Podcaster
Episoden
25.11.2025
21 Minuten
Die Sozialpsychologen Margaret Wetherell und Jonathan Potter haben
schon vor über 30 Jahren in ihrem Buch „Mapping the language of
racism“ gezeigt, dass ein und dieselbe Person innerhalb eines
Gesprächs zwischen rassistischen und anti-rassistischen Äußerungen
bzw. Positionen hin- und herwechseln kann. Und dass solche ‚inneren
Widersprüche‘ nicht nur vollkommen normal, sondern tatsächlich gar
keine Widersprüche sind. Der Widerspruch löst sich auf, wenn wir
uns von der Idee verabschieden, es gäbe nur ein echtes,
authentisches Selbst, mit einer Persönlichkeit, einer politischen
Haltung, etc. Stattdessen nehmen wir, je nach Kontext, Stimmung
usw. jeweils unterschiedliche Ich-Positionen ein. Diese gehen aus
den jeweiligen Beziehungskonstellationen hervor. Das macht sie
nicht weniger authentisch, dafür jedoch durch und durch soziale
Produkte.
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24.10.2025
20 Minuten
Die Karte, also unsere kulturelle Logik, gaukelt uns vor, dass
etwas da ist, was es in Wirklichkeit jedoch nicht ist. Wie fühlt
man sich? Betrogen? Enttäuscht? Sehr wahrscheinlich. Das Problem
ist nun aber, dass, wie in „Des Kaisers neue Kleider“, niemand
ausspricht, dass der Kaiser nackt oder das Schokoladengeschäft gar
nicht da ist. Die anderen um dich herum stehen da und zeigen auf
das Ladenschild, machen Fotos, kommentieren die Auslage. Nur du
kannst nichts sehen. Was passiert? Du fängst an, an deiner eigenen
Wahrnehmung zu zweifeln. Vielleicht reibst du dir die Augen, setzt
deine Brille ab und wieder auf, wenn du eine trägst, gehst zum
Augenarzt, um deine Sehkraft überprüfen zu lassen. Da wir durch und
durch soziale Wesen sind, zweifeln wir eher daran, was wir mit
eigenen Augen sehen als daran, was – zumindest vermeintlich – alle
anderen sehen!
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19.09.2025
21 Minuten
Dass Empathiefähigkeit in einer sich rasant globalisierenden und
vernetzenden Weltgesellschaft essenziell ist, steht wohl außer
Frage. Denn: nur wenn wir uns als Menschheit, und nicht nur als
Deutsche oder ChinesInnen, auf gemeinsame Ziele und eine gemeinsame
Vorgehensweise einigen, werden wir nennenswerte Fortschritte
erzielen. Allerdings steht in unserem Selbstverständnis das
Menschsein in den seltensten Fällen an erster Stelle. Zunächst
einmal begreifen wir uns als Sohn oder Tochter von, politisch
progressiv oder konservativ, als Bewohnerin dieses oder jenes
Landes, als Maurerin oder Zahnarzt usw. Der Klimawandel oder die
wachsende soziale Ungleichheit sind jedoch globale Probleme, die
globale Lösungen erfordern. Tausendmal gehört, aber so richtig
angekommen ist es noch nicht.
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15.08.2025
21 Minuten
In ihrem Buch „Gefühle in Zeiten des Kapitalismus“ stellt die
israelische Soziologin Eva Illouz die These auf, dass der Besitz
eines bestimmten emotionalen Stils sich in handfeste soziale und
berufliche Vorteile übersetzen lässt. Dies zeige sich
beispielsweise beim inzwischen ubiquitär eingesetzten
Persönlichkeitstest in Bewerbungsverfahren. Nur wer hier überzeugt,
also wem emotionale Reife bescheinigt wird, will heißen, wer die
eigenen Gefühle managen und auf andere empathisch eingehen kann,
hat Erfolgschancen. Auch in meiner eigenen Forschungsarbeit bin ich
auf dieses kulturelle Ideal gestoßen.
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18.07.2025
21 Minuten
Aus historischer Perspektive betrachtet haben wir Gefühle in der
westlichen Welt eher stiefmütterlich behandelt, nämlich in erster
Linie als etwas, das wir irgendwie unter Kontrolle bringen müssen.
Diese Geringschätzung des gefühlten Erlebens spiegelt sich auch in
der akademischen Psychologie wider und in den Metaphern, die wir
inzwischen auch im alltäglichen Sprachgebrauch verwenden, um
geistige Prozesse zu beschreiben, allen voran das Bild des
Computers. Gedanken sind in dieser Analogie Informationen, die mit
Hilfe unserer „Hardware“, also des Gehirns, verarbeitet werden.
Falsch, sagt der britische Psychologe John Cromby. Weil alles das,
was wir herkömmlich mit den Begriffen ‚Verstand‘ oder ‚Geist‘ zu
fassen versuchen, in Wahrheit Aspekte körperlicher Prozesse seien.
Denn: Erfahrung basiert immer auf körperlichem Erleben, auch
sogenannte rein mentale Akte.
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Über diesen Podcast
Dieser Podcast beleuchtet, wie Gesellschaft und Psyche
zusammenhängen und bringt euch, ganz nebenbei, die diskursive und
narrative Psychologie näher. Basierend auf ihrer eigenen
Forschungsarbeit, widmet sich die Sozialpsychologin Nilima
Chowdhury (Universität St.Gallen, Universität Lausanne) hier
verschiedensten Fragestellungen: was genau ist eigentlich das
‘Ich’? Warum werden die Menschen immer perfektionistischer? Wie
wirken sich kulturelle Ideale auf unsere Psyche aus? Und wie
funktioniert individuelle Veränderung?
Folgen erscheinen Mitte des Monats, freitags.
In-Sayn ist Teil von Sayn Space. Wenn ihr mehr darüber erfahren
und/oder Nilimas Arbeit unterstützen wollt, schaut auf
www.sayn.space vorbei.
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