Podcaster
Episoden
16.12.2025
8 Minuten
Ich finde es schön, dass heute die Musik auf Beerdigungen oft von
den Verstorbenen selbst ausgesucht wird – ich empfehle es sehr –
redet miteinander sagt euch gegenseitig welche Stücke laufen
sollen. Jedenfalls hat mich das erste Musikstück auf der
Beerdigung gepackt – denn ich finde es ist ein wunderbares Lied
über das Leben mit schön traurigen Gedanken darüber wie wir den
Tod und Leben zusammendenken können.
Es geht um das Lied The Load Out von Jackson Browne. Der Song ist
auf seinem Album Running on Empty - Touralbum – er
zeichnete auf, was auf Autobahnen, hinter den Kulissen und auf
der Bühne geschieht.
The Load-Out handelt vom „Unterwegssein“, vom Auf- und
Abbauen, vom Leben zwischen Erschöpfung und leidenschaftlicher
Hingabe – mit der Frage: Warum tun wir das trotzdem? Weil wir
wissen, wofür wir es tun. Die Musik, die Gemeinschaft, die
Begegnung, der Moment, wenn das Publikum klatscht und singt, ist
es wert.
Für unser Tun, für unser Leben, für unsere Lieben gilt das
Gleiche: Wenn jemand von uns geht, kann es sich zunächst
anfühlen, als sei die Halle leer, als sei das Konzert zu Ende.
Doch wir sind unterwegs. Wir packen im Geist, wir tragen
Erinnerungen, wir planen den nächsten Auftritt – und wir tun es,
weil wir wissen, dass die Musik es wert ist.
Jackson Brown erinnert sich: „Until those lights come up and we
hear that crowd / And we remember why we came.“
Genau so saß ich da in der Trauerhalle – wir sitzen da für
Gemeinschaft für Miteinander. Und hier in diesem Leben hängen wir
in so einem dazwischen fest, es gibt – gerade auf Konzerten –
himmlische Momente. Aber am nächsten Tag kann mein Leben schon
wieder die Hölle sein. Die leere Konzerthalle – kann dann ein
Bild sein für das was ich als Leere erlebe. Und bei einem
Trauerfall ist die Leere eben ganz konkret und vielleicht so groß
wie ein leeres Stadion wo eben noch 70.000 gefeiert haben – denn
auch da wird irgendwann die Bühne abgebaut – so wie für meinen
Freund, aber auch für mich kommt der Moment wo die Roadies
zusammenpacken – Christoph, jetzt geht´s woanders hin. Neue
Station.
„Now the seats are all empty
Let the roadies take the stage
Pack it up and tear it down
… They’ll set it up in another town.“
Foto The Blue Peacock Company/Asylum Records
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09.12.2025
13 Minuten
„Das Unglück muss zurückgeschlagen werden“ – dieser Satz von
Tocotronic klingt wie ein Ruf. Er ist nicht laut und heldenhaft,
sondern eher trotzig und verletzlich. Er sagt: Wir geben nicht
auf. Wir wehren uns – mit Sprache, mit Musik, mit Kunst. Nicht
mit Fäusten, sondern mit Haltung. Indem wir dieses Lied immer
wieder singen, indem wir erkennen, dass es in der Bibel eben um
soziale Gerechtigkeit geht und damit auch das Unglück zu
verjagen, zurückzuschlagen.
In dieser Folge ist Johannes Schleicher dabei, der kennt Gustavo
Gutiérrez einen der wichtigsten Befreiungstheologen persönlich.
Wir werden in der Folge sehen – in der Bibel und in dem Song geht
es darum, der Ungerechtigkeit nicht das letzte Wort zu lassen.
Die Hoffnung der Bibel lautet: Liebe und Gerechtigkeit haben das
letzte Wort.
Gustavo Gutiérrez: „Armut ist kein Unglück, sie ist eine
Ungerechtigkeit.“
Tocotronic machen klar: Wir dürfen uns nicht abfinden – das
Unglück (Kriege, Faschismus, soziale Kälte, Entfremdung) muss
aktiv bekämpft werden – wir stellen uns diesen Bedrohungen
entgegen
Und das klingt auch bei Gustavo Gutierrez an: „Wie kann ich
angesichts des Leidens und der in ihrer Würde verletzten Armen
ihnen sagen, dass Gott sie liebt?“
Die Befreiungstheologie entstand, als Militärdiktaturen
Lateinamerika beherrschten. Viele in der Kirche hielten sich an
die Seite der Machthaber – aber andere Priester stellten sich den
Armen zur Seite. In Medellín (1968) bekannten sich die Bischöfe
zur „Option für die Armen“. Gutiérrez schrieb das grundlegende
Buch „Theologie der Befreiung“. Er verband Bibel, soziale
Realität und konkrete Praxis: Seelsorge, Suppenküchen, Arbeit an
der Basis. Er zeigte, dass Glaube nicht von der Politik
abgekoppelt werden darf, sondern mitten in die Fragen von
Gerechtigkeit gehört. Hier war die Botschaft des Evangeliums
verständlich – und es wurde nicht gesagt „halte dich an die
Anführer“, sondern es ging um Befreiung.
