Kritik, Protest, Veränderung. Die Audio-Serie zum Neukölln-Komplex
Die Audio-Serie zum Neukölln-Komplex
Podcaster
Episoden
14.08.2025
21 Minuten
„Wer Gedenken will, soll aufklären!“ – Diese
klaren Worte von Melek Bektaş, der Mutter des in Neukölln
ermordeten Burak Bektaş, bringen auf den Punkt, worum es in
dieser Folge geht.
Während der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum
Neukölln-Komplex seinem Ende zugeht, ziehen wir
eine ernüchternde Bilanz: Staatliche Aufklärung rechter und
rassistischer Gewalt und Konsequenzen für das Fehlverhalten der
sogenannten Sicherheitsbehörden finden meist nicht statt.
Stattdessen erleben Betroffene "Kälte, Herzlosigkeit,
Anstandslosigkeit" (Initiative zur Aufklärung am Mord an
Burak Bektaş).
Von Hanau über Dessau bis nach Neukölln: Diese Folge zeigt, wie
Betroffene und Aktivist*innen eigene Wege der Aufklärung gehen.
Wir sprechen mit Hagen Kopp von der
Initiative 19. Februar Hanau über eine "Kette
des Versagens" staatlicher Aufklärung und warum sie trotz
ausbleibender juristischer Konsequenzen weitermachen.
„ […] wir haben sehr schnell zusammen mit den Angehörigen
verstanden oder verstehen müssen, dass eine wirkliche Aufklärung
der Behörden in der Polizei offensichtlich nicht gewollt war und
haben dann sehr schnell angefangen, selbst zu recherchieren.“
Hagen Kopp (Initiative 19. Februar Hanau)
Vanessa E. Thompson ist Mitglied der intern. unabhängige
Kommission zur Aufklärung des Todes an Oury Jalloh. Sie
erklärt, wie zivilgesellschaftliche Aufklärung einen grundlegend
anderen Ansatz verfolgt als staatliche Institutionen und warum
Betroffene die wahren Expert*innen sind.
Die Folge beleuchtet innovative Ansätze wie die
Arbeit von Forensic
Architecture. Wir erkunden die Arbeit der verschiedene
Initiativen, die versuchen, staatlicher Nicht-Aufklärung etwas
entgegenzusetzen. "Wir machen uns nicht mehr abhängig
davon, was die Justiz macht" ( Initiative in Gedenken an
Oury Jalloh). Zivilgesellschaftliche Aufklärung stellt die
Stimmen der Betroffenen ins Zentrum und benennt strukturellen
Rassismus beim Namen.
Bild: Dietrich Brants/Jan Tussing, Doku-Serie „Die Lücke von
Hanau”, 2022, Ausstellungsansicht Frankfurter Kunstverein 2022,
Photo: Norbert Miguletz, Frankfurter Kunstverein.
Links und Quellen
Initiative Gerechtigkeit für Lorenz (Instagram)
Tribunal "NSU-Komplex auflösen" (YouTube)
Unsere Folge "Das ist Polizeistaatsdenken"
Forensic Architecture Untersuchung (YouTube)
https://kein-abschlussbericht.org/
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh (YouTube)
Mouctar Bah über den Kampf um Aufklärung
Abolitionismus Reader (Rosa Luxemburg Stiftung)
Übersetzung der englischen O-Töne findet ihr auf:
https://neukoelln-komplex-audio.com/2025/08/12/bis-die-tater-vor-gericht-stehen/
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07.08.2025
19 Minuten
Willkommen zurück zu einer neuen Folge von „Kritik,
Protest, Veränderung – die Audioserie zum
Neukölln-Komplex." Diese Audio-Serie handelt von rechtem
Terror – aber vor allem davon, wie sich die Neuköllner
Nachbarschaft dagegen wehrt. In dieser Folge geht es darum, wie
die Familie Alsakka trotz wiederholter
Neonazi-Angriffe in Neukölln nicht aufgibt. Wir haben mit
Sulaiman Alsakka gesprochen. Gemeinsam mit seiner Familie hat er
2017 die erste syrische Konditorei Deutschland eröffnet, auf der
Sonnenallee in Berlin-Neukölln. Ein Gespräch über Mut,
Durchhaltevermögen und Solidarität gegen rechte Gewalt.
