#124: Dein Stil - dein Kleid.

#124: Dein Stil - dein Kleid.

Ich habe kürzlich in meinem Blog gestöbert. Sich durch 8 oder 9 Jahre Artikel zu wühlen, ist echt witzig. Ich bin wirklich froh, dass ich damals den Blog gestartet habe, denn dadurch habe ich meine Näh- und Stilreise dokumentiert. Ich habe zwar...
21 Minuten

Beschreibung

vor 2 Jahren

Ich habe kürzlich in meinem Blog gestöbert. Sich durch 8 oder 9
Jahre Artikel zu wühlen, ist echt witzig. Ich bin wirklich froh,
dass ich damals den Blog gestartet habe, denn dadurch habe ich
meine Näh- und Stilreise dokumentiert. Ich habe zwar immer mal
wieder Artikel ausemistet, gelöscht, vor allem die mit den
Kindern, die ich anfangs noch drin hatte.


Ich wollte einfach mal schauen, was ich damals genäht und
geschrieben habe. Schon 2013 habe ich über das Thema Stilfindung
geschrieben, wenn auch erstmal nur in Ansätzen. Dass die Farben
in meinem Schrank nicht so recht zusammenpassen wollten, daran
kann ich mich gut erinnern, aber das auch in den Fotos nochmal
konkret zu sehen, zeigt mir quasi bunt auf weiß, wie
unkoordiniert meine Garderobe war. Da habe ich heute, mit
vermutlich weniger Kleidungsstücken, viel mehr und auch
vielseitigere Outfits. 


Während ich also stöberte, fiel mir auf, dass ich durchs Nähen zu
Kleidern für mich gefunden habe. Als Kind wollte ich nämlich
keine Kleider und Röcke tragen. Ich kann mich noch gut daran
erinnern, dass sich meine Mutter immer ein Kleidermädchen
gewünscht hat. Sie hat es immer mal wieder versucht, indem sie
mal Kleidchen oder Röcke gekauft hat. Die habe ich einfach
verweigert. Zur Kommunion musste ich dann. Lang und weiß. Ich
habe mich nicht wie ich selbst gefühlt. Wenn ich mir Fotos aus
meiner Kindheit anschaue, dann trage ich fast immer Hosen. 


Auch als Jugendliche habe ich selten Kleider oder Röcke getragen.
Es gab mal in meiner alternativen Phase ein Kleid, das am
Oberkörper im Grunde ein graues Rippshirt mit Knopfleiste und
hoch angesetztem Rockteil aus einem karierten Baumwollstoff. Es
hatte etwas von Nachthemd und Bauernhoflook um 1900. Mein Vater
hat sich immer halb schlapp gelacht und es das “Kornkammer” Kleid
genannt. In Anlehnung an den Look aus dem Bioladen, in dem meine
Eltern eingekauft haben. 


Soviel zu meiner Kleider- und Rockhistorie bis ca. 2014, als mein
erster selbst genähter Rock entstand. Ein Cargorock aus
derbem Leinen. Den habe ich einen Sommer nach dem anderen
getragen und ich habe ihn immer noch. Getragen habe ich ihn
letztes Jahr nicht, aber ich werde ihn demnächst, beim Umstellen
meines Schranks auf den Frühling/Sommer mal wieder anprobieren.
Warum hält er so lange durch? Weil nichts Verspieltes daran ist.
Der Stoff ist fest, die Farbe neutral. Der Schnitt geradlinig.
Und den Cargolook mag ich einfach. 


Dann habe ich das ein oder andere Jerseykleid genäht, aber darin
habe ich mich nicht so richtig geschützt gefühlt. Ich kann es
nicht anders formulieren. Erst als ich anfing, Kleider aus
Webware zu nähen, fühlte ich, dass es passt. Mein Hemdblusenkleid
Mara, das ich jetzt gekürzt, immer noch trage, war eines der
ersten Kleider, in denen ich das Gefühl hatte, das könne doch
noch etwas werden mit mir und einem Kleid. 


Danch folgte das Kielo Wrap Dress. Diesen Schnitt von named kann
man glaube ich als Welterfolg bezeichnen. Zu diesem Kleid gibt es
einfach unfassbar viele Designbeispiele im Netz oder bei
Instagram. Ich habe es aus einem Viskosejersey in
lang genäht, was auch ganz gut aussah, aber es war wieder
dieses Gefühl, dass mir das zu weich ist, zu viel von meinem
Körper abzeichnet. Die Version aus einem Tencelstoff in
Jeansoptik war gleich viel besser. Das Kleid musste ich
leider im letzten Jahr aussortieren, weil es abgetragen war. Ich
hatte ein Kleid verschlissen. Unfassbar!


Wie sich das Nähen doch auf meine Tragegewohnheiten ausgewirkt
hat. Mein ca. 35 Jahre lang gehegter Glaubenssatz, dass Kleider
nichts für mich sind, hat sich verflüchtigt. Es geht nicht darum,
ein Kleidertyp zu sein oder nicht, sondern darum, die richtige
Kleiderform für dich zu finden. 


Es gibt so viele verschiedene Kleiderschnitte, dass sich für
jeden Stil- und Figurtyp etwas Passendes finden lässt. 


Und wenn du (noch) keine Kleider trägst, dann gibt es heutzutage
eine richtig tolle Alternative, nämlich Jumpsuits. Diese sind ja
nicht mehr aus der aktuellen Mode wegzudenken und haben viele
Vorteile. Man könnte sagen, der Jumpsuit ist das Kleid für die
Frau, die keine Kleider mag. 


