Podcaster
Episoden
13.11.2025
16 Minuten
Mit einem Sammeltaxi nach Nablus. Eine Stunde lang muss
ich mich um nichts kümmern, brauche nur da zu sein und
zu schauen. Vorne lenkt einer und hinten sitzt einer, der
jetzt durch wuchtige Landschaften fahren darf, nein,
gefahren wird. Auf die Frage nach seinem Beruf antwortete
einst Albert Londres, der Urvater aller französischen
Reporter: „Je suis un voyeur“, ich bin ein Sehender. Das
muss ein Traumberuf sein: die Welt ansehen. So
fassungslos einen der Blick bisweilen zurücklässt. Aber
der Reisende muss nicht in Akten wühlen, nicht die
Stinklaunen seiner Arbeitgeber erdulden, nicht sich dabei
ertappen, wie seine Lebenszeit bei einer Tätigkeit
zuschanden kommt, von der er nie geträumt hat. Er schaut
– und begreift sein Glück.
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02.11.2025
28 Minuten
Mira lernte ich in der indischen Hauptstadt kennen, wo sie
am Goethe Institut arbeitete. Wie hilfsbereit sie war, wie
schnell im Kopf, wie scheu. Ich war als Reporter
unterwegs, und sie wusste so vieles, von dem ich keine
Ahnung hatte.
Als sie mich Monate später im fernen Europa besuchen
kam, wurde die Nähe intim. Und sie und Mira waren ein
Desaster. Eine erwachsene Frau, erfolgreiche
Literaturdozentin, mehrsprachig, so indisch schön,
verfügte über das erotische Raffinement einer
unglücklichen Nonne, eckig und linkisch, auch furchtsam,
wohl Opfer – wie ich vermutete, und sie irgendwann
bestätigte – einer typischen Tochtererziehung in ihrem
Land: Sex ist eher ruchlos, Männer meist Schweine und
beides zusammen der Nährboden endloser Katastrophen.
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11.09.2025
25 Minuten
Auf nach Coyoacán, das Viertel hat koloniales Flair und
wenig Hungernde. Ich komme am weltberühmten „casa
azul“ vorbei, in dem Frida Kahlo bis zur ihrem Tod 1954
wohnte. Mit dem überdicken Diego Rivera, den sie als
Frosch mit weißlich-grüner Haut bezeichnete, mit
wabbeligen Hängebrüsten. Der sie liebte und nebenbei
eifrig mit anderen Frauen schlief. Was sie ihm mit
zahlreichen Liebhabern (und Liebhaberinnen)
heimzahlte. Sie heirateten zweimal und kamen nie
voneinander los. „Ich vermisse uns“, soll er gesagt
haben, als Antwort auf ihre Frage, warum er sie nicht
verlassen könne...
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28.08.2025
30 Minuten
Ich lerne Phra Hans kennen, Schweizer, Mönch, knapp
60, wunderbar hilfsbereit und vom dem
leidenschaftlichen Willen bessessen, die Suche nach
Erlösung und Erleuchtung voranzutreiben. „Noch
hänge ich am Kreuz“, sagt er, und da müsse er
herunter. Denn noch fühle er sich von der Schwere des
Lebens gekreuzigt. Die er loswerden will, endlich. Dann,
so phantasiert er, begänne die Leichtigkeit.
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14.08.2025
35 Minuten
Nach einer halben Stunde verlasse ich Paris. Nichts
könnte der Stadt gleichgültiger sein. Keine vierzig
Minuten sind vergangen und eine erste Depression
nagt. Jeffrey fällt mir ein. Ich merke, dass mein Hirn
nach Erinnerungen sucht, die mich nähren, wenn es
sein muss, peitschen: Richtung Osten, Richtung Berlin.
Habe ich Glück, dann treffen in meinem Kopf die
richtigen Bilder und Gedanken ein. Mit ihnen könnte ich
es schaffen.
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Über diesen Podcast
Autor Andreas Altmann ist ein ständig durch die Welt reisender
Reporter – der sich gerne faszinieren lässt von den Menschen, die
er unterwegs trifft. Hier erzählt er mit viel Herzblut von den
Menschen, die ihn besonders beeindruckt haben.
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