Podcaster
Episoden
26.09.2022
45 Minuten
Die Geschichte zwischen mir und Paulina Stulin beginnt mit Jenny.
Jenny Daniel hat vor sehr langer Zeit meine Website gemacht, die
Farben ausgesucht, mein Logo entwickelt und in meinem Herzen
einen Platz gefunden. Mittlerweile ist Jenny berühmt und hat im
Mai ihre erste Graphic Novel "Das Gutachten" im Carlsen Verlag
herausgebracht.
Dass ich Graphic Novels sehr mag hat mit meiner Kindheit zu tun.
Mit meiner Schwester kaufte ich mir immer die Comic-Serie
"Gespenster". Panels, in denen gestorben und wiederauferstanden
wurde, wie es nur ging. Jede dieser Gothic Novels endete mit dem
Satz "Seltsam? Aber so steht es geschrieben." Als ich älter
wurde, kaufte ich mir Marvel Comics, Spiderman war mein Held. Ich
erinnere mich, dass ich die Typo in den Sprechblasen ungewöhnlich
fand, auch, weil sie gar nicht einfach zu lesen waren. Als
Jungerwachsene malte ich für meine Bewerbungsmappe an der
Düsseldorfer Akademie unter anderem einen Spiderman auf riesigem
Format in knalligen Farben. Ich wurde abgelehnt. Als etwas ältere
Jungeerwachsene begann ich mich auf Comic-Börsen herumzutreiben
und Heftchen für verrückte Summen zu kaufen. Die sind weg.
Geblieben ist meine Liebe zu diesem Erzählformat. Und jetzt kommt
Jenny wieder ins Spiel: Sie hat eine riesige Bibliothek an
Graphic Novels und versorgt mich damit. Darunter war auch der
mehr als 500seitige Comic "Bei mir zuhause" von Paulina Stulin.
Eine persönliche Geschichte über das Leben der Autorin in
Darmstadt. Dabei habe ich erst später erfahren, dass Paulina in
Breslau geboren wurde und dort Kommunikationsdesign studiert
hat.
Nun hat Paulina Stulin eine Graphic Novel zu dem Film "Freibad"
von Doris Dörrie gezeichnet. Der perfekte Moment, mit Paulina
Stulin ins Gespräch zu kommen. Nicht nur, dass Paulina Stulin
toll zeichnen und Geschichten erzählen kann - sie ist dazu noch
eine politisch/soziologisch/philosophisch engagierte Frau.
Was der Grund dafür ist, dass wir vom Freibad übers Schwimmen zu
Essstörungen, LSD und Ayahuasca zu sprechen kamen. Zwischendurch
liest Paulina Stulin einen Auszug aus einem Text ihres
Lieblingsphilosophen Hermann Schmitz, was uns zu unseren Süchten
führt.
Es ist für mich ein sehr persönliches Gespräch geworden, in dem
viel von mir zeige. Was ich bis jetzt versucht habe, verschlossen
zu halten. Ich frage mich: Warum? Was habe ich zu verlieren? Was
kann mir passieren? Welche Gefahr besteht, wenn zwei Menschen im
wahrsten Sinne des Wortes Gedanken und Gefühle aus/tauschen?
Wahre Begegnung, finde ich.
Das Gespräch mit Paulina Stulin beschäftigt mich noch heute und
es wird mir in Erinnerung bleiben. Danke, Paulina!
Ein besonderer Dank gilt auch Tom Blankenberg. In seinem
Tonstudio ist es besonders schön, Gespräche zu führen. Tom, du
bist wichtig, dass dieser Podcast so gut gelingt.
Ton: Tom Blankenberg, Dokton-Studios, Düsseldorf
Sprecher: Tom Blankenberg
Interview: Anette Frisch
Man wird ängstlicher, man wird hässlicher
Man wird einfacher, man wird lebendiger
Und verletzlicher, man wird lächerlicher, man wird
grausamer
Und es muss trotzdem alles weitergehen
Es muss weitergehen
Va bene, Wanda
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02.12.2020
28 Minuten
Vor Kurzem hörte ich im Radio ein Interview mit der
Schriftstellerin Zsuzsa Bánk. In dem Gespräch ging es um ihr
aktuelles Buch "Sterben im Sommer". Darin schreibt sie über das
Sterben ihres Vater. Und sie schreibt über die Bedeutung, die der
Balatonsee für ihren Vater und sie hatte. Zsuzsa Bánk hatte
bereits 2002 ihr Erstlingswerk "Der Schwimmer" veröffentlicht;
auch hier kommt dem Schwimmen eine besondere Bedeutung zu.