Im März 2019 wurde die Konditorei zum ersten Mal von Neonazis
angegriffen. Die Scheibe der Auslage wurde eingeschmissen, und es
wurden nationalsozialistische Symbole gesprüht. Es folgten
weitere Angriffe: Im Herbst 2019 wurden erneut NS-Symbole an die
Fassade und die Scheibe gesprüht – und dann immer wieder, in
regelmäßigen Abständen. 2020 wurde sogar ein Lieferwagen, der vor
der Konditorei parkte, in Brand gesetzt. Über Monate hinweg war
die Familie ständiger Bedrohung ausgesetzt, sowohl persönlich als
auch geschäftlich. Doch trotz all dieser Angriffe haben sie nicht
aufgegeben.
Mut und Durchhaltevermögen: "Solche Situationen stoppen
uns nicht"
„Wir haben ganz normal unsere Arbeit weitergemacht. Solche
Situationen stoppen uns nicht. Für uns zählt, dass eine große
Zahl uns liebt. Sie haben auch 2015 zugesagt: ‚Herzlich
willkommen!' Das haben wir wirklich oft erlebt. […] Deshalb zählt
für uns die Mehrheit, nicht die Kleinigkeiten einer kleinen
Gruppe aus zwei oder drei Leuten." – Sulaiman Alsakka
Wir haben mit Sulaiman darüber gesprochen, wie die Familie mit
den Angriffen umgegangen ist und wie es für ihn war, nach
Deutschland zu kommen, nachdem seine Familie aus Syrien fliehen
musste. Ein weiteres Thema war die mangelnde Aufklärung durch die
Berliner Sicherheitsbehörden.
Solidarität in Neukölln: Gemeinschaft gegen rechte
Gewalt
Doch im Vordergrund standen vor allem der Mut und das
Durchhaltevermögen der Familie sowie die Solidarität der
Nachbarschaft. Eine Geschichte von Widerstand, Zusammenhalt und
dem Mut, sich nicht einschüchtern zu lassen.
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12.11.2024
22 Minuten
„[…] dann standen halt plötzlich so circa zwölf Neonazis vor der
Tür und sind so zwei Stunden im Kiez rumgelaufen und haben
versucht, das Projekt zu bedrohen und uns einzuschüchtern. 2023
haben wir gesagt, okay, wir finden es wichtig, hier eine Demo zu
machen und wir benutzen dieses Ereignis als Datum. Deswegen
machen wir jetzt immer am 1. Juli Wochenende eine
antifaschistische Demo in Marzahn-Hellersdorf, um dort lang zu
laufen, wo die Neonazis aktiv sind, wo sie wohnen und um dort zu
schauen, was sie machen. Und um ihnen zu zeigen, wir überlassen
euch den Randbezirk nicht!“ Jona, Ativisti aus
Marzahn-Hellersdorf.
In dieser Folge von „Kritik, Protest, Veränderung. Die Audioserie
zum Neukölln-Komplex“ geht es um aktuelle Neonazi-Aktivitäten in
Berlin. Dafür haben wir eine Veranstaltung in einer Neuköllner
Eckkneipe besucht. Wir haben dort erfahren, inwiefern aktuelle
Neonazi-Aktivitäten an den Neukölln-Komplex erinnern und auch
strukturell mit diesem verbunden sind. Es ist leider so, dass die
Vorfälle in Neukölln nie aufgehört haben. Es gab immer wieder
Angriffe und Neonazi-Aktivitäten, Sticker, Flyer und Propaganda,
besonders von der extrem rechten Kleinstpartei III. Weg.
Betroffene des Neukölln-Komplex werden dabei von den Neonazis
explizit adressiert.
Das wird auch durch einen aktuellen Angriff deutlich: In der
Nacht vom 25. auf den 26. Oktober 2024 wurden die Reifen am Auto
vom Rudower Buchhändler Heinz Ostermann zerstochen (Zur Folge mit
Heinz Ostermann). Das Auto von Heinz Ostermann war das einzige
mit zerstochenen Reifen. Es war also gezielt ausgewählt worden
und man muss davon ausgehen, dass Ostermann vor seiner Aussage
beim aktuell laufenden Prozess eingeschüchtert werden sollte.