Foto @ Noel Richter /Sony Music
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02.12.2025
14 Minuten
Während der Arbeit an diesem Podcast gab es eine Überraschung -
am Freitag 21.11. erschien ein neuer Song von Haftbefehl - dünya
garip – Meine Welt ist seltsam – vielleicht ist dieser Song, der
so anders ist als alle anderen Haftbefehl Songs, sein Kommentar
zum ganzen Rummel um diese Doku
Viele schauen gerade die Netflix-Doku über Haftbefehl. Ein Leben
zwischen Straße, Gewalt, Ruhm und Ruin – spektakulär erzählt.
Aber selten fragt jemand, woher diese Leere kommt.
Wie viele Nächte des Nicht-Gesehen-Werdens darin stecken. Wie
viel Hunger nach Anerkennung, nach Halt, nach zuhause. Unsere
Gesellschaft schaut
lieber zu als hin.
Sie konsumiert Verlorenheit wie Unterhaltung. Hören wir den
Schrei nach Würde.
Oder sehen wir die Mechanismen des Marktes, in dem es wichtig ist
auf Platz 1 zu stehen, wo dann das Leid zur Ware wird.
Wie finde ich in dieser seltsamen Welt Halt und einen Weg in ein
selbstbestimmtes Leben. Haftbefehl aka Aykut Anhan fühlte
sich in der Schule fehl am Platz. Nicht weil er nicht lernen
wollte, sondern weil die Schule nicht wusste, wie man mit Kindern
umgeht, die ums Überleben kämpfen. In der Podcastfolge fragen wir
uns – wie viele „Haftis“ sitzen heute in unseren Klassenzimmern:
unerkannt, unverstanden und irgendwie auch unsichtbar? Wenn ich
ein genervtes Gesicht schaue – dann kann ich mir doch auch mal
die Frage stellen, wie sah denn der Tag oder die Nacht vor meiner
Stunde aus? Meine Erfahrung aus vielen Jahren Berufsschule sagt
mir Bildung ist nicht nur Stoffvermittlung sie ist auch
Beziehungsarbeit. Falls Du eine Lehrperson bist – hier mal ein
herausfordernder Tipp: Stell Dir vor ein Jugendliche/r ist laut,
wütend und respektlos – frag dich nicht: „Was stimmt nicht mit
ihr/ihm?“ sondern „Was ist ihr/ihm passiert?“ – das gibt dem
Gegenüber das Gefühl ich werde gesehen. Noch mehr Tipps in dieser
Folge.
Bei mir am Berufskolleg haben praktisch alle diese Doku gesehen
oder reden darüber, daher ist es wichtig in der Schule über diese
Doku zu sprechen, denn viele meiner Schülerinnen und Schüler
fühlen, dass diese Doku auch etwas mit Ihnen zu tun hat, dass es
viele Stellen in der Doku gibt, wo sie sagen – ja da bekomme ich
einen Spiegel vorgehalten. Deshalb sage ich als
Berufsschulpfarrer auf jeden Fall über diese Doku reden und mit
mir sind in dieser Folge Menschen, die das auch sagen.
Foto Tarek Mawad
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25.11.2025
14 Minuten
Ich möchte eine Warnung aussprechen in dieser Folge wird über
Gewalt und sexuelle Übergriffe gesprochen, bitte höre nicht zu,
wenn Du da belastet bist. In den Texten zu dieser Folge findest
Du Infos, wo Du Hilfe bekommen kannst.
Hast du gewusst, dass in diesem Song von Suzanne Vega um
Missbrauch geht? Und Sina Rühland erzählt euch im Podcast, dass
Suzanne Vega einige Jahre später enthüllte, dass sie aufgrund
ihres Stiefvaters, der sie emotional und körperlich misshandelte,
der Geschichte zu Luka eine ganz persönliche Ebene gab. Suzanne
Vega ist Luka.
Diese Folge erscheint zu den Orange Days, die am 25.November
beginnen - Ziel ist die Forderung nach unbedingtem
Schutz vor Gewalt für Mädchen und Frauen. Es kommt auf uns alle
an politisch, juristisch und gesellschaftlich aktiv zu
werden.
