnsinnige Verantwortung" früh
bewusst gewesen, für die ARD eine Serie mit vier schwulen
Hauptfiguren, darunter der Schwarze Vince und der Deutsch-Iraner
Levo, zu schreiben, erzählt Gutsche, der selbst ein weißer schwuler
Mann ist. Er habe geahnt: "Alle aus der queeren Szene werden ihre
Erwartungen, ihre Erfahrungen auf unser Projekt projizieren."
Bewusst habe er deshalb auch Rassismus und Homophobie in die Story
eingebaut. "Unser Anspruch war, unterhaltend zu sein und noch eine
Message mitzugeben", ergänzt Produzentin Nataly Kudiabor, eine
schwarze nicht-queere Frau. Die größte Überraschung – und häufige
Kritik – an der Serie ist, dass ausgerechnet vier heterosexuelle
Männer die vier schwulen Hauptrollen spielen. Geplant war das
nicht, sagen Gutsche und Kudiabor etwas kleinlaut im Podcast.
Castingagenturen hätten die – vor #ActOut gestellte – Anfrage nach
schwulen Schauspielern nicht beantworten können. Im kurzen
Auswahlprozess hätten sich zwar Kandidaten emotional geoutet, so
der Regisseur. "Es ist aber nicht der einzige Aspekt, der wichtig
ist im Casting-Prozess, dass die sexuelle Orientierung stimmt." Im
Gespräch mit Johannes Kram verraten Gutsche und Kudiabor neue
Details, wie die Serie entstanden ist, was sie bei der Produktion
voneinander gelernt haben und was sie in der bereits beauftragten
zweiten Staffel alles anders machen wollen. Das größere Thema, das
alle drei bewegt, ist die Frage, warum das deutsche Fernsehen noch
immer nicht die gesellschaftliche Vielfalt abbildet und
rassistische Klischees reproduziert. "Immer wieder haben Leute über
Sachen geschrieben, über die sie keine Ahnung haben", analysiert
die Produzentin. Damit sich was ändert, müssten Menschen aus
marginalisierten Gruppen in Entscheidungs-Positionen kommen –
notfalls mit Hilfe von Quoten. Benjamin Gutsche gibt sich
selbstkritisch und fordert Minderheiten auf, ihre Sichtbarkeit
aktiver einzufordern: "Ich bin Teil des Problems gewesen. Ich habe
nie dafür gesorgt, dass mehr geht." Die beiden Podcastgäste
würdigen die Verdienste von #ActOut und kritisieren dabei
"FAZ"-Feuilletonchefin Sandra Kegel, die sich über das Manifest der
queeren Schauspieler*innen lustig machte. Insgesamt sehen sie einen
langsamen Wandel zu mehr Vielfalt, sprechen von "Bewegung" und
"Umbruch", und doch setzen sie ihre Hoffnung nicht mehr auf das
lineare Fernsehen. Sie finden es deshalb auch gar nicht schlimm,
dass "All you need" als erstes großes Projekt der ARD exklusiv für
die Mediathek produziert wurde. "Die ARD investiert in non-linear,
weil das die Zukunft ist", sagt Nataly Kudiabor. "Sehgewohnheiten
haben sich verändert", meint auch Benjamin Gutsche. "Wer richtet
denn noch seine Tagesgewohnheiten nach dem Fernsehen aus?" -- Micha
Schulze, queer.de 15. Mai 2021
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