Podcaster
Episoden
17.04.2025
55 Minuten
Eine Pfarrerstochter, die von Bildungshunger getrieben ist. Ein
Lehrer, der den Kampf der Weltanschauungen als Konkurrenzkampf
mit dem lokalen Pfarrer austrägt. Ein kirchliches Abitur, mit dem
man in der DDR nicht studieren kann. Was heißt es, „verfolgte
Schülerin“ in der DDR gewesen zu sein? Wie wird aus Umwegen eine
Erfolgsgeschichte? Und wie lehrte das Aufwachsen in der Diktatur
eine Professorin Empathie mit ihren Studierenden? Darum geht es
in unserer neuen Folge.
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14.11.2024
1 Minute
Sein Vater war SED-Funktionär, aber Lothar Rochau ging eigene
Wege. Langhaarig trampte er durchs Land, begeisterte sich für
Blues und wurde Christ. Als Diakon organisierte er die offene
Jugendarbeit in Halle-Neustadt. Bald kamen Hunderte Jugendliche:
Hier gab es Musik, Kunst und Literatur, die mit ihrer Sinnsuche
zu tun hatten. Auch Texte und Bilder, die in der DDR verboten
waren. Die Stasi spitzelte und manipulierte. Rochaus
Pfarrer-Kollegen im Neubaugebiet waren ohnehin eher staatsnah,
und die Kirchenleitung schützte ihn und seine Arbeit nicht. Er
wurde entlassen, verhaftet und zur Ausreise gedrängt. Sein Anwalt
war Stasi-Spitzel; der Personalchef seiner Landeskirche war
Stasi-Offizier im besonderen Einsatz. Bereits November 1989 zog
Rochau wieder in die DDR. Die Kirche aber wollte ihn auch jetzt
nicht. Er wurde Jugendamtsleiter und kämpfte jahrzehntelang um
Schuldbekenntnis und Entschädigung seitens der Kirche.
Die Evangelische Kirche Mitteldeutschland (EKM) richtete bislang
als einzige Landeskirche ein Entschädigungs- und
Anerkennungsverfahren für kirchliches Versagen und Mitschuld an
DDR-Unrecht ein. Anträge konnten bis Ende April 2023 gestellt
werden, der Abschlussbericht erscheint demnächst. Hier geht's zu
einem Überblicksbeitrag:
https://www.deutschlandfunk.de/evangelische-kirche-und-ddr-unrecht-gedemuetigt-100.html
Die Interviewerin nimmt mehrfach Bezug auf das Buch, in dem
Lothar Rochau seine Erinnerungen veröffentlicht hat:
https://www.mitteldeutscherverlag.de/geschichte/kulturgeschichte/rochau,-lothar-marathon-mit-mauern-detail
Lothar Rochau lud die Sängerin Bettina Wegner
(http://www.bettinawegner.de/) zu einem Werkstatttreffen der
offenen Arbeit ein, als diese Auftrittsverbot in der DDR hatte.
Dort sang sie auch dieses Lied:
https://www.youtube.com/watch?v=fcdkwdfz0GA
Lothar Rochau lernte als Jugendlicher den damaligen Schuhmacher
und späteren Pfarrer Oskar Brüsewitz kennen, der sich später aus
Protest gegen das Regime selbst verbrannte:
https://www.stasi-mediathek.de/themen/person/Oskar%20Br%C3%BCsewitz/
Rochau erwähnt Spannungen mit Mitgliedern der staatsnahen
„Christlichen Friedenskonferenz“ (CFK), die z.B. den Einmarsch
der Warschauer Vertragsstaaten in die CSSR 1968 begrüßten und
individuell Privilegien genossen: https://taz.de/!1659724/
Überblick und historische Analyse zur offenen Jugendarbeit der
Ev. Kirche in der DDR: www.bpb.de/242954
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10.10.2024
49 Minuten
Amalia erlebte in den 1980er Jahren die Kinder- und
Jugendpsychiatrie in Ost-Berlin. In unserem Podcast erinnert sie
sich an eine Atmosphäre von Verunsicherung und Demütigung, an
Gewalt, die ihr widerfuhr und politisches Unrecht, das sie
beobachtete. Sie erzählt, wie die Erziehungsforderungen der
Diktatur dazu beitrugen, dass sie in der Psychiatrie landete.