Diese Angriffe passieren aber nicht nur in Neukölln, sondern auch
in anderen Stadtteilen. Marzahn-Hellersdorf ist aktuell Hotspot
von Neonazi-Aktivitäten. Sichtbar wird das auch dort unter
anderem an der Partei III. Weg. Deshalb sind wir hingefahren und
haben mit Jona gesprochen. Jona hat die „Nach den Rechten
schauen“-Demo mitorganisiert, eine Demo gegen Neonazi-Umtriebe im
Bezirk. Wir haben über die Kontinuität rechter Gewalt gesprochen
und warum Strukturen, die schon am Neukölln-Komplex beteiligt
waren, immer noch und aktuell vermehrt im Osten der Stadt aktiv
sind. Es ging dabei auch um einen sehr schlimmen Angriff auf
junge Menschen, die auf dem Weg zur Demo waren, und wie die
Betroffen aufgefangen und unterstützt wurden. Thema war auch, wie
wir Aktivistis unterstützen können, die in den Randbezirken
häufig mit knappen Ressourcen kämpfen.
Mehr über das AJZ Kita erfahrt ihr hier und die
Recherche-Homepage über den III. Weg und die NRJ findet ihr hier.
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12.11.2024
28 Minuten
„Es zeigt sich im Untersuchungsausschuss „Neukölln II“, dass die
initial beobachtenden Initiativen diesen Ausschuss zu einem Ort
der Aufklärung machen. Das wäre sicherlich nicht so, wenn die
Initiativen nicht da wären. Durch Kundgebungen, Beobachtungen vor
Ort und durch das Zeichen ‚Wir gucken euch auf die Finger, wir
gucken, was ihr hier macht und wir kritisieren das auch‘, wird
der Ausschuss zum Ort der Aufklärung.“ Caro, NSU-Watch
Für diese Folge von „Kritik, Protest, Veränderung. Die Audioserie
zum Neukölln-Komplex“ haben wir mit Caro und Sebastian von
NSU-Watch gesprochen. Wir haben sie in Marzahn auf einem
Parkplatz getroffen. Dort gibt es einen unscheinbaren Gedenkort
für Nguyễn Văn Tú, der 1992 auf diesem Parkplatz von einem
Neonazi lebensgefährlich verletzt wurde und im Krankenhaus an
diesen Verletzungen starb. Der Mord reiht sich ein in eine lange
Geschichte rechter Gewalt in Deutschland und den schweren Kampf
um Anerkennung und angemessenem Gedenken dieser.
Caro und Sebastian beschäftigen sich viel mit rechter Gewalt. Sie
haben unter anderem viele parlamentarische
Untersuchungsausschüsse (PUAs) zum NSU-Komplex beobachtet und
dokumentiert. Zur Zeit verfolgen sie auch die Arbeit des PUAs zum
Neukölln-Komplex in Berlin. Was sie von der Arbeit dieses
Ausschusses halten, inwiefern PUAs Orte der Aufklärung sein
können und was es dafür braucht, erklären uns die beiden in
dieser Folge. Ein Punkt, den Caro hervorhebt, ist, dass es auch
an der Zivilgesellschaft liegt, ob so ein Ausschuss funktioniert.
Um so mehr Druck aufgebaut wird, um so mehr müssen die
Abgeordneten machen. Leider übernehmen viele diese wichtige
Verantwortung nicht von alleine.
In den vorherigen Folgen haben wir euch schon viele Menschen
vorgestellt, die nicht locker lassen und immer wieder in die
Öffentlichkeit gehen, um Aufklärung zu fordern. Sie haben mit
ihren Kämpfen erreicht, dass es überhaupt einen PUA gibt. Da ist
z.B. Claudia von Gélieu. Ihr kennt sie aus der Folge „Das ist
Polizeistaatsdenken“. Sie haben wir in dieser Folge auch
wiedergesehen, auf dem Vorplatz des Abgeordnetenhauses in Berlin.
Dort machen Betroffene und Unterstützer*innen vor jeder Sitzung
des PUA eine Kundgebung, um die Forderungen der Betroffenen des
Neukölln-Komplexes immer wieder in den Fokus des Ausschusses zu
rücken. Besonders ärgert es sie, wenn die Abgeordneten den
Zeug*innen der Sicherheitsbehörden alles durchgehen lassen, nicht
nachfragen und sich scheinbar gar nicht wundern, wenn diese sich
an überhaupt nichts mehr erinnern können. Aber wie wir das von
den Engagierten aus Neukölln kennen: die lassen nicht locker. Und
so fordern sie „Zeugen mal richtig grillen!“.
