Folge 07 - Der Klinikalltag

Folge 07 - Der Klinikalltag

24 Minuten

Beschreibung

vor 6 Monaten
In dieser Folge schildere ich meine Zeit auf der offenen
Privatarztstation. Offen heißt nicht, dass ich kommen und gehen
konnte, wann ich wollte. Ich musste zu allen Mahlzeiten und
verordneten Therapien auf der Station sein, der Ausgang war auch
bei schönstem Wetter bis 20 Uhr begrenzt. Meine Zimmernachbarin war
nett, im selben Alter, auch Lehrerin, aber voll innerer Unruhe, oft
unterwegs, so dass ich fast immer das Zimmer für mich allein hatte.
Mit meiner abklingenden Manie fühlte ich mich ansonsten fehl am
Platz unter depressiven Patienten allen Alters. Ich machte das
Beste daraus. Ich nahm das Bad in Beschlag, zündete Kerzen an und
rauchte bei lauter Musik. Der behandelnde Arzt vereinbarte mit mir
einen Therapieplan: Kunst- und Ergo-(Betätigungs)therapie. Wegen
des schlechten Gesundheitszustands und hohen Alters der
Mitpatientinnen und Mitpatienten bestand die Sporttherapie im
Zuwerfen von Luftballons oder ähnlichem. Die Gesprächs- und
Gruppentherapie einmal pro Woche griff das persönliche Thema eines
Patienten auf. Wer wie viel von sich preisgab, war jedem einzelnen
überlassen. Teilnahme war Pflicht wie bei allen anderen
Therapieeinheiten. Einmal die Woche hatte ich ein Einzelgespräch
mit meinem Therapeuten sowie dem behandelnden Arzt. Zweimal die
Woche fand die große Visite statt mit dem Personal der Station
sowie dem Chefarzt. Ich saß mehreren Menschen gegenüber, die ich
z.T. gar nicht kannte. Es war wie bei einer Prüfung. Es gab für
mich nur einen wirklich guten Arzt, weswegen ich in der Klinik
geblieben bin. Er hat beigetragen, mich aus der Manie
herunterzuholen. Auch das Pflegepersonal war furchtbar nett aber
überarbeitet, unterbesetzt und immer voll am Limit. Ich bin meist
nicht hingegangen. Wenn man in seelischer Not ist, sollte
Rücksichtnahme auf das Pflegepersonal eigentlich keine Rolle
spielen. Ich fühlte mich im langen normierten Leerlauf ohne
wirkliche Unterstützung, meinen Erlebnissen, Gedanken und Ängsten
ausgeliefert. Ich hatte Angst, in meine 120 qm große Wohnung
zurückzukehren, die nur 10 Minuten von der Klinik entfernt war.
Alleine nur mit den zwei Katzen, keine Mitbewohner. Ich hatte
keinen Platz mehr, an dem ich mich wohlfühlte.

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