Deswegen werden im April beim Sew-Along im Näh deinen Stil Club
sowohl Kleider als auch Jumpsuits genäht. Jede Teilnehmerin so
wie sie mag. Bei uns ist immer freie Schnittwahl, weil es ja
darum geht, deinen ganz eigenen Stil zu nähen und nicht ein
bestimmtes Schnittmuster. 


Nach welchen Kriterien kannst du Stoff und Schnitt auswählen, so
dass am Ende ein Kleid dabei herauskommt, dass du bis zum
Verschleiß tragen möchtest?

1. Wähle eine Farbe, die dir steht und die du magst.

Denn auch, wenn es am Ende vielleicht vom Schnitt her noch nicht
perfekt ist, hast du schon mal die halbe Miete durch die Farbe.


 
2. Wähle ein Material, das zu dir und zum Schnitt passt.

Du solltest es gerne anfassen, denn in der Regel wirst du es ja
im Sommer direkt auf der Haut tragen, es sei denn du nähst es mit
Futter. Über das Material kannst du gut steuern, wie sinnlich das
Kleid später wird. Je weicher das Material fällt, desto
sinnlicher wird das Kleid anschließend. Mit sinnlich meine ich
hier die Stilrichtung sinnlich. Wie du deinen Stiltyp findest und
welche Elemente wie Farbe, Material, Muster und Schnitt besonders
gut dazu passen, erfährst du im Näh deinen Stil Club.

Wie ich ja eingangs erzählt habe, ist mein Learning aus den
letzten Jahren, dass ich mich in Kleidern aus festeren Webstoffen
viel wohler fühle als in weich fallenden. Und das sieht an mir
auch einfach viel besser aus. Das ist so eine befreiende
Erkenntnis! Das kann bei dir ganz anders sein. Es lohnt sich, das
herauszufinden. 

3. Das Stoffmuster ist sehr stark stilgebend.

 


Stell dir ein Wickelkleid mit Streublümchen oder Tigerstreifen
vor. Das sind zwei Welten. Wenn du dich für einen gemusterten
Stoff entscheidest, dann versuche ihn dir schon zum Schnitt
deiner Wahl vernäht vorzustellen. Ich weiß, dass das nicht immer
leicht ist. 


Da kann es helfen, wenn du dir Designbeispiele anschaust zum
Schnitt oder nach ähnlichen Kleidern in einem großen Online-Shop
filterst. Einfach um ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin die
Reise mit dem Stoff ginge. Um mal beim Wickelkleid zu bleiben:
Das ist ja eine Schnittform, die schon sinnlich ist. Also sehr
feminin. Wenn nun noch ein Rosenmuster hinzukommt, dann verstärkt
sich das Sinnliche. Wenn es genau das ist, was du möchtest,
perfekt. Wenn du aber schon bei der Vorstellung merkst, dass das
zu viel des Guten für dich sein könnte, dann wähle lieber ein
Muster, das eine andere Stimmung aufbringt, wie z. B. sportliche
Streifen. Oder entscheide dich für einen einfarbigen Stoff.
Dazwischen gibt es natürlich unendlich viele Möglichkeiten, aber
ich denke du weißt, was ich meine. 


 
4. Die Schnittwahl

Da ich ja sehr gerne einfarbige Stoffe vernähe, ist für mich oft
die Schnittwahl spannender als die Stoffwahl, weil ein
einfarbiger Stoff Schnittdetails so schön zur Geltung bringen
kann. Bei einem wild gemusterten Stoff sieht man ja ggf. nicht
mehr viel vom eigentlichen Schnitt. 


Mittlerweile gibt es so eine Fülle an Schnittmustern, dass es
auch hier wirklich hilft, das Angebot für sich eingrenzen zu
können. Sonst kommst du vom Hölzchen aufs Stöckchen. Und du
kannst dich von den Designbeispielen bei Pinterest oder Instagram
nicht mehr losreißen. 


Überlege dir, welche Details dir bei einem Schnitt wichtig sind.
Möchtest du, dass das Kleid eine bestimmte Körperpartie betont
oder verhüllt? Welche Ausschnittform macht dich glücklich? Ärmel,
ja oder nein? Wenn ja, eher schlicht oder z. B. mit Kräuselung.
Soll es im Bauch- und Taillenbereich eher weit oder figurnah
sein? Wie stellst du dir das Rockteil vor? Ausgestellt, gerade?
Saumlänge? Je klarer du dir darüber bist, wie die Details
aussehen sollen, desto gezielter kannst du den Schnitt
wählen. 


Je mehr ich hier über Kleider und Jumpsuits spreche, desto mehr
Lust bekomme ich auf den Sew-Along im April. Ich werde im
Auftaktmeeting am 1. April konkrete Schnittmuster für die
verschiedenen Stiltypen vorstellen und auch darauf eingehen, wie
du sie durch Farbe, Muster und Stoff so richtig zu deinem machen
kannst. Ich liebe die Recherche vorweg und natürlich auch den
Live-Austausch dann im Zoom. 


Mit einem Kleid oder Jumpsuit ist man sofort angezogen und muss
sich keine großen Gedanken um Kombinationen mit anderen
Kleidungsstücken machen.


Ich hoffe, diese Folge hat dich inspiriert, dein nächstes
Kleiderprojekt gezielt anzugehen, damit du dir nach und nach
immer mehr Lieblingsteile für deine Garderobe nähst, die du am
liebsten ewig tragen möchtest. 
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