In Deutschland beispielsweise wird jede dritte Frau mindestens
einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder
sexualisierter Gewalt; etwa jede vierte Frau wird mindestens
einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren
aktuellen oder durch ihren früheren Partner. Wir brauchen eine
finanzielle Absicherung und den Ausbau von Hilfssystemen wie
Frauenhäusern - uns fehlen aktuell zirka 21.000 Plätze für Frauen
und Kinder in Deutschland.
Gewaltbeginnt nicht erst mit Schlägen. Auch Bedrohungen,
Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle durch den Partner
oder die Partnerin sind Formen von Gewalt. Sie kann
Menschen aller sozialen Schichten und jeden Alters treffen:
Zuhause, in der Öffentlichkeit,
am Arbeitsplatz oder online.
Info: Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites
Beratungsangebot für
Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der
Nummer 116 016 und via
Online-Beratung unterstützen wir Betroffene aller Nationalitäten,
mit und ohne
Behinderung – 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr. Auch Angehörige,
Freundinnen und
Freunde sowie Fachkräfte beraten wir anonym und kostenfrei.
Quellenangaben:
Interview mit Vega:
https://www.njarts.net/suzanne-vega-takes-her-new-york-songs-and-
stories-on-the-road/
Weitere Infos:
https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-
gewalt-schuetzen/haeusliche-gewalt/formen-der-gewalt-erkennen-80642
https://www.ndr.de/nachrichten/info/Orange-Day-gegen-Gewalt-an-Frauen-Viel-
Engagement-im-Norden,orangeday154.html
https://www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2024/
Presse2024/241119_PM_BLB_Straftaten_gegen_Frauen.html
Foto Universal Music
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18.11.2025
13 Minuten
Im Oktober habe ich mich geärgert und zwar so richtig – mir hat
der Song geholfen meinen Ärger besser zu artikulieren. Im Song
heißt es
Hier ist es scheißegal, wer du bist oder wer eben auch
nichtund genau da geht es los – unser Bundeskanzler
Friedrich Merz hat was gesagt, das mich verzweifelt und traurig
macht und natürlich auch ärgerlich und wütend.
Er hat gesagt, dass ihm Migration im Stadtbild störe!
Ein Satz, der klingt, als wäre das Aussehen oder die
Herkunft eine Ordnungswidrigkeit.
Als müsse sich das Stadtbild oder ich sag auch mal so unser
Schulhof „bereinigen“, damit Deutschland wieder deutsch
aussieht.
So spricht man nicht über Migration.
So spricht man über Menschen, wenn man sie zu Fremden im eigenen
Land macht.
An meiner Schule werden Menschen ausgebildet, um alte Menschen zu
unterstützen, zu pflegen, um eure Kinder zu erziehen, um essen zu
kochen, um Haare zu schneiden, um Autos zu reparieren, sie
erlangen die Studierfähigkeit mit einser Abis – die gehören zu
unserem Land!
Wenn sich Menschen begegnen, geht es um das gegenseitige
Interesse und um Wertschätzung und nicht um Pässe oder Aussehen.
Wie schon gesagt, ich arbeite an einem Berufskolleg, da sehe ich
jeden Tag eine bunte Vielfalt, die in den meisten Fällen
funktioniert, wo Menschen mit und aneinander lernen. Die
Diskussionen in den letzten Wochen haben mich sehr wütend gemacht
und ich möchte es dann so klar sagen: Ich verachte Menschen,
die durch solche Reden, meine Schülerinnen und Schüler
zu „Problemen im Stadtbild“ machen. Leider machen das
zurzeit viele Menschen und daher bin ich auf Bundekanzler
Friedrich Merz eben so richtig sauer, denn scheinbar hat er
vergessen, was sein Amt eigentlich schützen
soll: die Würde aller – nicht nur derer, die ins
völkische Deutschland-Bild passen.
Demokratie ist kein Spiegelbild der Mehrheit oder der
Mächtigen mit Geld.
Sondern das Versprechen, dass jede*r dazugehört – egal, wie er
oder sie aussieht.
Ich danke meinen Kolleginnen und Phyllis und Hillal und den
ganzen Schülerinnen und Schülern des BBZ die mitgemacht haben.
Foto chó / we feel
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Über diesen Podcast
Schenk einem Song mehrere Verabredungen mit Dir in einer Woche. Es
gibt so viele Songs die Kraft schenken, die Hoffnung wachsen lassen
oder die etwas Kaputtes reparieren. Dafür muss ich den Songs Zeit
und Aufmerksamkeit schenken. Hier gibt es jede Woche einen Song und
drei Gedanken dazu. ___ 7 Tage 1 Song auf Facebook:
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