Entwicklung neuer Strategien zur Überwindung transporter-basierter Pharmakoresistenz bei Epilepsien

Entwicklung neuer Strategien zur Überwindung transporter-basierter Pharmakoresistenz bei Epilepsien

Beschreibung

vor 18 Jahren
Epilepsien zählen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen bei
Hund, Katze und Mensch. Sie sind mit einer fortschreitenden
Schädigung des zentralen Nervensystems und mit erheblichen
Einschränkungen im täglichen Leben verbunden. Trotz Entwicklung
zahlreicher neuer Antiepileptika über die letzten Jahrzehnte
spricht etwa ein Drittel der Veterinär- und Humanpatienten nicht
auf eine Pharmakotherapie an. Diese Pharmakoresistenz von
Epilepsien stellt ein schwerwiegendes und bisher ungelöstes Problem
für die betroffenen Patienten dar und macht neue Therapiestrategien
dringend erforderlich. Eine Ursache der Pharmakoresistenz bei
Epilepsien stellt die Überexpression von Multidrug-Transportern in
den Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke dar. Die physiologische
Funktion dieser Efflux-Transporter besteht darin, den Eintritt von
Xenobiotika in das Gewebe bestimmter Körperregionen zu verhindern.
Eine Überexpression bei pharmakoresistenten Patienten führt zu
einem vermehrten Efflux-Transport von Antiepileptika in die
Blutbahn, so dass trotz therapeutischer Plasma-Konzentrationen
keine ausreichenden Wirkstoffspiegel im Bereich des epileptischen
Fokus erreicht werden können. Auf der Basis der
Multidrug-Transporter-Hypothese wurden im Rahmen dieser
Dissertation zwei mögliche neue Behandlungsstrategien zur
Überwindung der Pharmakoresistenz von Epilepsien im Tiermodell
untersucht. In den letzten Jahrzehnten wurde ein direkter intra-
oder extraneuronaler Transport von Substanzen nach intranasaler
(i.n.) Applikation aus der Nasenhöhle in das Gehirn wiederholt
beschrieben. Diese Möglichkeit zur Umgehung der Blut-Hirn-Schranke
und der dort lokalisierten Efflux-Transporter wurde im Rahmen
dieser Arbeit mittels Untersuchungen zur Gehirngängigkeit von
Antiepileptika nach i.n.-Applikation im Rattenmodell näher
überprüft. Mikrodialyse-Untersuchungen zur Bestimmung der
Extrazellulär-Konzentration von Phenobarbital, Lamotrigin und
Carbamazepin im Bereich des frontalen Cortex ergaben keine Hinweise
auf einen effektiveren Substanztransport nach i.n.-Applikation im
Vergleich zur intravenösen (i.v.) Applikationsform. Die Bestimmung
der Phenobarbital-Konzentration im Gesamtgehirngewebe nach i.n.-
und i.v.-Verabreichung resultierte ebenfalls in gleichwertigen
Konzentrationen. Die Untersuchung einzelner Gehirnregionen 10 min
nach i.n. Applikation ergab für den Bulbus olfactorius eine
signifikant höhere Gehirn-Plasma-Ratio im Vergleich zur
i.v.-Applikation. Im Amygdala-Kindling-Modell der
Temporallappen-Epilepsie konnte eine dosisabhängige antikonvulsive
Wirkung nach i.n.-Applikation von Phenobarbital beobachtet werden,
die in vergleichbarem Maße auch nach i.v.-Applikation zu beobachten
war. Insgesamt geben die Untersuchungsergebnisse keinen Hinweis
darauf, dass ein direkter Transport von Antiepileptika aus der
Nasenhöhle in das Gehirn in therapeutisch relevantem Ausmaß
stattfindet und eine Umgehung der Blut-Hirn-Schranke auf diese
Weise möglich ist. Eine besondere Eignung der i.n.-Applikation zur
Therapie pharmakoresistenter Patienten erscheint daher
unwahrscheinlich, kann jedoch endgültig erst durch Untersuchungen
in einem Tiermodell für pharmakoresistente Epilepsie beurteilt
werden. Die nach i.n.-Applikation von Phenobarbital erreichten
Plasma-Konzentrationen in Kombination mit der gezeigten
antikonvulsiven Wirksamkeit lassen diesen Applikationsweg jedoch
zur nicht invasiven Behandlung eines Status epilepticus oder von
Anfalls-Clustern Erfolg versprechend erscheinen. Dem
Multidrug-Transporter P-Glycoprotein (P-gp) wird in Zusammenhang
mit transporter-basierter Pharmakoresistenz bei Epilepsie besondere
Bedeutung beigemessen. Durch pharmakologische Inhibition der
P-gp-Funktion gelang im Tiermodell bereits die Überwindung von
Pharmakoresistenz. Die Anwendung von Hemmstoffen bringt jedoch den
Nachteil einer P-gp-Inhibition in allen Körperregionen mit sich.
Eine auf die Blut-Hirn-Schranke begrenzte Reduktion der
P-gp-Expression wäre durch den Mechanismus der RNA-Interferenz zu
erreichen. Für in vivo-Untersuchungen an Ratten wurde gegen
P-gp-mRNA gerichtete „small interfering RNA“ (siRNA) zum Schutz vor
endogenen Nukleasen in Liposomen eingeschlossen. Zudem wurde für
ein Targeting das Peptid ApoE4 an die Oberfläche der Liposomen
gebunden, welches eine Endozytose an Endothelzellen der
Blut-Hirn-Schranke vermittelt. Das Ziel einer P-gp-Reduktion auf
Protein-Ebene nach i.v.-Applikation derart geschützter und
zielgesteuerter siRNA konnte jedoch nicht erreicht werden. Die
Quantifizierung der P-gp-Expression in den Endothelzellen der
Blut-Hirn-Schranke anhand immunhistochemisch gefärbter
Gehirnschnitte ergab 24 h nach Applikation keine Verminderung der
P-gp-Expression. Die Ursachen für die ausgebliebene P-gp-Reduktion
sind in weiterführenden Untersuchungen zu klären.

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