Amalia erhielt wegen des erlebten Unrechts eine Zahlung der
Stiftung „Anerkennung und Hilfe“. Eindrücklich spricht sie über
die emotionale Herausforderung der Antragstellung und darüber,
was es heißt, Unrecht anzuerkennen und dabei „nicht Opfer bleiben
zu wollen“.
Weiterführende Links
Überblick zu neuerer Forschung, der die politische
Instrumentalisierung der Psychiatrie in der DDR zurückhaltend
einschätzt:
https://www.springermedizin.de/psychiatrie-und-psychosomatik/psychotherapie/politischer-missbrauch-in-der-psychiatrie-der-ddr/19239756
Mit besonderem Fokus auf die politische Instrumentalisierung von
Medizin in der DDR allgemein:
https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/205841/medizin-im-dienste-der-staatssicherheit/
In seinem Buch über die Geschichte der Psychiatrie in Herzberge
kommt ein ehemaliger Arzt des Fachkrankenhauses für Neurologie
und Psychiatrie zum Urteil, dieses sei „fest im Griff der
Staatssicherheit“ gewesen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/171155/Schicksal-einer-Anstalt-Historischer-Dreisprung
Informationen zur Arbeit der Stiftung Anerkennung und Hilfe.
Unter anderem mit dem Abschlussbericht, Ergebnissen des
zugehörigen Forschungsprojekts und weiteren Betroffenenstimmen:
https://www.bmas.de/DE/Soziales/Soziale-Entschaedigung/Stiftung-Anerkennung-und-Hilfe/stiftung-anerkennung-und-hilfe.html
Die „Straße der Besten“ war eine Aufreihung von Porträtfotos der
besten Schülerinnen und Schüler oder Arbeiterinnen und Arbeiter,
s.a. das DDR-Glossar der Bundeszentrale für politische Bildung:
https://www.bpb.de/themen/parteien/sprache-und-politik/42771/glossar-ddr-sprache/
Ein Buch mit Zeitzeugenberichten aus der DDR-Psychiatrie,
von einer ehemaligen Krankenschwester rezensiert:
https://travelwithoutmoving.de/psychiatrie-in-der-ddr-erzaehlungen-von-zeitzeugen-von-thomas-r-mueller-und-beate-mitzscherlich/
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05.09.2024
47 Minuten
Marga und Dietmar Riemann stellten Anfang 1986 einen Antrag auf
Ausreise aus der DDR. Fast vier Jahre des Wartens, der
Ämtergänge, der Schikanen, der Suche nach Unterstützung aus dem
Westen, des Einpackens und wieder Auspackens folgten. Ende
September 1989 durften sie schließlich die DDR verlassen. Dafür
mussten sie ihr Haus „loswerden“. Eine Schenkung an loyale
Empfänger, die Riemanns im Westen ausbezahlt hätten, verhinderte
der Staat. Zehn Jahre lang kämpften Riemanns darum, im
vereinigten Deutschland ihr Haus zurückzubekommen. Schließlich
erhielten sie eine Entschädigung, diese war kaum höher als ihre
Anwaltskosten. Dennoch sind Marga und Dietmar Riemann dankbar.
Weshalb, und wie ihr Ringen mit den staatlichen Stellen aussah,
erfahrt ihr in unserem Podcast.
Das 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz regelt u.a. die
verwaltungsrechtliche Rehabilitierung, die wiederum Ansprüche
nach verschiedenen Gesetzen begründen kann. Hierzu gehört das
Vermögensgesetz, auf dessen Grundlage auch die Riemanns
entschädigt wurden.