Auch darin geht es um einen Vater, Kalmán, der von seiner Frau
verlassen wird und fortan mit seinen zwei Kindern, Kata und Isti,
durch Ungarn vagabundiert. Einen Job nach dem nächsten annimmt,
und die Kinder und sich selbst heimatlos werden lässt. Einzigen
Halt findet er dann, wenn er im Balatonsee schwimmt.
Im Ungarischen, dort, wo Zsuzsa Bánks Familie herkommt, gibt es
ein Wortpaar, das im Deutschen nur mit vielen Worten nahzukommen
ist: jó usza, "die große, gute, echte Schwimmerei", schreibt die
Frankfurterin. "Es ist eine Art, sich von der Welt, in der dieses
Leben stattfindet, zu entfernen."
Zsuzsa Bánk "Sterben im Sommer" ist im September 2020 S.Fischer
Verlag erschienen
Ton: Tom Blankenberg, Dokton-Studios, Düsseldorf
Sprecher: Tom Blankenberg
Interview: Anette Frisch
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30.11.2020
43 Minuten
Das Gespräch mit dem Schriftsteller John von Düffel sollte
eigentlich kein Podcast werden - und ist es doch geworden.
Denn wenn zwei Schwimmer*innen sich unterhalten und in die Tiefe
tauchen, kann man sich verlieren. So geschehen.
Für mich, die das Interview geführt hat, gilt das im Besonderen.
Ich habe mich häufig in meinen eigenen Fragen verloren, bin
umhergeirrt, was mir aus professioneller Sicht betrachtet, nicht
so angenehm war und zum Teil noch ist.
Dennoch habe ich mich entschlossen, das Gespräch zu
veröffentlichen - mit dem Einverständnis von John von Düffel.
Warum? Weil ich losgelassen und mich dem Taumel der eigenen
Gedanken hingegeben habe. Ein wesentlicher Teil des Schwimmens:
Sich dem Element Wasser hingeben, in eine Welt tauchen, in der
wir andere sind.
Das Gespräch mit John von Düffel ist sehr dynamisch und verlangt
einiges an Vorwissen ab. Wie selbstverständlich sprechen wir zum
Beispiel über das Buch von Ulrike Draesner "Kanalschwimmer"; an
keiner Stelle erkläre ich, worum es darin geht. (Das meine ich
mich professioneller Interviewführung.)
Am Ende bleibt ein intensives, heiteres Gespräch aus dem
Corona-April 2020, in dem zumindest ich mich um Kopf und Kragen
rede.
Gerettet hat die schlechte Zoom-Ton-Aufnahme der Dokumentarfilmer
und Musiker Tom Blankenberg ist, der auch die Musik zum Podcast
beigesteuert hat und Intro/Outro spricht.
Auszug aus dem Gespräch mit John von Düffel über
das Schwimmen
"Ich habe ja wirklich sehr viel nachgedacht über das Verhältnis
Schwimmer und Wasser, Mensch, Natur. Das ist im Prinzip ein
Thema, das sich durch meine Bücher zieht, auch durch das letzte
Buch "Der brennende See". Ich stelle mir die große Frage: Wie
verhalten wir uns zur Natur? Und wo ist das Verhältnis zur Natur
destruktiv und in gewissem Maße auch eine Zerstörung unserer
Selbst, vielleicht sogar immer mehr. Wenn man im offenen Gewässer
schwimmt, setzt man sich zur Natur oder zum Wasser ins
Verhältnis. Man spürt wieder, wo man im Verhältnis zur Natur
steht oder schwimmt, nämlich in einer Form von, mir fällt jetzt
kein besseres Wort ein, Demut oder zumindest in einer gewissen
Zurückgenommenheit. Als Schwimmer begegne ich der Natur, so wie
die Natur mir begegnet und meine Kräfte alles, was ich habe, mein
ganzes Geschick verhält sich zu der Kälte des Wassers, zu der
Strömung, des Wassers, zum Wind, zu den Elementen. Das ist ein
großer Teil dieses Das-war-richtig-Gefühls, dass ich wieder weiß,
wo ich stehe im Verhältnis zur Natur. Dass mich das sogar mehr
erdet - das ist ein bisschen schief, aber trotzdem - vielleicht
sogar sehr wahr. Das Schwimmen erdet mich mehr als vieles andere.
Und das ist eine ganz starke Orientierung, die ich aus dem
Wassererleben, herausziehe und wo ich denke, das ist auch ein
guter Grund, es immer wieder und so oft wie möglich zu tun."
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Über diesen Podcast
In dem Podcast der Journalistin Anette Frisch geht es ums
Schwimmen. Selbst leidenschaftliche Schwimmerin interviewt sie
Menschen, für die Schwimmen ebenso wichtig ist. Die einen
schwimmen, die anderen beobachten, schreiben, musizieren, malen
oder filmen drüber. Warum schwimmen wir? Die Gespräche versuchen
diese zentrale Frage zu beantworten.
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