Mehr über NSU-Watch erfahrt ihr auf www.nsu-watch.info.
Die Termine des Untersuchungsausschuss findet
ihr auf der Seite des Abgeordnetenhaus Berlin oder hier beim
VVN-VdA https://vvn-vda.de/.
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07.12.2023
17 Minuten
Für diese Folge von "Kritik, Protest, Veränderung. Die Audioserie
zum Neukölln-Komplex" haben wir mit Valerie Laukat von Amaro Foro
e.V. gesprochen, eine Selbstorganisation von Rom*nja in
Berlin.Valerie arbeitet bei Amaro Foro im Projekt DOSTA – der
Dokumentationsstelle Antiziganismus. DOSTA dokumentiert seit 2014
antiziganistisch motivierte Vorfälle in Berlin. Valerie hat uns
von einigen schockierenden Beispielen von Diskriminierungen von
Rom*nja und Sinti*zze erzählt. Auch in der Zeit, in der die
rechte Terrorserie in Neukölln maßgeblich stattfand, gab es
Fälle. Unter anderem wurden Hakenkreuze und das Z-Wort an
Briefkästen gesprüht. Diese Kombination aus rassistischen und
nationalsozialistischen Symbolen verweist auf die Kontinuität von
Gewalt gegen Rom*nja und Sinti*zze, die auch im
Nationalsozialismus verfolgt und in Konzentrationslagern
umgebracht wurden.
Spezifischer Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze ist aber nicht
nur ein Phänomen in der rechten Szene, sondern in der gesamten
Gesellschaft. Besonders staatliche Einrichtungen fallen immer
wieder durch Diskriminierungen auf. Auch davon hat uns Valerie
erzählt.
Valerie wünscht sich in einer Gesellschaft zu leben, in der alle
in Sicherheit leben und ihre Menschenrechte wahrnehmen können.
Lasst und gemeinsam dafür kämpfen und solidarisch miteinander
sein! ️
Mehr Infos über Amaro Foro e.V. findet ihr hier:
https://amaroforo.de/
Danke Valerie für deine Perspektiven – und Props an Amaro Foro
für eure Arbeit! Danke wie immer auch an studio lärm & Lina
sowie an ads für die Musik! Fetter Danke geht auch raus an
Gegenfeuer (https://www.gegenfeuer.net) für das mega Design!
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Über diesen Podcast
Es geht um Durchhalten, Mut und Solidarität! Als Neukölln-Komplex
wird eine Terrorserie im Berliner Stadtteil Neukölln bezeichnet,
bei der Neonazis seit 2009 mindesten um die 200 Anschläge verübten.
Dazu zählen die Morde an Burak Bektaş und Luke Holland, etliche
Brandstiftungen und Drohungen, sowie Sachbeschädigungen durch
zahlreiche gesprühte nationalsozialistische Symbole und
extrem-rechte Sticker. Trotz klarer Hinweise auf bekannte Neonazis
aus Neukölln und ihre Netzwerke erfolgte so gut wie keine
Aufklärung dieser Taten. Bekannt wurden zudem zahlreiche Fälle von
Fehlverhalten von Angestellten der Sicherheits- und
Strafverfolgungsbehörden. Gemeinsam mit jungen Menschen haben wir
Betroffene und Aktivist*innen an für sie relevanten Orten des
Protestes getroffen und mit ihnen über ihre Erfahrungen, ihren
Aktivismus und Strategien gegen rechte Gewalt und staatliches
Versagen gesprochen. Was sie zu sagen haben, könnt ihr jetzt in
unserer Audioserie „Kritik, Protest, Veränderung“ hier hören! Mit
unserer Audio-Serie schaffen wir eine Verbindung zu den betroffenen
Menschen und zu Orten des Protestes. Wir stellen dem klassistischen
und rassistischen Blick auf Neukölln ein anderes Bild entgegen.
Unterstützt wurde das Projekt von Bundeszentrale für politische
Bildung und der Berliner Landeszentrale für politische Bildung.
Mehr Infos auf https://neukoelln-komplex-audio.com und
https://aspberlin.de/
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