Informationen zur verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung:
https://www.berlin.de/lageso/versorgung/soziales-entschaedigungsrecht/opfer-von-sed-unrecht/#berrehag
Die Stiftung Situation Kunst betreut das fotografische Werk von
Dietmar Riemann, aktuell noch bis 24.10.2024 mit einer
Ausstellung in Saarbrücken:
https://situation-kunst.de/ausstellungen/ausstellungen-2023/dietmar-riemann
Zur Erwähnung der Treffen Ausreisewilliger in der Treptower
Bekenntniskirche siehe den heutigen Gedenkort:
https://www.berlin.de/museum-treptow-koepenick/gedenkorte/artikel.853004.php
Wegen der staatlichen Wohnraumlenkung war die
Familiensituation möglicher Hauskäufer relevant. Weitere
Informationen hierzu:
https://www.mdr.de/geschichte/ddr/alltag/familie/wohnen-plattenbau-102.html#sprung1
Riemann nennt den „Abschnittsbevollmächtigten“ salopp
„Ortsbevollmächtigten“, siehe hierzu:
https://de.wikipedia.org/wiki/Abschnittsbevollm%C3%A4chtigter
Marga Riemanns Vater war Mitglied der SPD, zur Ost-Berliner
Besonderheit der SPD-Büros bis 1961:
https://spd.berlin/magazin/berliner-stimme/die-ostberliner-spd-von-1946-bis-1961/
Podcast-Host Elena Demke zu Mauerfotos aus Ost und West, dabei
geht’s auch um Riemanns heimliche Aufnahmen:
https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/deutsche-teilung-deutsche-einheit/55860/mauerbilder-in-ost-und-west/
Die damalige Tschechoslowakische Sozialistische Republik wurde in
der DDR oft umgangssprachlich „Tschechei“ genannt. Die
historische Belastung des Begriffs wurde damals nicht breit
diskutiert, siehe auch:
https://mzv.gov.cz/bern/de/gegenseitige_beziehungen/kultur/offizielle_bezeichnung_unseres_landes_in.html
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08.08.2024
55 Minuten
In der ersten Folge der neuen BABcast-Reihe geht es um
Jugendliche, die 1983 einen Tunnel verschönern wollen und dafür
ins Gefängnis kommen, um Stasi-Vernehmer, einen Schauprozess und
um die Solidarität zwischen inhaftierten Frauen. Katrin Siebeck
spricht über ihre Haftentschädigung und Opferrente: Wie erfuhr
sie davon, wofür benötigt sie die Entschädigung? Katrin macht
deutlich, wie Kunst verbinden und beim Bewältigen von Traumata
helfen kann.
00:00-02:37 Intro
02:37-06:23 Malaktion und Verhaftung
06:24-07:31 Polizeigefängnis Keibelstraße
07:31-09:25 Untersuchungshaft
09:26-10:04 Reflexion
10:05-12:45 Stasi-Untersuchungshaftanstalt Pankow
12:25-14:29 Emotionale Folgen und Ausreiseantrag
14:30-16:11 Anwerbungsversuch der Stasi
16:12-19:59 Reflexion
20:00-20:55 Ausblick auf Ankunft im Westen
20:56-24:26 Gerichtsprozess
24:27-26:11 Transport in den Strafvollzug
26:12-31:56 Frauengefängnis Hoheneck
31:57-34:33 Geburtstagskleid und Performance
34:34-37:17 Hintergründe eines Totschlags
37:18-41:15 Entschädigungsantrag und Opferrente
41:16-48:04 Therapie und Kunst
48:05-50:00 Ausstellung und Wiedersehen
50:00-52:19 Rehabilitierung und Kapitalentschädigung
52:20-53:29 Outro
53:30-54:44 Nachtrag
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Über diesen Podcast
Wir sprechen mit Menschen, die DDR Unrecht erlebten und entschädigt
wurden. Was haben sie erlebt? Wie blicken sie heute auf ihre
Erfahrungen? Was bedeutet „Entschädigung“ in der eigenen Biografie?
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